Gefährten des Zwielichts
schrundigen Zinken in den Schatten stellte. Die Flanken des Riechorgans zitterten.
»Haltet euch fest«, hauchte Wito, und dann atmete das Geschöpf ein.
Ein gewaltiger Wirbel brauste durch den Lederbeutel. Skerna wurde hochgerissen und verschwand mit einem Schrei in der Riesennase.
»Skerna!«, rief Wito und vergaß alle Vorsicht. Er versuchte, eine Hand von der Naht zu lösen und seine Gefährtin zu packen. Dann erkannte er, dass Skerna schon selbst Halt gefunden hatte. Verzweifelt klammerte sie sich an struppige, schmierige Nasenhaare, die büschelweise in der Nase wucherten.
Der schnüffelnde Sog wollte kein Ende nehmen, doch dann hörte er auf wie abgeschnitten. Mit einem Schnauben zog sich die Kartoffelnase zurück, doch Skerna hatte die Haare daran schon wieder losgelassen, stürzte in die finsteren Tiefen des Beutels zurück und verschwand in einer Falte.
»Alles in Ordnung, Skerna?«, rief Wito.
»Mein Kreuz«, drang die klagende Stimme der Gnomin von unten herauf. »Ich habe es doch gesagt: mein Kreuz! Und dieses Nasenschmalz! Gibt es eigentlich Nasenschmalz? Ich wusste gar nicht, dass es Nasenschmalz gibt ...«
»HRRRMPF.« Die Gnome hörten einen abfälligen Laut von draußen, dann wurden sie plötzlich herumgewirbelt. Sie schrien durcheinander, bis das Ledersäckchen unsanft irgendwo landete.
Zum Glück dämpfte das geschmeidige Material den Aufprall.
»Darnamur«, hörte man Skerna, während stampfende Schritte sich behäbig entfernten. »Ich bring dich um. Ich bring dich um, wenn ich mich wieder bewegen kann. Das war nun wirklich der lausigste Plan ...«
Wieder wurden sie grob emporgerissen.
»Man hat uns wieder aufgehoben!«, rief Wito überflüssigerweise. »Schnell! Haltet euch an der Naht fest!«
Er hoffte nur, dass kein Elf sie mitgenommen hatte. All das Geschrei in dem Säckchen konnte ein Spitzohr unmöglich überhören! Aber ihr Plan war ohnehin schon so schief gelaufen, dass es kaum mehr eine Rolle spielte.
»He, Zwerg«, hörten sie eine Stimme von draußen. »Du hast dein Säckel verloren.«
»Behalt's, Mensch«, knurrte eine andere Stimme, die von weiter weg zu kommen schien. »Siehst aus, als könntest du ein größeres Säckel brauchen.«
Wieder wurde die Öffnung ein wenig auseinander gezogen, und ein blinzelndes Auge starrte zu den Gnomen hinein in die Finsternis. Dann wurde der Beutel von allen Seiten gewalkt und gedrückt und schließlich fortgesteckt.
Es wurde finster.
G RENZLANDE , 28 N LR,
6 T AGE VOR B LÜTENMOND
Es war dunkel in der Höhle. Dunkel - aber leider nicht still.
»Glaubst du, Wardu kommt heute zurück?«, fragte Gibrax.
»Nein«, erwiderte Werzaz.
Mein Leben für Leuchmadan. So hatte er sich das gedacht. Leuchmadans Herz wollte er beschaffen und im Triumph nach Daugazburg bringen. Doch nun saß er mit einem stinkenden Troll in einer Höhle und stierte in die Finsternis.
Werzaz fragte sich, ob der Wardu überhaupt je zurückkommen würde, oder die Nachtalbe mit den drei kleinen Ratten. Eigentlich hatte auch Baskon in der Höhle warten sollen. Stattdessen hatte der Wardu nur kurz vorbeigeschaut, festgestellt, dass er sein Reittier nicht in dieser Spalte verstecken konnte, und war wieder davongeflogen.
Vier Tage, mindestens, hatte die Nachtalbe gesagt. Und sie sollten sich still verhalten und nicht auffallen.
Man schickte keinen Goblin irgendwohin, damit er sich still verhielt! Und schon gar nicht ihn, Werzaz, den besten Krieger! Er war stolz gewesen, weil man ihm eine wichtige Aufgabe anvertraut hatte: Leuchmadans Herz beschaffen! Doch er saß bloß herum. An der bitanischen Grenze hätte er mehr ausrichten können. Dort konnte er jeden Tag kämpfen, und sei es auch nur gegen ein paar von seinen eigenen Leuten, die seinen Rang in Frage stellten.
Werzaz grinste bei der Erinnerung.
Aber Erinnerung war kein Ersatz für frisches Blut an den Zähnen.
»Glaubst du, Albe kommt bald zurück?«, quengelte der Troll.
»Ich weiß es nicht, bei Leuchmadans feurigen Erzgruben ... Natürlich kommt sie zurück, was soll sie auch sonst tun? Und kannst du nicht einfach so lange dein Maul halten und Ruhe geben?«
Das Maul halten und ins Dunkel stieren, wie er selbst auch ...
Nein, ermahnte sich Werzaz. Das war keine Art, mit einem Troll zu reden. Andererseits, ein richtiger Streit mit Gibrax wäre wenigstens eine Abwechslung. Er tastete gedankenverloren nach dem Säbel und lächelte wieder. Es wäre Wahnsinn, vor allem in dieser engen Höhle. Eine
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