Gefährtin Der Finsternis
Heilung, nicht Erlösung. Aber Kivar war ein Lügner.
»Und Ihr glaubt, er ist hier?«, fragte sie, wieder schwach vor Erleichterung. »Orlando?«
»Die ganze Zeit.« Der Zauberer war purpurn angelaufen und brodelte vor Zorn. »All diese mit Suchen verbrachten Wochen, und der Schlüssel war die ganze Zeit in Eurem Turm verborgen. Törichtes, albernes Mädchen …«
»Das bin ich, mit Verlaub, nicht«, erwiderte sie und brachte Simon dazu, den Kopf abzuwenden, um sein Lächeln zu verbergen. Er hatte ihr zu Hilfe eilen wollen, aber sie brauchte ihn anscheinend nicht. »Wenn ihr beide mir gesagt hättet, wer ihr seid und was ihr wollt, anstatt mich anzulügen und mich in meinem eigenen Schloss wie eine Aussätzige zu behandeln, hätte ich euch die Schriftrollen meines Vaters schon gleich zu Anfang gezeigt.« Sie schloss Simon in ihren allgemein finsteren Blick mit ein. »Obwohl ich stark bezweifle, dass ihr gewusst hättet, wie ihr sie benutzen müsst.«
»Sie hat Recht, Orlando«, sagte Simon. »Hättest du gewusst, dass wir Isabels Blut gebraucht hätten, um den Kode ihres Vaters zu entziffern?«
Bevor der Zauberer antworten konnte, durchbrach das Läuten einer Glocke von draußen das allgemeine Gesumm in der Halle. Jemand läutete die Glocke auf der anderen Seite des Burggrabens, als hingen die Teufelchen der Hölle an deren Klöppel. Sie sahen einander an, und Isabel erbleichte. Jemand wollte den Schwarzen Ritter herbeirufen.
»Verzeiht mir, Isabel«, sagte Orlando und beugte sich über ihre Hand. »Aber nun werden wir, wie ich fürchte, gleich sehen, was diese verschwendete Zeit uns kosten wird.«
Kivar hatte nicht nur Michels Körper gestohlen, sondern auch dessen Pferd und Rüstung. »Antwortet niemand auf meine Herausforderung?«, rief er mit der verschwommenen und trägen Stimme des französischen Ritters. Er ließ das Schlachtross sich aufbäumen und sich wie ein altgedienter Veteran drehen. »Wo ist dieser Schwarze Ritter?«
»Ich träume«, sagte Isabel, die zwischen Simon und Brautus auf den Zinnen stand, Orlando und Kevin ganz in der Nähe. »Ich hatte diesen Traum schon einmal.« Sie hatte diesen Albtraum in Wahrheit schon, seit sie den Namen Michel gehört hatte. Nur dass er jetzt ein Vampir war.
»Alles wird gut«, versprach Simon und zog sie dicht an seine Seite.
»Also könnt Ihr ihn töten?«, fragte Brautus.
»Wo ist die schöne Maid von Charmot?«, rief der Brigant und schwang sein Schwert. »Bekämpft mich, oder bringt mir meine Braut!«
»Ja«, antwortete Simon.
»Nein«, sagte Orlando gleichzeitig.
»Ich habe ihn schon einmal getötet«, sagte der Vampir eigensinnig.
»Anscheinend nicht«, erwiderte der Zauberer, sein Tonfall sanfter als seine Worte. »Simon, ohne den Kelch …« Er gewahrte Isabels Gesicht und brach ab.
»Es ist wahrscheinlich eine törichte Frage«, sagte sie. »Aber was geschieht, wenn wir uns weigern, die Zugbrücke herunterzulassen und das Tor zu öffnen?«
»Kivar kommt über die Mauer«, antwortete Simon. »Oder unter dem See hindurch, oder aus dem Himmel. Er ist ein Vampir, Liebste – schlimmer als ein Vampir. Sein Geist lebt seit zehn Jahren in den Körpern toter Männer. Ich habe den Mann, den du dort siehst, selbst getötet, ich schwöre es dir. Er kann sich auch in einen Hund oder in Dunst verwandeln.« Seine Hand hielt die ihre so fest, dass er wusste, es musste ihr weh tun, und er zwang sich, den Griff zu lockern. »Er braucht die Zugbrücke nicht, um hereinzugelangen.«
»Warum macht er sich dann die Mühe dieser Herausforderung?«, fragte Brautus.
»Es amüsiert ihn«, sagte Orlando. »Er weiß, dass Michel die Absicht hatte, den Schwarzen Ritter zu töten, und er genießt den Spaß, es ihm zu ermöglichen.« Er schaute betont auf den Ring, den Simon nun trug, den Ring, von dem der Herzog bedauert hatte, dass er ihn ihm nicht vor seinem Tod gegeben hatte. »Es ist einer seiner Lieblingstricks.«
»Er weiß vielleicht nicht, dass ich hier bin«, sagte Simon. »Er könnte immer noch glauben, ich wäre in seiner Falle gestorben.«
»Das ist nicht sehr wahrscheinlich«, wandte Orlando ein. »Er wird sich auf die eine oder andere Art Gewissheit verschafft haben.«
»Aber er weiß nicht, ob du den Kelch schon hast oder nicht«, bemerkte Isabel, woraufhin alle sie bestürzt ansahen. »Er wusste, dass ich die Karte hatte, und er wusste, was sie war. Und anscheinend wollte er sie.«
»Oh, ja«, sagte der Zauberer nickend. »Unbedingt.«
»Dann
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