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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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drückte zu, unerbittlich. Ich fühlte mich wie im Magen einer Python, in der ich langsam verdaut wurde. Ich spürte einen ungeheuren Druck um die Hand, die den Samenring hielt, weigerte mich aber, loszulassen. Ich widersetzte mich mit allem, was ich besaß.
    Ich hörte auf zu atmen. Sterne flimmerten vor meinen Augen.
    Etwas in mir verschob sich. Der Schatten hinter meinen Rippen. An das Gefühl erinnerte ich mich. Es war alt, hartnäckig, ein Albtraum aus Kindertagen; ein Klicken, der Schlüssel drehte sich, und der Samenring wurde plötzlich so heiß, dass meine Hand sicherlich jeden Augenblick in Flammen aufgehen musste.
    Überall, nur nicht hier, dachte ich, als ich starb. Überall, wohin sie nicht folgen kann.
    Eine andere Stimme antwortete, tief in meinem Verstand. Ja.
    Die Welt verschwand unter mir. Ich fiel. Der Druck ließ nach, aber ich fiel weiter. Es gab keinen Boden, der mich hätte auffangen können. Ich fantasierte Suchers Stimme, die meinen Namen rief, aber die Dunkelheit verschlang ihn, sie verschlang die Nacht … ich hatte nichts, ich war nichts, ich wurde verschlungen.
    Ich fiel, endlos.
    Ich fiel und fiel und fiel.

15
    S o einiges gibt es, das lernt man, wenn man im Dunkeln fällt.
    Zum einen, dass die Vorwegnahme der pure Terror ist. Jeden Moment dachte ich: Das ist es; gleich schlage ich auf. Der Moment verstrich, und dennoch fuhr ich fast aus meiner Haut; es war diese Vorwegnahme, die mein Herz rasen, meine Haut prickeln ließ. Ein menschlicher Körper war nicht dafür geschaffen, auf ewig zu fallen.
    Und dann war da noch etwas.
    Dunkelheit macht alles schlimmer.
    Ich konnte nichts sehen. Ich spürte, wie die Luft an mir vorüberrauschte, spürte den Sog der Schwerkraft, aber das waren die einzigen Empfindungen: das Einzige, was mir sagte, dass ich mich bewegte. Ich fiel und fiel und schloss schließlich die Augen. Ich hatte Angst, verrückt zu werden. Ich konnte nichts anderes tun, als es zu ertragen.
    Ich hörte meine Herzschläge nicht mehr, vergaß die Welt. In meinem Kopf hörte ich Grants Flöte, sah sein Gesicht und klammerte mich daran.
    Mit aller Kraft.

    Fels.
    Ich lag ausgestreckt auf einem Felsen. Die Luft in meinen Lungen war kalt. Ich hatte keine Erinnerung an einen Aufprall, nur daran, dass ich mich bewegte. Jetzt bewegte ich mich nicht mehr. Ich sah nichts, alles war dunkel, und ich lag ruhig da und lauschte. Ich hörte mein Herz, meinen keuchenden Atem; weiter entfernt ein Tröpfeln, ein Plätschern. Wasser.
    Ich richtete mich auf, fühlte mich wie eine alte Frau: benommen, durstig, orientierungslos. Ich konnte nichts sehen, wartete darauf, dass meine Sehkraft zurückkehrte. Meine Augen hatten mich noch nie im Stich gelassen, ganz gleich, wie dunkel es auch gewesen war. Aber ich sah nichts. Ich war blind.
    Die Jungs lagen auf meiner Haut, rastlos, träumend.
    Zudem war ich splitternackt. Meine Kleidung, meine Messer, die Stiefel, alles schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Einschließlich des Samenrings. Ich suchte zwar danach, konnte aber nichts ertasten. Blindlings streckte ich die Hände aus. Meine Habseligkeiten hätten auf einem Haken unmittelbar neben mir hängen können, ohne dass ich sie wahrgenommen hätte. Ich wünschte, ich könnte irgendjemanden fragen, ob ich überhaupt noch Augen im Kopf hatte. Ich spürte sie, gewiss, aber wenn man kurz davor ist, den Verstand zu verlieren, unterminiert das selbst die offenkundigsten Gewissheiten.
    Ich hatte alles verloren.
    Verzweiflung durchrieselte mich. Furcht. Ich kämpfte dagegen an, bemühte mich, ruhig zu bleiben. Atmete tief durch. Doch nichts half.
    Ich saß in einem schmalen, steinigen Krater, einer Spalte, die etwa so groß war wie mein Körper. Ich konnte sie mit den Händen abtasten. Langsam stand ich auf, schwankte, als ich das Gleichgewicht verlor, und zwang mich, im Dunkeln vollkommen ruhig dazustehen. Ich lauschte, spürte. Rieb mir die Arme. Die
Jungs bewegten sich auf meiner Haut. Erneut hörte ich das Tröpfeln; ich ging in diese Richtung. Zögernd. Langsam und behutsam tapste ich wie ein Baby, mit ausgestreckten Händen. Ich ertastete jedoch nur Luft, und den Stein unter meinen Füßen.
    Bis ich das Tröpfeln schließlich erneut hörte, diesmal ganz nah.
    Ich trat in etwas Nasses, kniete mich hin, spürte Wasser unter mir, ein Becken, überraschend tief. Ich ließ die Hände sinken und gewährte den Jungs einen Schluck. Als ich keinerlei Widerstand von ihnen spürte, beugte ich mich vor und trank. Das

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