Gefährtin der Dämmerung
da vonfuhren, hatte Bones sich immer noch nicht wieder beruhigt.
»Ich bin so froh, dass du ihr nicht gesagt hast, dass wir kommen, Schatz. Das war einsame Spitze.«
Statt etwas zu erwidern, lehnte ich mich im Sitz zurück und öffnete meine Ginflasche.
Mein Kleid war silberfarben. Von der Hüfte abwärts umschmei chelte es meine Figur bis zu den Füßen, das Oberteil bestand aus zwei im Nacken verbundenen Stoffstreifen. Es war rückenfrei, und durch den tiefen V-Ausschnitt vorn konnte ich keinen BH
darunter tragen. Nicht mal einen selbstklebenden.
Skeptisch besah ich mein Spiegelbild. »Da merkt man gleich, wenn's mir kalt wird. Ich bin die Gastgeberin, ich sollte nicht billig wirken.«
Hinter mir tauchte Bones im Spiegel auf. »Du siehst nicht billig, sondern fantastisch aus.«
Zur Untermalung streifte er mit den Lippen sacht meinen Rücken, und wie aufs Stichwort wurden meine Brustwarzen steif. Und ob das unanständig aussah.
»Hinreißend«, hauchte er auf meine Haut.
War ja klar, dass ihm das Kleid gefiel, er hatte es schließ lich selbst ausgesucht. Wenn Bones meine Klamotten auswähl te, fielen sie stets offenherziger aus, als mir lieb war. Wenigs tens einen Slip hatte ich an, wenn auch nur einen ganz kleinen.
Ich hatte auch meine Prinzipien, da konnte er noch so über zeugend sein.
Bones legte kurz den Kopf schief. »Deine Mutter ist hier.«
Ich ging allein nach unten, um sie zu begrüßen, weil Bones noch nicht angezogen war. Seit jenem unglaublichen Abend bei Rodney hatte ich sie nicht mehr gesehen, und ich wollte gar nicht wissen, ob die beiden nun, äh, zusammen waren. Ganz Gentleman, hatte Rodney den Vorfall nicht erwähnt, als er am Morgen zu uns gekommen war, um das Abendessen vorzube reiten. Aber ich hatte gehört, wie Bones ihm zur Begrüßung ein
»Heil dir, oh Drachenbändiger!« entgegengeschmettert hatte.
Ich machte die Tür auf... Und das Lächeln gefror mir im Ge sicht. Das konnte unmöglich meine Mutter sein.
In ihrem braunen Haar war kein Grau mehr zu sehen, da-für war es frisch gesträhnt. Ob es dem Make-up oder einem chemischen Peeling zu verdanken war, dass sie in weniger als drei Wochen zehn Jahre abgestreift zu haben schien, wusste ich nicht. Ihr dunkelviolettes Samtkleid war enger geschnitten als meins, hatte an einer Seite einen hohen Beinschlitz und reichte ihr auf der anderen bis zu den Knöcheln. Im griechischen Stil bedeckte es nur eine Schulter, und dazu hatte sie sich das Haar locker aufgesteckt, sodass ein paar Strähnen lose herabfielen.
Nur ihre blauen Augen kamen mir vertraut vor.
»Catherine.« Sie rauschte an mir vorbei, ohne mich zu umar men. Okay, sie war doch noch die Alte. »Du solltest dir wirklich etwas Wärmeres anziehen, draußen ist es eiskalt.«
Selber hallo, Mom. Oder wer zum Teufel du sein magst. Wie die Frau, die mich großgezogen hat, siehst du jedenfalls nicht aus.
»Du musst gerade was sagen«, zischte ich. »Dein Schenkel ist bis oben nackt. Mein Gott, wenn Grandma dich so sehen könn te, würde sie sich im Grab umdrehen!«
Meine Mutter öffnete den Mund, zögerte und lächelte dann.
»Ich sag ihr nichts, wenn du ihr auch nichts sagst.«
Ich würde sofort in die Küche gehen, um ehrfürchtig vor Rodney auf die Knie zu fallen. Oh Wunder, er hatte es geschafft, ihr Humor beizubringen, und da hatte ich immer geglaubt, dazu bräuchte es Voodoo, mehrere geköpfte Hühner und jede Menge Gris-Gris.
»Komm, wir holen dir ein Glas Eierpunsch, Mom«, sagte ich, als ich mich so weit von meinem Schock erholt hatte, dass ich sie ins Wohnzimmer lotsen konnte. »Der hat's in sich.«
Den wenig festlichen Kriegsumständen entsprechend war un sere Gästeliste klein. Sie umfasste Rodney, Spade, Rattler, Tick Tock, Ian, Zero und einen weiteren Vampir namens Doc, den Annette als ihren Begleiter mitgebracht hatte. Mencheres war nicht gekommen, was mir durchaus recht war. Außerdem hatte ich Denise, Randy, meine Mutter, Don, Cooper, Dave, Juan und Täte eingeladen.
Ian war von Bones noch in letzter Minute dazugebeten wor den. Eigentlich hatte ich ihn nicht sehen wollen, da er sich aber auf unsere Seite geschlagen hatte, fühlte Bones sich zu der Ges te verpflichtet. Meine Hoffnung, er würde nicht aufkreuzen, erwies sich als vergeblich. Ich hatte sogar den Verdacht, er wäre überhaupt nur gekommen, weil er wusste, dass ich etwas da gegen hatte - und ihn das diebisch freute.
Wir saßen im Esszimmer. Ian war später gekommen, und kaum hatte er den Raum
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