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Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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so gefährlich und unwegsam wie die Urwaldwiese in Bitan. Die Stadt war gewiss nicht weniger lebendig als der Wald um sie her, und das war eine beunruhigende Vorstellung. Spinnen und Insekten wimmelten herum, Nachtjäger huschten durch die Luft, Vögel sammelten hoch im Geäst bereits Kraft für den nächsten Tag.
    Und hinter dem Gewirr von Grün und Gebäuden ragte etwas auf, das einer Burg schon ähnlicher war: Ein weißer, schimmernder Stein hob sich dort empor, von den wildnishaften Vorstädten umbrandet. Türme krönten diesen Sockel, Rondelle und Pavillons, die harmonisch in das Gesamtbauwerk eingefügt waren, ohne scharfe Kanten und klare Konturen. Alles sah aus wie ein Schnitzwerk aus Elfenbein.
    Das musste der Palast des Elfenkönigs sein, und wenn man in Keladis etwas Wertvolles suchte, fand man es vermutlich dort. Aber die Mauern der Zitadelle sahen glatt aus und hoch, und die Bauweise schien ebenso verspielt und verwirrend zu sein wie in der Siedlung davor, feingliedrig und riesig groß zugleich.
    Als sie die Umgebung erkundeten, fanden die Gnome nur eine gerade Straße, die durch die Stadt bis vor die Tore der weißen Zitadelle führte. Sie war breit und mit glattem weißen Stein gepflastert und dicht gesäumt von Gebäuden. Sie wirkte auch zu dieser Stunde belebter als das übrige Keladis. Immer wieder querten Elfen die Straße oder schlenderten darauf entlang, und sogar vereinzelte Menschen waren zu Fuß und zu Pferde darauf unterwegs, hielten auf den Wald zu oder kamen bei der Festung an.
    Entmutigt ließen die Gnome sich ins Unterholz sinken, dicht am Rande der Stadt. Schon ging die Sonne auf. Graues Licht sickerte durch die Gassen von Keladis, die sich wie Pfade durch ein Gehölz wanden. Die höchsten Zinnen der Festung gleißten bereits wie polierter Marmor. Bald würde die Gegend belebter werden, und die Gnome wussten nicht, wie sie bei Tag hier unentdeckt bleiben sollten.
    »Wir kommen gar nicht erst hinein«, stellte Darnamur fest. »Wie sollen wir da das Kästchen mit dem Herz nach draußen bringen? Wenn wir es haben, können wir nicht mal mehr die Größe ändern.«
    »Wir könnten es auf der Straße versuchen«, sagte Wito.
    »Großartig«, erwiderte Darnamur. »Dort sind wir zu beiden Seiten hin eingeschlossen und stehen ungeschützt und ohne Deckung da. Die Gebäude links und rechts der Straße sind die einzigen außerhalb der Zitadelle, die glatte Steinfassaden haben. Keine Lücken und Nischen, wo wir uns verkriechen könnten.«
    »In unserer kleinen Gestalt können wir uns vielleicht an den Mauern entlangbewegen.« Wito legte nachdenklich eine Hand ans Kinn.
    »Es ist zu gefährlich, bei all den Gestalten, die dort unterwegs sind«, wandte Darnamur ein. »Und mit dem Kästchen in Händen können wir auf diesem Weg schon gar nicht entkommen.«
    »Eins nach dem anderen«, sagte Wito.
    »Wir können uns ja ins erste Elfenhaus schleichen«, schlug Skerna vor.
    »Und dann?«, fragte Darnamur.
    »Dann verstecken wir uns in unserer kleinen Gestalt und lauschen. Vielleicht erfahren wir etwas, was uns weiterhilft.«
    »Aber unserem Ziel wären wir damit keinen Schritt näher«, sagte Darnamur. »Sie werden Leuchmadans Herz kaum in der entlegensten Hütte verwahren, und wir haben auch nicht genug von Daugrulas Salbe, um uns tagelang in der Stadt herumzutreiben.«
    »Auf der Hauptstraße waren erstaunlich viele Menschen unterwegs«, stellte Wito fest. »Und das schon vor der Morgendämmerung.«
    »Es gibt auch genug Elfen dort, verlass dich drauf. Es wird also schwer, uns dort entlangzuschleichen.«
    »Nein, das meine ich nicht«, sagte Wito. »Abgesehen davon, dass ich es merkwürdig finde, wie viele Menschen zurzeit bei den Elfen aus- und eingehen - wenn wir bei einem dieser Menschen in die Tasche kriechen könnten, würde er uns an allen Elfen unbemerkt vorbeitragen. Die Menschen sind zu tumb, um uns zu bemerken, und in der Nähe eines Menschen fallen wir auch den Elfen nicht so sehr auf. Außerdem bin ich überzeugt davon, dass die vielen Besucher etwas mit Leuchmadans Herz zu tun haben. Mit etwas Glück tragen sie uns direkt zu unserem Ziel!«
    »Du vergisst nur eins«, entgegnete Darnamur. »Die Menschen werden kaum Halt machen, um uns aufsteigen zu lassen. In großer Gestalt können wir uns ihnen nicht nähern, und klein sind wir zu langsam. Wir werden eher zertreten, als in ihre Tasche zu gelangen.«
    »Wir könnten es trotzdem versuchen.« Wito sprach langsam, während er sich einen Plan

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