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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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niemals mitmachen.«
    »Spielt keine Rolle. Tu, was nötig ist. Diese Leute sind sehr schnell, Grant. Und Profis.«
    »Maxine.«
    »Versprich es mir.«
    Er schwieg, hart und unbeugsam. Ich sagte seinen Namen, immer wieder, bis ich hörte, wie jemand am anderen Ende im Hintergrund dasselbe tat. »Mr. Cooperon.« Es war eine Frau, und plötzlich verspannte ich mich; ich hatte plötzlich schreckliche Angst.
    »Sie verlegen ihn«, sagte er. »Ich muss los.«
    »Grant …«
    »Ich tue, was immer nötig ist«, unterbrach er mich ruhig. »Ich liebe dich.«
    Damit legte er auf. Ich starrte auf das Telefon und schob es in meine Jackentasche. In diesem Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, sofort ins Krankenhaus zu fahren, auf der Stelle, aber ich umklammerte das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten, und fuhr weiter in die entgegengesetzte Richtung. Ich hatte noch etwas zu erledigen. Eins noch.

    Ich stellte den Mustang in der Tiefgarage unter dem Pike Place Market ab. Es roch nach Fisch. Die Elliot Bay war nur einen Katzensprung entfernt, und die kleinen Wogen funkelten wie Diamanten. Die Jungs rührten sich in ihren Träumen.
    Ich benutzte die Himmelsbrücke über die Western Avenue zur Main Arcade des Pike Place. In dem Markt, einem ausgedehnten Labyrinth, war es düster. Die Wände waren cremefarben und rissig, die Ecken des Bodens mit Schichten von Abfall verklebt. Es roch süßlich, überreif, und etwas summte in meinen Ohren. Stimmen, Autos, das merkwürdige Geräusch von Rollschuhen und ein Brummen, ein sachtes Pulsieren, das nicht menschlich war. Und auch nicht von dieser Welt.
    Ich kam nicht gern hierher, nach Pike Place Market. Ich hatte nur eine einzige gute Erinnerung an diesen Ort. Ich war Grant hier begegnet, hatte ihm das Leben gerettet. Aber sonst besaß dieser Platz nichts Tröstliches. Der Schleier zwischen dem Land und dem Meer, wo sich so viele Menschen versammelten, war sehr dünn. Die Wände des Gefängnisses wirkten schwach und so durchscheinend, dass ich einen anderen Ozean sehen konnte, so dunkel und rot wie Blut. Er bestand aus Blut. Ich konnte mir fast vorstellen, wie sich Mamabluts Kinder an den Wänden drängten, die Menschen beobachteten, die durch dieses verworrene Labyrinth gingen. Nach Seelen suchten, gebrochenen Seelen. Das war Verlockung genug, sich durch die Risse im Schleier zu drängen und um einen guten Wirt zu kämpfen.
    Ich spürte, wie mich ihre Augen beobachteten. Ich fühlte sie durch den Schleier, und hinter ihnen spürte ich Mamablut selbst, wie sie auf der anderen Seite ihre Babys warf, ihrem Geschrei lauschte, ihrer Gier nach Nahrung.
    Ich schlenderte umher und wartete auf eine Botschaft, die mich durch den Schleier befördern würde. Ich ging durch die Main Arcade, an den Kunsthandwerkern und ihren Schmuckund
Lederwaren vorbei; Buden mit Seife, Marmelade, T-Shirts. Ich roch Blumen. Autos hupten. Überall waren Menschen, Kinder mit ihren Müttern und einige Touristen, mit einem Becher Kaffee in der einen und ihrer Kamera in der anderen Hand.
    Ich kam mir nackt vor, entblößt. Unaufhörlich rechnete ich damit, dass mir jemand ins Gesicht blicken und auf Blut oder die Einschusslöcher zeigen würde, als wäre der Tod ansteckend. Brutale Gewalt mit anzusehen, das schien einem eine Maske über die Augen zu legen, sodass ich ständig Sarai sah, wohin ich auch blickte. So regungslos, mit diesem schrecklichen fingergroßen Loch in ihrem Kopf.
    Deine Mutter wollte, dass du gut bleibst. Alles, was sie tat, hat sie aus diesem Grund getan, aus diesem einen Grund. Ihre letzten Worte gingen mir durch den Kopf. Sie lösten nur weitere Fragen aus. Vor allem, warum sich jemand die Mühe machte, jemanden zu töten, der anscheinend so unschuldig war.
    Ich zog die Steinscheibe heraus, das kleine Labyrinth. Nichts daran sah anders aus. Aber ich erinnerte mich. Ich erinnerte mich an die Vision von meiner Mutter. Und von Jack.
    Es war keine Fantasie. Und es war auch nicht meine Erinnerung. Sondern etwas anderes.
    Oturus Mal begann zu brennen.
    »Himbeeren?«, fragte eine seidenweiche Stimme unmittelbar rechts von mir. Ich sah mich um. Da stand eine stattliche Frau in einer roten Lederjacke und einer passenden Hose. Ihr langes rotes Haar hatte sie zu Locken gewellt, die ein Gesicht umrahmten, das wunderschön und gepflegt wirkte, perfekt geschminkt und prall. Ihr Mund war hinreißend. Ein grausames Rot auf den Lippen, und ihre Augen wirkten so dunkel wie Flusskiesel, kalt und

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