Gefährten - im Wettlauf gegen die Finsternis (German Edition)
Naturschauspiel.
„Was meinst
du, wo wir suchen müssen?“, durchbrach Alex Stimme endlich die Stille.
„Gar nicht!“,
war die abwesende Antwort. Mit einem Ruck war Alex wieder hellwach. Er drehte
sich um.
„Wie meinst du
das?“, auch James schüttelte seine Müdigkeit endlich ab und sah ihn an.
„Es heißt ‚wer
sucht zur rechten Zeit‘.“
„Das weiß ich,
aber falls es dir nicht aufgefallen ist, ist in diesem Satz das Wörtchen ‚sucht‘
enthalten!“
„Ich weiß,
aber geh doch mal logisch heran! Wir sind hier bei den Eichen, das ist der Einzige
markante Punkt in dieser Landschaft aus Nichts!“
„Du meinst,
wir haben gesucht, und müssen jetzt auf die rechte Zeit warten?“
„Genau!“
„Aber was soll
geschehen?“
„Ich weiß es
nicht! Lass uns warten!“ Und das taten sie. Keiner von ihnen wusste, was zu tun
war. Sie warteten und warteten und warteten. Langsam musste es Mittag sein und
immer noch passierte nichts. Schließlich stand die Sonne im Zenit und immer
noch geschah nichts Außergewöhnliches. Alex war sich ziemlich sicher, dass sie
hier bei den alten Eichen an der richtigen Stelle waren. Umsonst hieß es wohl nicht
in alten Märchen, ‚sie bewachten einen Schatz‘. Leise rieselte der Schnee von
den Ästen. Gedankenverloren starrten die jungen Ritter vor sich hin. Die Sonne
wärmte ihre Gesichter. Ihre Strahlenkraft war nicht besonders stark, doch es
reichte immerhin, um sogar die dünne Schneeschicht um die Wurzeln der drei
Bäume zu schmelzen. Am Abend jedoch, wenn die Sonne wieder hinter dem Horizont
verschwunden sein würde, würde von diesem schneelosen Ort wahrscheinlich nichts
mehr zu sehen sein, dann würden Schnee und Eis wieder den braunen, frostigen
Boden bedecken. Noch eine ganze Weile betrachtete Alex das Naturschauspiel. Die
Sonne schmolz ein symmetrisches Viereck besonders sauber aus dem Schnee. Alex
blickte hinauf in das Dach aus Zweigen und musste feststellen, dass genau über
dem Viereck kein sonnenstrahlbehinderndes Geäst war, denn der entsprechende Ast
war tot, sodass keine weiteren Zweige vorhanden waren. Er blickte erneut gen
Boden. Wenn man den Kopf leicht zur Seite neigte und die Augen etwas zusammen
kniff, konnte man sich vorstellen, dass dort eine Art geheime Falltür war. Der
Stock, der aus dem Boden ragte wäre geradezu perfekt geeignet als Knauf. Alex
lächelte in sich hinein und erinnerte sich daran, wie er noch vor ein paar
Jahren solche Spiele gespielt hatte und nach geheimen Falltüren suchte. Meistens
auf dem Dachboden im Stall. Das hatte die Knechte immer ganz närrisch gemacht.
Er ließ seinen Blick weiter schweifen. James saß ebenfalls in Gedanken versunken
da und schien zu überlegen. Auf seiner Schulter saß ein kleines Wollknäuel,
nein ein Federball… Alex hatte gar nicht bemerkt, dass Aya wieder zu ihnen gestoßen
war. Der Vogel starrte ihn an. Das bisher gelb, blau, grüne Federkleid war
jetzt durchsetzt von roten Flecken. Sollte er sich getäuscht haben? Sollte der
Quitschy ihm durch die Farbveränderung zeigen wollen, dass sie sauer war? Ginge
das? Er kannte sich mit solchen Tieren nicht aus. Er zuckte die Schultern, war
ja schließlich auch egal. Warum sollte ein Vogel sauer sein? Nur weil er ihn
gepackt hatte? Das war jedenfalls kein Grund für Schuldgefühle, sondern
eindeutig berechtigt gewesen. Er wandte den Blick wieder ab um weiterhin das
Schmelzen des Schnees zu beobachten, in der Hoffnung, dass ihm die zündende
Idee kommen würde. Er betrachtete das Viereck eingehend und plötzlich, wie von
der Tarantel gestochen, fuhr er hoch.
Wie hatte er
nur so träumen können?! Man musste zur rechten Zeit suchen und dies hier war
doch nur zu eindeutig gewesen!
„James!“,
brüllte er und sprang auf. James folgte erschrocken seinem Beispiel und ehe Alexander
sich versah hatte sein Freund seinen Bogen gespannt und sah sich suchend um.
„Was ist los?
Ich höre nichts? Abgesehen von der Gestalt von heute Nacht ist hier weit und
breit niemand!“ Für einen kurzen Moment sah Alex ihn fassungslos an. James
hatte ihn vollkommen aus dem Konzept gebracht.
„Die
Gestalt?!“, fragte er verblüfft.
„Ja sie ist
die ganze Zeit in unserer Nähe geblieben, nehme ich jedenfalls an, denn ihre
Schritte, beziehungsweise das Knirschen des Schnees entfernte sich heute Nacht
nicht besonders weit.“
„Das sagst du
mir erst jetzt?“
„Nun ja, ich
glaube nicht, dass sie uns angreifen wird, ich glaube eher, sie ist auf
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