Gefährten des Zwielichts
einfach seinen Schuppen ausräumen? Er wird jemanden rufen, der die Räuber verfolgt.« Daugrula gestikulierte aufgebracht.
»Und wenn schon«, versetzte Werzaz ungerührt. »Wir sind fast über die Grenze. Und so ein einsamer Schuppen wird bestimmt jeden Tag geplündert. Der Zapfenkopf, der das hier hingestellt hat, will's gar nicht anders. Außerdem sieht uns ja niemand.«
»Wenn der Bauer eine Scheune auf einer so entlegenen Weide stehen hat, wird er darin nichts verwahren, was eine Unterbrechung unserer Reise wert ist«, entschied Daugrula. »Wir ziehen weiter.«
»Stimmt«, warf Gibrax von hinten ein. »Beste Beute ist draußen vorm Holzhaus!«
Alle blickten sich zu ihm um. Der Troll wies auf eine Herde Kühe, die ein gutes Stück entfernt im Schatten des Hügels stand. Die Tiere waren eng zusammengerückt und glotzten misstrauisch zu den Wanderern herüber.
»Aye, fette Beute.« Werzaz schnalzte mit der Zunge. »Aber die Horntiere lassen bestimmt keinen stinkenden Troll an sich ran.«
Wito hielt den Atem an, aber der Troll war anscheinend nicht gekränkt. Sein Grabsteinlächeln glänzte im Mondlicht. »Muss nicht heran«, sagte er einfach, und bevor Daugrula etwas einwenden konnte, warf er seine Baumkeule wie einen Speer mitten in die Herde.
Brüllend stoben die Tiere auseinander, aber eines blieb liegen und muhte erbärmlich. Der Baum hatte der Kuh mehrere Knochen zerschmettert.
Daugrula legte die Hand an die Stirn. Der Lärm der aufgebrachten Rinder brandete um den ganzen Hügel wie eine plötzliche Überschwemmung.
»Nun gut«, befand die Nachtalbe. »Gibrax, bring deine Kuh zum Schweigen. Und nimm sie mit. Besser eine verschwundene Kuh als ein übel zugerichteter Kadaver auf der Weide. Wir anderen gehen nun zu der Scheune, aber nur, damit wir uns auf dem Hügel einen kurzen Überblick verschaffen können. Ich muss wissen, ob ein Bitaner in der Nähe ist und den Aufruhr mitbekommen hat. Zum Glück fühlen sich die Menschen in dieser Gegend so sicher, dass sie ihr Vieh vermutlich sogar ohne Hirten bei Nacht draußen lassen.« Sie strich mit der Hand über den Zaunbalken. »Als wäre das hier ein sicherer Wall, der das Übel von ihnen fernhält.«
Ihr Gesicht verschwamm auf seltsame Weise mit der Nacht und war selbst für die Gnome schwer auszumachen. Trotzdem glaubte Wito, ein versonnenes Lächeln darauf zu erkennen, wohl bei der Erinnerung an frühere Besuche bei den Menschen.
Während Gibrax sich die Kuh auf die Schulter packte, schritten die fünf anderen den Hang hinauf. Aus der Nähe betrachtet wirkte das Gebäude auf der Kuppe ziemlich schäbig. Große Lücken klafften in der Außenwand zwischen den Planken, und die Stützbalken standen schief und wie windgebeugt.
Daugrula wandte sich zu den Gnomen um: »Vielleicht könnt ihr auf das Dach steigen, und von dort aus ...«
Sie brach ab. Zögernd, in einer Geste vollkommener Ungläubigkeit, führte sie ihre Hände zur Brust. Ein Pfeil ragte daraus hervor.
Wito brauchte einen Moment, bis ihm bewusst wurde, was geschehen war. Ein Mensch kam um die Ecke der Scheune, ein Krieger in voller Rüstung. Er bewegte sich mit äußerster Gelassenheit, und obwohl er einen Schild trug, ein Schwert und ein langes Kettenhemd, war nicht ein Laut von ihm zu hören. Kein Kettenglied klirrte in diesem schreckensstarren, schweigenden Augenblick, kein Stiefel knarrte im Gras. Nur das Muhen der Kühe drang gedämpft von unten herauf.
»Hinterhalt!«, brüllte Werzaz und riss den Säbel aus seinem Gepäck. Ohne die Rückentrage abzulegen, stürzte er auf den Menschenkrieger zu und schleuderte seinen Speer.
Mit einem Mal hörte man auch den Menschen, als hätte der Ruf des Goblins die Stille vertrieben. Die Wehr rieb über Leder und rasselte bei jedem Schritt, und es gab einen dumpfen Schlag, als der bitanische Krieger beiläufig den Speer mit seinem großen Schild wegschlug. Er trat einen Schritt nach rechts, als wolle er dem Ansturm des Goblins ausweichen.
»Gib Acht!«, schrie Wito.
Aber zu spät. Hinter dem Krieger war ein Bogenschütze an der Scheune aufgetaucht. Zielsicher schoss er an seinem Gefährten vorbei, und der Pfeil drang Werzaz zwischen zwei Panzerringen in die Seite. Werzaz zögerte kurz, blickte entschlossen auf - aber der Krieger war schon heran und hieb dem Goblin wuchtig das Schwert auf den Kopf. Die Klinge krachte auf den Helm, glitt ab, trennte ein Ohr ab und fuhr Werzaz tief in die Schulter.
Der Menschenkrieger trat seinem benommenen
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