Gefaehrtin Der Daemonen
mich fest. »Es ist okay, Maxine. Jetzt bin nur noch ich da.«
Ich schloss die Augen. Ich hatte schon mit Jack geweint, aber das hier, das war jetzt Grant.
Darauf habe ich so lange gewartet, dachte ich, und ich hatte noch genug Kraft in meinen Fingern, um Zees Kopf zu kraulen.
Dann redete ich mit Grant. Ich redete zu ihm, als würde mein Leben davon abhängen, obwohl ich zu müde war, um meine Worte deutlich auszusprechen. Ich schilderte ihm, was mir in der Ödnis widerfahren war. Ich erzählte ihm alles. Der
ganze Schmutz, das Hässliche, das Entsetzen schnürte mir immer noch den Hals zu: vor Panik. Ich war lebendig begraben. Rannte, um bei Verstand zu bleiben. Verlor den Verstand. Da waren das Schwert und der Ring.
Grant hörte zu. Er gab mir Wasser, wenn meine Kehle trocken war. Er half mir ins Bad. Er zog mir weiche Kleidung an und ließ mich nicht allein. Er hielt mich weiter im Dunkeln.
Er hielt mich fest.
Eine Stunde vor Sonnenaufgang sagte Zee: »Ich kann nicht bleiben, Maxine. Ich muss dahin gehen, wo die Sonne nicht scheint.«
»Mir geht es hier gut«, sagte ich zu ihm. »Es geht mir schon besser.«
Grant brummte tief und fuhr mit den Lippen über meinen Nacken. »Dreh dich herum und küss mich.«
Ich tat mein Bestes. Und schaffte es immerhin, mich auf den Rücken zu drehen, bevor mich die Kräfte verließen. Die beiden Laken fühlten sich an, als wögen sie hundert Pfund. Ich starrte an die Decke, während mein Herz loshämmerte. Mir war schwindlig. Grant lag vollkommen regungslos da. Dek und Mal fingen zu summen an. Elton Johns »I’m Still Standing«.
»Genau.« Grant schaltete das Licht neben dem Bett an. »Im Wohnzimmer wartet ein Sumo-Ringer, mit dem du nach dem Frühstück üben kannst.«
Ich versuchte, seinen Arm zu schlagen, aber meine Hand fiel nutzlos auf die Decke. Aaz packte mein Handgelenk und klatschte meine Handfläche auf Grants Schulter.
»Au!«
»Danke«, sagte ich, und der kleine Dämon grinste mich mit blitzenden Zähnen an.
Jemand klopfte an die Tür. Jack warf einen Blick herein. Sein
Haar war zerzaust, seine Kleidung zerknittert, und silbergraue Stoppeln zierten sein Gesicht. Er sah wie ein zerstreuter Professor aus, der irgendeinen obskuren Text wie besessen studierte, und die Nacht damit verbracht hatte, Kaffeeringe auf Studentenreferaten und Bibliotheksbüchern zu hinterlassen. Ich hätte ihn mir gern umringt von Tassen voller angekauter Bleistifte und schimmliger Muffins vorgestellt, mit einem gerahmten Foto von meiner Großmutter, das er hinter Bücherstapeln versteckte, bis auf diese besonderen Momente, in denen er es wie einen magischen Schatz hervorholte. Ich wollte, dass er es mit einem Lächeln betrachtete. Ich wollte es so sehr, und urplötzlich wurde mir klar, dass ich einfach nur ein verkorkstes Mädchen war.
»Ich habe Tee gekocht.« Jack errötete, als er uns zusammen im Bett sah, obwohl wir bekleidet waren.
Grant schlug die Decken zurück, setzte sich auf und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Jack kam herein, ein Schneidebrett in den Händen, das er als Tablett benutzte. Ich versuchte ebenfalls, mich hinzusetzen, und es gelang mir, obwohl Zee und Rohw mir helfen mussten. Aaz stopfte mir Kissen hinter den Rücken. Dek und Mal stützten meinen Hals.
Grant unterdrückte ein Lächeln. »Wie glaubst du, würden sie in kleiner weißer Schwesterntracht aussehen?«
»Heiß«, antwortete Zee, und die anderen kicherten.
Ich sah einen Schatten in der Tür. Sucher. Er zögerte und betrachtete die Jungs, als hätte er gerade einen Stein gesehen, dem Beine wuchsen, und der anschließend ein Tänzchen aufführte. Er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, und zog sich zurück, konnte nicht mehr gesehen werden.
Jack stellte das Schneidebrett ab und hockte sich auf den Bettrand. Er hielt mir eine Tasse an die Lippen. Der Tee war heiß und süß. Ich versuchte, die Tasse selbst zu halten, konnte aber
nicht einmal den Arm so weit heben. Jack nahm meine Hand und drückte sie gegen sein zerknittertes Hemd, über sein Herz. Dann stellte er die Teetasse ab.
»Junge«, sagte er zu Grant. »Sieh zu und lern etwas.«
Ich runzelte die Stirn. Grant ebenfalls. Jack schloss die Augen. Der Ring prickelte auf meinem Finger, glänzte in dem dämmrigen Schlafzimmer. Er war schwer, aber es war ein angenehmes Gefühl. Er lag so dicht an meiner Haut, dass ich mir vorstellte, wie silberne Wurzeln von dem Metall in mein Fleisch drangen und sich mit Knochen verbanden.
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