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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Quecksilber statt Mark.
    Zunächst bemerkte ich keine Veränderung, bis auf die Miene auf Grants Gesicht. Er saß auf dem Bett und sah zwischen Jack und mir hin und her, während sich eine tiefe Falte zwischen seinen Augen bildete. Seine Finger tippten eine Melodie in die Luft über seinem Magen. Als würde er Musikstunden für die Seele nehmen.
    Plötzlich wurde meine Hand unfassbar heiß. Es war eine pulsierende Wärme, die von Jacks Berührung in meine Haut drang. Ich schwitzte, auf dem Rücken, dem Hals. Die Jungs scharten sich um mich und witterten. Zee leckte seine Klaue an und zog eine Linie durch die Luft und über Jacks Körper.
    »Manipulator«, schnarrte er.
    Jack öffnete das eine Auge einen Spalt.
    »Was tust du da?«, fragte ich ihn.
    Sein Lächeln wirkte etwas gepresst. »Versuch jetzt, deinen Arm zu heben, Liebes.«
    Ich versuchte es. Und es gelang mir. Ich war kräftiger geworden.
    »Junge«, sagte Jack, um dessen Augen sich schwache Linien bildeten. »Geh und hol deine Flöte.«
    Das Instrument lag auf dem Nachttisch. Grant griff mit seinem langen Arm danach, nahm die goldene Flöte hoch und setzte
sie an die Lippen, alles in einer flüssigen Bewegung. Im nächsten Moment spielte er einige trillernde Töne. Ich fühlte, wie mich die Musik durchdrang; ich fühlte ihre Macht. Aber noch während ich mich erinnerte, dass Grants Spiel mich oder die Jungs nie hatte beeinflussen können, wurde mir klar, dass er für Jack spielte. Er stützte ihn. Dann sah ich die Wirkung bei dem alten Mann, als er sein Rückgrat straffte und die Anstrengung von seinem Gesicht wich. Ich fühlte es auch, als sich die Hitze zwischen uns zunahm, als würde eine winzige Sonne zwischen unseren Händen glühen.
    »Meine Güte«, murmelte Jack, als sich Grants Spiel steigerte. »Du bist wahrhaftig stark.«
    Und ich auch. Ich beugte mich vor, prüfte mich und stellte fest, dass ich mich mühelos bewegen konnte, ohne mich auch nur müde zu fühlen. Zee zupfte an meiner Hand und deutete auf Grant. Ich sah ihn an und lächelte. Ich hatte ihn noch nie so wild spielen hören. Seine Finger bewegten sich so schnell, dass er nicht einmal Luft zu holen schien. Die Töne trillerten durch den Raum. Ich konnte sie schmecken, konnte das Licht fast sehen. Er bemerkte meinen Blick, zog die Augen zusammen. Sie strahlten Wärme aus, Liebe.
    Obwohl Jack ihn gebeten hatte zu spielen, war plötzlich jede Belustigung aus dem Gesicht des alten Mannes verschwunden. Er wurde blass, als er Grant anstarrte. Dann hörte ich jemanden an der Tür, Sucher tauchte dort auf. Er starrte ebenfalls. Aber er sah nicht Grant an, sondern mich. Sein Blick war feierlich und ernst.
    In der Ferne glaubte ich, ein Klopfen zu hören. Von Fäusten.
    Jack ließ meine Hand los. Was nicht einfach war. Unsere Haut schien zusammenzukleben und trennte sich mit einem vernehmlichen Plopp. Dann ertönte ein Rumms im Nebenzimmer, und ein leiser Schrei. Sucher verschwand für einen Moment, ich hörte ihn grunzen. Grant spielte nicht weiter. Die plötzliche
Stille war so vollkommen, dass sie sich fast wie der Tod anfühlte.
    Mary tauchte in der Tür auf. Ihr weißes Haar stand ihr zu Berge, wie mit statischer Elektrizität aufgeladen. Sie trug ein Kleid, das mit pinkfarbenen Drachen gemustert war, und eine alte, blaue, von kleinen Löchern übersäte Jacke. Einige der Löcher waren mit rotem Garn gestopft.
    Sie hatte die Augen aufgerissen, in den Händen hielt sie Grants Post. Das war eine der kleinen Aufgaben, die er ihr anvertraut hatte, und die sie sehr ernst nahm. Sie starrte ihn an, schwer atmend. Dann glitt ihr Blick zu Jack.
    Im selben Moment veränderte sich alles.
    Die Post fiel ihr aus den Händen, und auf ihrem Gesicht zeichnete sich blanke Wut ab.
    »Wolf!«, stieß sie hervor.

17
    W olf.
    Sucher tauchte hinter Mary auf. Er ging leicht gekrümmt, hielt sich den Bauch. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass diese alte Frau in der Lage sein sollte, ihm wehzutun, nachdem mein Fausthieb ihn nicht einmal erschüttert hatte. Aber seine Miene deutete an, dass Mary genau das getan hatte.
    Sie bewegte sich überraschend gelenkig, als sie näher kam und Jack anstarrte, als wäre er der Überbringer einer Hiobsbotschaft. Die Post lag auf dem Boden, aber mit der rechten Hand umklammerte sie ein Paket, das in Aluminiumfolie eingewickelt war und aus dem es verdächtig nach Brownies roch. Zee und die Jungs saßen neben mir auf dem Bett und rührten sich nicht. Sie wirkten wie Puppen,

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