Gefährtin der Dämmerung
sei denn, es handelt sich um solche, die nur für sie arbeiten, weil sie sonst ihre Familien umbringt.
»Musst du jetzt über Geschäftliches reden?«, fragte ich, scheinbar verstimmt.
Anthony schien mich zum ersten Mal zu bemerken. Er mus terte mich eingehend, und das hatte gar nichts Kindliches an sich. Typisch, dass er mir aufgrund meines schlagenden Her zens zunächst keinerlei Bedeutung beigemessen hatte.
»Wie heißt denn deine Freundin, Tate?«
»Kathleen«, antwortete Tate. Kathleen war mein zweiter Vor name. »Ist sie nicht umwerfend?«
»Durchaus«, pflichtete Anthony ihm bei und kam näher. Sei ne Augen blitzten. »Aber so wie sie aussieht, mit dem roten Haar und dem schlagenden Herzen, erinnert sie mich sehr an jemanden, von dem ich mal gehört habe.«
Offene Herausforderung lag in seiner Stimme. Ich schenkte Anthony meinen unschuldigsten Augenaufschlag.
»Ich steh auf Rollenspiele«, antwortete Tate in leicht gereiz tem Tonfall. »Deshalb habe ich Kathleen gebeten, sich die Haare zu färben und Kontaktlinsen zu tragen. Was dagegen?«
Urplötzlich hatte Anthony meine Jeans gepackt und zerrte daran, bis er meine linke Hüfte entblößt hatte, dann die rechte.
An beiden Seiten war nichts als glatte, makellose Haut zu sehen.
Tate kochte vor Wut, während ich ein Lächeln unterdrücken musste. Tja, mein Bester. Das Tattoo ist weg. Hat verdammt wehgetan, als Max es mir abgesäbelt hat, was du natürlich nicht wissen kannst, aber jetzt kommt es mir gelegen.
»Rühr sie noch einmal an, und unser Gespräch ist beendet«, knurrte Tate.
Anthony schien sich zu entspannen. »Ist sie eine gute Ko pie?«
Tate zuckte mit den Schultern. »Kommt hin.«
Ich hatte mir das Haar wieder rot färben lassen, und so roch es tatsächlich, als wäre die Farbe nicht echt. Dazu trug ich noch Kontaktlinsen mit blauen Einsprengseln, die meine Augen nicht ganz grau erscheinen ließen. Dank Selbstbräuner leuch tete meine Haut auch nicht wie sonst. Die Idee stammte von Vlad. Der gute Dracula war ein gerissener Hund.
So weit kam unser Rollenspiel-Märchen ganz gut an. An thony rannte weder um sein Leben noch, um seine Waffen zu holen.
»Musst du von dieser anderen Frau sprechen?«
Ich zog eine Schnute, was man angesichts des Themas auch erwarten durfte. Tate küsste mich auf den Scheitel.
»Ich hör ja schon auf, Baby.«
»Können wir dann heimgehen?« Wieder mit schmollendem Unterton.
Tate sah mit nachsichtigem Lächeln auf mich herunter. »Ich habe noch kurz was zu erledigen, dann hast du mich ganz für dich.«
Anthony leckte sich die Lippen. »Ausgezeichnet. Ich brin ge dich zu meinem Abteilungsleiter, Hykso, damit wir das Ge schäft abschließen können. Ich hole nur schnell meinen Wagen.
Ist weniger auffällig.«
»Geht nicht, mein Freund«, entgegnete Tate; hinter seinem verbindlichen Tonfall war eiserne Härte zu hören. »Du könntest deine Meinung ändern und auf die Idee kommen, noch andere mit ins Boot zu ziehen, und ich habe keine Lust, den Rest des Abends als toter Toter verbringen zu müssen.«
Anthony schaffte es, eingeschnappt zu wirken. »Nichts läge mir ferner.«
Tate lächelte unbeeindruckt. »Dann gehen wir jetzt gemein sam.«
Anthony biss sich mit seinen gewöhnlichen Menschenzäh nen auf die Unterlippe. Er wirkte dabei so jungenhaft, dass man ihn für eines der älteren Kinder hätte halten können, die sich für ein Foto mit dem Weihnachtsmann angestellt hatten. Un schlüssig sah er sich in der Menge um. Vielleicht bereute er es einfach, schon gehen zu müssen, vielleicht hatte er tatsächlich Böses im Sinn gehabt.
Am liebsten hätte ich mir Anthonys »Abteilungsleiter« ge schnappt. Je höher wir in Patras Befehlskette stiegen, desto bes ser war es für uns.
»Wenn wir nicht mit ihm gehen, will ich wirklich heim«, flüsterte ich und schmiegte mich auf eine Art und Weise an Tate, dass meine Argumente für jedermann offensichtlich wa ren.
»Du hast fünf Sekunden, bis sie mich umstimmt«, ver kündete Tate und küsste mich mit einer Leidenschaft, die so hemmungslos war, dass man sie unmöglich für gespielt halten konnte.
»Also schön, gehen wir«, sagte Anthony.
Tate löste sich widerwillig von mir. Seine Pupillen waren von grünen Schlieren durchzogen. Er hatte mich so ungestüm ge küsst, dass meine Lippen leicht geschwollen waren; ein bisschen außer Puste war ich auch.
»Wird's heute Nacht noch was?«, kam es gereizt von Antho ny, der bereits mit der Rücksichtslosigkeit
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