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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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Gegenteil erhoffte. »Ich werde für Euch beten«, sagte sie und hoffte, der Schwarze Ritter könnte sie hören. Wer auch immer dieser Simon sein mochte, sie glaubte nicht, dass er ihnen Schaden zufügen wollte. Und sie merkte, dass sie ihn kennenlernen wollte, ob er nun ein Cousin war oder nicht. Es war so lange her, dass sie jemandem begegnet war, so lange her, seit sie irgendeinem Mann begegnet war, der nicht Brautus oder der Ehemann einer anderen Frau war. Und wenn er tapfer genug war, einem Dämon ohne auch nur eine Steinschleuder als Verteidigung zu trotzen, könnte er gegen Michel vielleicht wirklich eine Chance haben, vorausgesetzt sie könnte ihn davon überzeugen, gegen ihn zu kämpfen.
    »Danke, Mylady«, sagte Simon und hoffte, dass sie es ernst meinte. Er ahnte, dass der Mann auf dem Pferd ihn passieren lassen würde, wenn er glaubte, dass sie es wollte. Aber was war mit dem Pferd?
    »Erlöse diesen Büßer, ich bitte dich, Christus«, sagte Isabel laut. Simon und sein kleiner Weggefährte waren nun auf die Zugbrücke gelangt, gerieten in den Schatten der Schlossmauer, wo sie sie nicht mehr so deutlich sehen konnte. Drei weitere Schritte, und Simon wäre in Reichweite des Schwertes des Schwarzen Ritters. »Rette Ihn vor diesem Dämon«, betete sie laut.
    Das Gebet des Mädchens hallte in Simons Kopf seltsam wider, als er in den Schatten des Schlosses trat. Rette ihn vor diesem Dämon … Er spürte ein Kribbeln auf der Haut, ein Brennen, wie er es in einer Kirche empfand, aber anders, als Trost statt als Schmerz. Als er aufblickte, sah er, wie sich der Abendwind leicht in reinem, weißem Stoff verfing, sah das herabhängende Ende ihres Ärmels. Erlöse diesen Büßer, betete sie um seinetwillen.
    Plötzlich bäumte sich das Pferd auf, durchbrach seine Trance. Der Schwarze Ritter schwankte im Sattel, hatte offensichtlich Mühe, sich festzuhalten, während die Zügel in seiner Faust flatterten. Simon sah, dass das Dunkelbraun der Augen des Pferdes rot gerändert war, wild, nicht vor Entsetzen, sondern vor Zorn. Der Schwarze Ritter und die Frau mochten sich vielleicht täuschen lassen, aber das Tier nicht. Es erkannte ihn als genau das, was er war – ein Ungeheuer. Der Vampir kauerte sich auf die Zugbrücke, während die mächtigen Hufe unmittelbar vor ihm die Luft peitschten, und Orlando fiel neben ihm aufs Gesicht und murmelte eigene Gebete.
    Aber gerade als Simon glaubte, der Schädel müsse ihm zertrümmert werden, beruhigte sich der Hengst. Er senkte die Hufe gefahrlos unmittelbar vor Simon und wieherte leise, eine Art Pferde-Seufzen. Simon richtete sich wieder auf, und das Pferd senkte den Kopf, als grüße es ihn.
    »Geht«, sagte der Schwarze Ritter, und die tiefe Stimme in seinem Helm klang schroff, aber Simon hörte dennoch die Erschütterung heraus. Der Reiter hatte nicht gewusst, dass sein Pferd angreifen wollte oder dass es jäh innehalten würde. »Geht rasch oder sterbt!« Er erhob sein Schwert, und Simon lief auf das Tor zu, half Orlando unterwegs auf. Hufschläge donnerten auf der Zugbrücke hinter ihnen, als sie unter dem Fallgitter hindurch und in den dahinter liegenden Hof gelangten. Isabel sah Brautus in den Wald galoppieren, noch immer sein Schwert schwingend – Brautus, der eigentlich ins Bett gehörte. Sie eilte zur Treppe und in den Hof hinab.
    Simon fand sich von Menschen umringt, mehr lebende Seelen, als er seit der schrecklichen Nacht, in der er verflucht worden war, auf einmal gesehen hatte. Die meisten waren Frauen und Kinder, aber es waren auch ein paar Jungen und Männer darunter – Stallburschen und Bauern, ihrem Aussehen nach zu urteilen, keine Wächter, wie er erkennen konnte. Sie alle sahen ihn und Orlando an, einige neugierig, einige offensichtlich verängstigt. »Schaut«, sagte ein Junge und deutete hin. »Der Kleine ist ein Mann.«
    Isabel betrachtete den Fremden und seinen kleinen Begleiter einen Moment aus dem Schutz der Menge heraus und empfand jähe Scheu. Er sah gut aus, dieser Simon. Sie hatte es zuvor nicht erkannt, aber nun konnte sie sein Gesicht sehen. Sein Haar war dunkelbraun, und er trug es lang, wie ein Sachse oder ein Kelte – ein Ire sei er, hatte er gesagt, und er sah auch so aus. Sein Bart war ebenfalls dunkel, aber kaum überhaupt ein Bart, da er sich wohl nur einen oder zwei Tage nicht rasiert hatte. Wäre er nicht so blass gewesen, hätte sie es vielleicht gar nicht bemerkt. Seine Haut war cremig weiß wie ihre eigene und schien genauso zart,

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