Gefaehrtin Der Daemonen
hart. Sie hatte eine Aura wie ein Hurrikan, der Schatten und Donner ausstieß. Eine Aura, so groß wie der Himmel, zusammengepfercht in einer Wassermelone.
Sie hielt eine Schale mit Himbeeren in der Hand, dicken Himbeeren, und dies auch noch ganz außerhalb der Saison. Sie nahm eine davon und zerbiss sie zwischen perfekten weißen Zähnen. »Köstlich. Ehrlich, Jägerin. Ich weiß nicht, wie du das aushältst, unter einem derartigen Überfluss von Empfindungen zu leben.«
»Mamablut«, antwortete ich. »Ich hatte jemand anderen erwartet.«
»Edik«, sagte sie und lächelte geziert. »Oh, mein kleines Schätzchen ist gerade unterwegs.«
»Leute umbringen.«
»Dies und das.«
»Du versuchst, etwas vor mir zu verbergen.«
»Versuche ich das?« Mamablut aß noch eine Himbeere. »Gehen wir ein Stück, Jägerin. Ich habe das Bedürfnis, unter den Sterblichen zu wandeln und mich auf ihre niedere Existenzebene hinabzubegeben.«
»Heuchlerin. Du wünschst dir nur, eine von ihnen zu sein.«
»Niemals«, protestierte sie. »Ich bin lediglich eine Reisende. Eine Nomadin der Seelen. Wenn ich an einen Körper gebunden wäre, angefangen von einem schreienden Baby bis zu einem welken, inkontinenten Weib, und als Belohnung dafür nur den Tod zu erwarten hätte … Oh, Jägerin! Das ist ein Gefängnis. Ich beneide dich nicht. Ich habe es nie getan und werde es nie tun.«
»Aber du kommst und gehst, wie es dir gefällt.« Ich starrte aus dem Markt auf den Ozean und stellte mir all die Gefängniskreise vor, die umeinander gefaltet waren, und deren Grenzen sich an dieser Dimension rieben. Eine Armee von Dämonen, vor dem Blick der Menschen verborgen. Keinerlei Teleskope oder noch so scharfen Augen konnten ihre schlagenden Herzen sehen. Falls sie denn Herzen hatten. »Der Schleier ist schwach.«
»Der Schleier war schon immer schwach.« Mamablut lächelte
einem hageren jungen Mann mit einer Brille zu, der sie anstarrte, als sie hüftschwingend an ihm vorbeischlenderte. »Der Unterschied ist nur der, dass der Schleier jetzt dabei ist, vollkommen zu fallen. Wenn das aber geschieht, dann hat diese Welt niemanden, der sie beschützt. Außer dir.«
»Genau«, erwiderte ich, während ich die kribbelnde Haut unter meinem Ohr betastete. »Und dir liegt etwas daran, weil du Angst vor den anderen hast.«
Ihr Lächeln erlosch. »Mich mit dir zu treffen, war schon sehr riskant. Wenn Ahsen mich sieht …«
»Ahsen«, unterbrach ich sie. »Diese Kreatur, die durch den Schleier gekommen ist?«
»Ahsen. Avatar.« Mamablut sah sich kurz um. »Eine unberechenbare Gefängnis-Erbauerin.«
Ich blieb stehen.
»Spiel mir doch nichts vor«, sagte sie. »Ich weiß, dass dich das nicht überrascht.«
Mamablut kannte mich nicht so gut. Ich war überrascht. Allerdings nicht übermäßig. Ich dachte nur selten an die Errichter des Gefängnisses und seines Schleiers. Sie waren eine unbekannte Kraft, wurden in unserer Familienhistorie nur kurz erwähnt, aber nie detaillierter. Ich wusste nur, dass sie mit den Menschen gegen die Dämonen gefochten hatten. Und ganz sicher war ich mir bloß, dass sie den Gefängnisschleier errichtet hatten.
Mehr gab es nicht. Sie wurden niemals wieder erwähnt. Manchmal glaubte ich sogar, sie hätten überhaupt nicht existiert.
Bis heute. Jack und Sarai hatten alles verändert.
Mamablut aß immer noch ihre Himbeeren und genoss jeden Bissen, als wäre es ein langer Abschiedskuss. Männer beobachteten sie. Viel Glück , dachte ich. Sie wird euch bei lebendigem Leib verspeisen.
»Warum bist du hier?«, fragte ich bedächtig.
Sie lächelte. »Es liegt in meinem Interesse, dich am Leben zu erhalten.«
»Weil ich deine Babys vor den großen, bösen Dämonen retten soll. Obwohl ich sie dir wegnehme.«
»Ich bin bereit, ein paar Lämmer zu opfern, um deinen Hunger zu befriedigen.« Ihre Aura knisterte, ebenso wie ihr Lächeln. »Eine Jägerin muss gefüttert werden.«
»Und abgelenkt. Man muss sie durch Sättigung zähmen.« Ich lächelte auch, grimmig. »Wie viele Spiele spielst du, Mamablut? Was hast du dieser Ahsen versprochen? Zu welchem Versprechen hat sie dich gezwungen?«
Mamabluts Aura tanzte. Sie warf die restlichen Himbeeren auf den Boden, einschließlich der Schale, obwohl ein Mülleimer direkt neben ihr stand. Niemand beschwerte sich, obwohl ich einige bissige, ungläubige Blicke bemerkte.
Sie wischte sich die Hände ab. Ihre Nägel blitzten blutrot. »Ich habe nur ein befristetes Portal zugesagt. Und ein
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