Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
Vom Netzwerk:
meiner Mutter hatte ich kein Kleid mehr getragen, und Pumps würden mich vermutlich schneller umbringen als ein Zombie.
    Der Jüngling vor der Tür stand auf einem Podest. Er war untersetzt, korpulent, trug einen schlecht sitzenden Smoking, der sich um seine Taille spannte und von den Schultern hing. Vermutlich ein Teilzeitjob, oder vielleicht auch ein Museumsangestellter, der diese Aufgabe im letzten Moment aufs Auge gedrückt bekommen hatte. Ein Blick auf mich genügte, dann sah er Hilfe suchend zu einem Sicherheitsbeamten hinüber, der heranschlenderte. Er stolzierte derartig selbstgefällig, dass ich ihm am liebsten meinen Stiefel in den Hintern gerammt hätte.
    »Sie brauchen eine Einladung«, erklärte der Mann abweisend und strich sich sein glattes braunes Haar zurück. »Und außerdem eine Dusche.«
    »Es ist dringend«, antwortete ich. »Ich muss mit Dr. Jack Meddle sprechen.«
    »Klar.« Der Mann zupfte an seinen Manschetten und warf erneut einen Blick auf den Sicherheitsbeamten. »Aber nicht jetzt.«
    Meine Laune war nicht die beste, und ich fühlte mich mies.
»Es ist eine Familienangelegenheit. Ein Notfall, könnte man sagen. Und er hat sein Handy ausgestellt.«
    »Ich werde nicht da hineingehen und …«
    Ich trat um das Podest herum und rückte ihm auf den Pelz, und zwar so nah, dass sich unsere Oberkörper kurz berührten. Dabei hielt ich seinen Blick wie ein Schlangenbeschwörer: ohne zu blinzeln, kalt und hart. Seine Stimme erstickte. Ich flüsterte. »Wollen Sie Ihrem Boss wirklich erklären, warum dem Ehrengast eine wichtige persönliche Nachricht unterschlagen wurde, nur weil der Überbringer der Kleiderordnung nicht entsprach?« Einige Frauen in Abendkleidern kamen heraus und warfen uns ebenso neugierige wie konsternierte Blicke zu. Ich ignorierte sie jedoch. »Wie heißen Sie?«
    Der Mann zögerte, seine Aufgeblasenheit fiel in sich zusammen. Der Sicherheitsmann trat langsam zurück. »Ich wüsste nicht, was …«
    »Ihren Namen«, unterbrach ich ihn eisig. »Zwingen Sie mich nicht dazu zu erklären, warum ich ihn haben will.«
    Er runzelte die Stirn, versuchte, cool zu bleiben, und trat einen Schritt zurück. Ich ließ es zu und beobachtete ungeduldig, wie er mich dramatisch von oben bis unten maß.
    Dann verkündete er sehr laut, und zweifellos um die he rauskommenden Gäste zu überzeugen, dass er jemandem einen riesigen Gefallen tat, der in keiner Weise die Vorschriften seines Jobs verletzte: »Okay, aber beeilen Sie sich damit, Dr. Jack Meddle Ihre dringende Familienangelegenheit zu überbringen. Heute Abend wollen sehr viele Leute mit ihm reden.«
    »Danke«, erwiderte ich. »Ich versuche, keine fettigen Fingerabdrücke auf den Gemälden zu hinterlassen und werde auch keine abgeknabberten Hühnerschenkel über die Schulter werfen, während ich nach ihm suche.«
    Da verdrehte er die Augen, und ich schob mich an ihm vorbei.
    Selbstbewusstsein war der Schlüssel, wenn man so aussehen wollte, als gehörte man an einen bestimmten Ort, ganz gleich, wie elitär die Umstände auch sein mochten, oder wie heruntergekommen. Und auch wenn mir gerade ein Dämon meinen Hintern auf einem silbernen Tablett serviert hatte, ich wusste doch immer noch, wer ich war, und ging auch so durch das Museum: mit erhobenem Kopf, geradem Rücken und einem Hüftschwung, um den mich - wie ich zwar hoffte, aber auch bezweifelte - jedes Supermodel beneidete.
    Die Gala war gut besucht. Ich ging unter einer beklemmend wirkenden Flotte aus weißen Wagen hinweg, die auf dem Kopf von der Decke herunterhingen, beleuchtet von bunten Lichtern, und folgte der Spur gut gekleideter Leute in den alten Museumsflügel, wo Mädchen in engen Uniformen auf Tabletts Champagner und Sushi anboten.
    Einige Gesichter kannte ich aus den Abendnachrichten, unter anderem die einiger Politiker, die kürzlich bei Coop’s vorbeigekommen waren und sich für einen Fototermin mit anderen Freiwilligen in die Schlange vor der Essensausgabe eingereiht hatten. Ich erntete etliche merkwürdige Blicke von ihnen und auch von allen anderen, die mir über den Weg liefen, aber ich ignorierte sie, während ich nach meiner Beute suchte. Dek und Mal kuschelten sich in mein Haar und glitten tiefer unter meine Jacke. Wo Zee und die anderen steckten, wusste ich nicht, aber sie waren bestimmt in der Nähe.
    Während ich vorbeiging, streifte mein Blick die Artefakte. Die meisten waren aus reinem, weichen Gold, das in einem tiefen Gelbton schimmerte, als wären sie aus

Weitere Kostenlose Bücher