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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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umringt und eingeengt, wie in Treibsand versinkend, nur dass es die wild dreinblickenden Soldaten in mittelalterlichen Rüstungen waren, eingefangen im Augenblick des Todes und der Gewalt, ohne ein Ende oder einen Horizont; nur Körper, die übereinanderfielen, von Schwertern aufgespießt oder von Äxten zerschmettert wurden, die von Blut troffen. Das Einhorn zwischen ihnen, unberührt, glänzend, so schlank wie ein hungriger Tiger. Es starrte aus dem Gemälde: mit Augen, die mich an die des Dämons erinnerten: Oturu. An sein Lächeln. Wissend, alt und mühelos machtvoll.
    Meisterhaft. Hypnotisch. Ich hätte das verdammte Gemälde am liebsten sofort gekauft. Ich wollte ein Kissen auf den Boden legen und einfach nur da liegen bleiben und es ansehen.
    Die anderen Bilder. Jedes erweckte den Eindruck, als erblicke man die Wahrheit. Als hätte ein Einhorn tatsächlich in einer Schlacht gekämpft, oder auf den Zinnen einer uralten, verlassenen Zitadelle, umringt von Bogenschützen. Oder als wäre es im Ozean geschwommen, ein graues Gespenst des D-Day, der Landung der Alliierten Streitkräfte und Zeuge des Todes am Strand der Normandie, wo dieses fantastische Geschöpf in den schäumenden Wellen fast untergegangen wäre, während es an der Seite der Männer kämpfte, die fochten und starben. Ich fühlte es. In meinen Eingeweiden.
    Es gab vermutlich nur wenige Gemälde, weil sie ziemlich groß und die Wände begrenzt waren. Und dafür war ich dankbar. Wenn ich sie zu lange ansah, hatte ich das Gefühl, mein Herz werde bloßgelegt und etwas anderes käme aus ihm heraus und mustere mich.
    »Sie sind bemerkenswert, nicht?«, murmelte Jack. »Manchmal ist Sarai wirklich sehr inspiriert.«

    »Ja.« Dek und Mal steckten ihre Köpfe aus meinem Haar, um einen Blick auf die Gemälde zu werfen. Ich spürte, wie Jack sie betrachtete, und verspannte mich, er jedoch streckte einfach nur die Hand aus und kraulte sie unter ihren Kinnen. Sie kicherten und schnurrten. Diese Szene war so unwirklich, dass ich mich am liebsten hingesetzt und den Kopf zwischen den Händen vergraben hätte.
    Plötzlich hörte Jack auf. Er schlug keinen Alarm, aber seine Regungslosigkeit genügte, um mir die Haare zu Berge stehen zu lassen.
    Kalte Luft erfüllte plötzlich die Galerie. Es war kein Windstoß oder Atem, sondern einfach nur eine aufsteigende Kälte, als hätte jemand eine halbe Tonne Eis unter unseren Füßen abgeladen. Der Temperatursturz wirkte wie ein Schock, und der Grund dafür lag nicht am Versagen der Klimaanlage.
    Hitze war einfach nur eine Form von Energie. Saugte man sie auf, blieb Kälte übrig. Als würde jemand Feuer fressen und Eis pissen. Alle diese archetypischen Verkörperungen der Hölle, Schwefel, Gruben mit flüssiger Lava, Seelen, die von Flammen umhüllt tanzten, all dies waren nur Manifestationen einer uralten Wahrheit: Manche Dämonen mochten es eben heiß.
    Dek und Mal grollten. Zee und die anderen waren nirgendwo zu sehen, aber ich spürte, wie sie sich wie asiermesserscharfe Geister in den Schatten drängten. Ich griff mir ins Haar, meine Finger legten sich um einen zitternden Schwanz. »Jack, irgendetwas stimmt da nicht. Wir sind nicht allein.«
    »Das hat nichts zu sagen«, erwiderte er gelassen.
    »Du verstehst das nicht.«
    »Doch, sehr gut sogar.« Jack blickte auf eine Stelle hinter meiner rechten Schulter und zog die Mundwinkel nach unten. »Lass es vorbeiziehen.«
    Er wusste zu viel. Eigentlich hätte mich das begeistern sollen,
aber dem war nun mal nicht so. Vielleicht lag das an dem Gefühl, dass sich ein harter, bösartiger Blick in meinen Hinterkopf bohrte. Ich hätte mich ums Verrecken gern umgedreht, rührte aber keinen Muskel. Heuchelte Ahnungslosigkeit, spielte mit. Und vertraute den Jungs.
    Die Kälte verschwand, einfach so. Hitze fauchte über uns hinweg, als hätte jemand die Tür eines Hochofens geöffnet. Doch es war nur äußerlich. Meine Knochen waren immer noch wie erfroren. Und in meinem Herzen herrschte arktische Kälte.
    Dek und Mal hörten auf zu grollen, aber ihre Schwänze vibrierten wie gespannte Taue. Ich tätschelte sie beruhigend, als Zee den Kopf aus dem Schatten steckte, gleich hinter Jack, der ihn nicht sehen konnte. Er schüttelte ihn. Was auch immer es gewesen sein mochte, nun war es weg.
    »Ich sollte mehr Pullover bereithalten«, meinte Jack.
    Ich atmete langsam aus und versuchte, ein Zittern zu unterdrücken. »Das klingt, als wären Sie daran gewöhnt.«
    Er zuckte mit den

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