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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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sterben. »Vielleicht sollte ich zulassen, dass er mich heiratet, ohne dass gekämpft wird.«
    »Nein.« Sein bärtiges Gesicht wurde ernst, und ihr stiegen Tränen in die Augen. »Das wirst du nicht tun.«
    Draußen vor dem Fenster war der Mond als kalte, weiße Scheibe aufgegangen. Sie dachte an das Arbeitszimmer ihres Vaters, nun drei Stockwerke unter ihr, und an die Schriftrollen der Druiden, die voller Magie waren, die sie nicht deuten konnte, voller Weisheit, die sie nicht nutzen konnte. Schickt mir einen Teufel, liebe Zauberer, dachte sie erneut, das lautlose Gebet einer Heidin. Schickt mir meinen wahren Schwarzen Ritter.

2
    Simon schaute zu Schloss Charmot hinauf, das sich in der purpurnen Düsternis der Dämmerung starr und grau von seiner nebligen Insel erhob. Seine Außenmauern waren mit Dornenranken und Flechten bedeckt, als wäre die Festung einige Zeit verwaist gewesen, aber die Zugbrücke wirkte fast neu, die mit Nägeln bestückten Planken mit Eisenbändern verbunden. Sir Gabriel war vielleicht ein Einsiedler, aber er war auch bereit, sich zu verteidigen. Simons Vampirgehör konnte selbst vom entgegengesetzten Ufer des Burggrabens aus Bewegung hinter den Mauern wahrnehmen, angespannte Stimmen rasch sprechen, das Klirren von Pferdezügeln und das Rasseln von Kettenpanzer-Rüstungen hören. Er blickte zu Orlando hinab, dem großen Weisen, der ihn davon überzeugt hatte, unbewaffnet hierherzukommen. »Du bist dir ganz sicher, Zauberer«, fragte er den Zwerg halbwegs im Scherz. »Das ist der einzige Weg?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Orlando lächelnd. Er läutete erneut die Glocke. »Aber wir können es zuerst auf diesem Weg versuchen.«
    Isabel spähte durch einen schmalen Spalt in der Mauer zu den Fremden hinab. »Seht Ihr, Mylady?«, sagte Tom, der neben ihr stand. Der Junge hatte hier den ganzen Nachmittag Wache gehalten und auf den Franzosen gewartet. »Es sind ein Priester, kein Ritter, und ein Kind. Sie haben nicht einmal ein Pferd.«
    »Nein.« Sie konnte die beiden Gestalten im schwindenden Licht kaum ausmachen, konnte ihre Gesichter nicht erkennen. Aber beide wirkten nicht wie der Schurke, vor dem sie gewarnt worden waren. Der Größere trug eine Art langes Gewand. Er hätte ein Priester sein können, aber er war größer als alle Männer Gottes, die sie je zuvor gesehen hatte, und hatte breitere Schultern. Und obwohl die zweite Gestalt gewiss klein genug war, um ein Kind zu sein, bewegte sie sich jedoch nicht wie eines. »Sag Brautus, er soll zuhören und sich bereithalten hinauszureiten – er wird mein Zeichen erkennen.« Sie berührte den Jungen an der Schulter und lächelte. »Alles wird gut.«
    Simon läutete erneut die Glocke, verlor allmählich die Geduld. »Hallo?«, rief er über das Wasser hinweg. »Hallo, ist da jemand?«
    »Euch auch ein Hallo.« Es war die Stimme einer Frau. Als er aufschaute, sah er sie auf den Zinnen stehen, eine Schönheit mit kupferrotem Haar, mit einem schneeweißen Gewand bekleidet – ein Wesen aus den Balladen eines Barden. »Wer seid Ihr?«, fragte sie. »Was wollt Ihr?«
    »Ich bin auf der Suche nach Sir Gabriel von Charmot.« Der große Mann verbeugte sich elegant vor ihr, eine höchst unpriesterliche Geste, wie Isabel dachte. »Ich suche seinen Rat.«
    »Und in welchem Verhältnis steht Ihr zu Sir Gabriel?«, rief sie so laut, dass Brautus sie im Hof hören konnte. »Woher kennt er Euch?«
    Simon schaute erneut zu Orlando. »Wir sind Verwandte«, antwortete er und hasste es zu lügen. »Wenn er nur käme …«
    »Ich spreche in seinem Namen«, unterbrach ihn die Frau. Simon konnte ihr Gesicht aus dieser Entfernung im Dämmerlicht kaum sehen, obwohl er ein Vampir war. Aber ihre Stimme klang betörend, beschwingt, aber nicht lieblich, intelligent, aber kalt. »Und ich sage, Ihr seid ein Lügner. Sir Gabriel hat keine Verwandten – zumindest nicht außerhalb dieser Mauern.«
    »Ich bin sein Cousin«, beharrte der Mann. »Ein entfernter Cousin – aus Irland. Mein Name ist Simon.« Er klang aufrichtig, dachte Isabel. Und was noch wichtiger war – er klang irisch, nicht französisch. Wenn dies ein Trick des Schurken war, den sie erwartet hatte, so war es ein wohl erwogener Trick. Ihr Vater hatte niemals von irischer Verwandtschaft gesprochen, aber es war doch möglich. Er entstammte einer großen Familie in der Normandie, und all seine Onkel waren Ritter im Dienste Wilhelms des Eroberers gewesen.
    »Seid Ihr dann ein Priester?«, rief sie diesem

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