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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Unmöglichkeit, vor alten Leuten und möglichen Verwandten zu fluchen, begrenzte die Auswahl meiner Reaktionen. Also kochte ich schweigend vor mich hin.
    »Es war ihre Entscheidung, Maxine«, sagte Sarai. »Sie war der Meinung, Worte wären da unangemessen. Sie wollte, dass man es Ihnen zeigt .«
    »Zeigen? Was?«

    »Sie«, antwortete die Frau. »Nur Sie.«
    »Woraus du bestehst«, setzte Jack hinzu. »Unter der Haut.«
    Ich drückte meine Knöchel gegen meine Braue und zwang mich, gelassen zu antworten. »Manipulator. Was verbergen Sie unter Ihrer Haut?«
    Jack rührte sich nicht, und einen Moment lang sah ich etwas Uraltes hinter diesen blauen Augen schimmern, etwas so Altes, Müdes und Hartes, dass ich den Blick abwenden musste. Aber es dauerte nur einen Moment. Als ich ihn Sekunden später wieder ansah, lag nichts mehr in diesem Blick, wovor man hätte Angst haben müssen. Es waren nur die Augen eines alten menschlichen Mannes, intelligent und liebenswürdig.
    »Keiner von uns«, sagte Sarai sehr leise, »ist das, was er zu sein scheint, Jägerin. Wir wandeln nur als Reflexionen über diese Welt.«
    »Das ist doch bloß Rätsel-Gequatsche.«
    »Manchmal bieten Rätsel die einzige Möglichkeit, die Wahrheit auszusprechen.«
    »Und Ihre … Häuterin? Mamablut?«
    »Auch nur Rätsel«, antwortete Sarai. »Aber es sind noch mehr Spieler an diesem Spiel beteiligt.«
    Mir lief es kalt über den Rücken. »Sie sind kein Dämon. Aber Sie sind auch kein Mensch, hab ich recht?«
    Sarai kam nicht dazu zu antworten. Zee zerrte an meinem Bauch; die Jungs rührten sich auf meiner Haut, alle. Eine Warnung. Ich hob den Kopf und sah mich um, zur offenen Tür. Ich lauschte, als Jack ansetzte, etwas zu sagen. Ich hob meine Hand und brachte ihn zum Schweigen.
    Dann trat ich zur Tür. Ich hörte nichts, doch die Jungs pulsierten auf meinem Körper, rissen sich aus ihren Träumen. Die Stille hinter der Tür, die ich belauschte, war voll und schwer, schien verhüllt zu sein, sich zu verbergen.

    Etwas zu verbergen.
    Furcht flammte auf. Dann kalte Gewissheit. Ich dachte an den kleinen Dämon mit meinem Gesicht, an Oturu. Aber das hier fühlte sich anders an. Ich versuchte mich an die Treppe zu erinnern. Dann fiel es mir ein. Es führte noch eine Treppenflucht nach oben; hier, im ersten Stock war das jedoch die einzige Tür.
    Ich kehrte zu Jack und Sarai zurück, hastete über den schmalen Pfad zwischen den Büchern. Ich schob die Steinscheibe in meine Gesäßtasche und wedelte mit den Händen. »Los, bewegt euch. Gibt es noch einen Ausgang?«
    Jack schüttelte den Kopf. Ich schob Sarai sanft an der Schulter. Sie zögerte. »Brian hat mir seine Pistole gegeben. Sie ist oben.«
    Aber uns blieb keine Zeit mehr. Sie machte zwei Schritte und sah dann zu mir zurück. An mir vorbei.
    Ich drehte mich um.
    Und bekam eine Kugel in die Brust.

11
    M eine Mutter wurde erschossen. Danach habe ich nie wieder eine Waffe getragen, fünf Jahre keine mehr angerührt.
    Es war ein Blitzangriff. Ein Mann und eine Frau stürmten in den Raum, der von Büchern überquoll, nacheinander und so schnell, dass sie wie ein Blitz an mir vorüberhuschten. Ich sah blondes Haar, Windjacken, Jeans. Rosige Gesichter, die mir bekannt vorkamen.
    Ediks Wunderkinder-Zwillinge. Mamabluts langer Arm. Doch es war unlogisch.
    Buchstapel und Papierberge konnten sie nicht aufhalten. Sie schossen, sobald sie etwas vors Visier bekamen. Präzise Schüsse, gedämpft durch Schalldämpfer. Von der ersten Kugel fühlte ich nur den Aufprall, keinen Schmerz. Die Wunderkinder-Zwillinge schien es nicht zu irritieren, dass ich auf den Beinen blieb. Ihr Blick veränderte sich nicht: Er war scharf und konzentriert.
    Kugeln prallten von meinem Körper ab. Ein Querschläger zupfte am Arm der Frau, aber sie stockte nur unmerklich. Sie feuerte weiter auf mich und griff in ihre Jacke, als das Magazin leer war. Sie ertränkte mich in Blei.
    Ich brauchte ganze fünf Sekunden, bis ich begriff, dass ich nicht ihr Ziel war. Fünf Sekunden, in denen Kugeln auf mich
herabprasselten. Fünf Sekunden, bis ich zur Besinnung kam und nach den Messern unter meiner Jacke griff.
    Meine Mutter hatte mich gelehrt, wie ich ihre Messer benutzen musste. Ich hatte bereits jeden Tag mit ihr geübt, bevor ich ihr kaum bis zum Knie reichte. Aber seit ihrem Tod waren fünf Jahre verstrichen, und alle meine Fertigkeiten waren eingerostet. Ich hatte es locker angehen - und die Jungs die Drecksarbeit erledigen lassen. Was mir

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