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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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würdet.«
    »Das ist kein großes Geheimnis. Wir sind in gewisser Weise Gelehrte, auf der Suche nach alten Schriften und Weisheit. Wir waren bereits an vielen anderen Orten wie Euren Katakomben.« Hannah kam mit der neuen Servierplatte mit Fleisch zurück, und bei der Erwähnung der Katakomben setzte sie sie mit einem gedämpften Scheppern auf dem Tisch ab.
    »Danke, Hannah«, sagte Isabel und lächelte ihr zu.
    »Mylady«, murmelte sie und eilte davon.
    »Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte Orlando.
    »Ihr erwähntet die Katakomben«, erklärte Isabel. »Die meisten der Leute, die auf Charmot leben, halten sie für einen üblen Ort.« Sie füllte seinen Holzteller erneut. »Die Höhlen wurden von den Druiden entdeckt oder angelegt, dem uralten Volk dieser Insel und der umliegenden Wälder. Die Unwissenden sagen, sie seien Hexen und Zauberer gewesen, die sich von menschlichem Fleisch ernährten, und dass die Schriftrollen in ihren Katakomben nur böse Magie enthielten.« Sie hatte geglaubt, der Zwerg würde darüber lachen, aber er lächelte nicht einmal. »Es heißt sogar, mein Vater hätte sich selbst verflucht, als er dieses Schloss hier baute«, schloss sie lächelnd.
    »Und so hält der Schwarze Ritter sein Schloss gefangen«, sagte er mit einem betonten Blick über seinen Becher hinweg. »Ist es das, was Ihr glaubt, Mylady?«
    »Nein, Meister Zauberer, das glaube ich nicht.« Tom kam im Laufschritt in die Halle und gab ihr damit einen Vorwand, das Thema zu wechseln. »Was gibt es, Tom?«
    »Verzeiht, Mylady«, sagte der Junge und blickte zu Orlando. »Ich muss Euch sprechen.«
    »In Ordnung.« Sie nickte ihrem Gast erneut zu und folgte Tom dann auf den Hof hinaus. »Was ist los?«
    »Ich bin den ganzen Weg die königliche Straße entlang zum Fluss und durch den Wald nach Charmot zurückgeritten«, sagte Tom. »Aber ich habe kein Anzeichen von diesem Franzosen und seinen Männern gesehen. Ich bin sogar zu der Taverne gegangen, in der sie gesehen wurden. Der Mann dort sagte, sie seien bei Einbruch der Nacht zur Kapelle des Heiligen Joseph aufgebrochen, um dort zu übernachten.«
    »Bist du zur Kapelle geritten?«
    »Nein, Mylady. Ich hatte Angst, dass sie noch dort sein könnten, so dass ich umkehrte, bevor ich zu nahe ans Dorf gelangt bin.«
    Und wenn sie noch immer dort sind?, wollte sie fragen. Meinst du nicht, ich sollte es wissen? Aber Tom war kaum sechzehn Jahre alt und außerdem nur ein Stallbursche. Sie konnte wohl kaum von ihm erwarten, den Mut eines fahrenden Ritters aufzubringen. Sie dachte erneut an Simon, der gerade jetzt in ihrem Keller schlief, und verfluchte im Stillen seinen törichten Fluch.
    »Gut«, sagte sie laut. »Halte Meister Orlando oben ein paar Minuten auf – deine Mutter kann dir dabei helfen. Ich muss mit meinem Cousin allein sprechen.« Der Junge wirkte unsicher. »Und wenn er mir nicht helfen will, werde ich selbst zur Kapelle gehen.«

4
    Simon träumte von Irland. Er stand am Strand unterhalb des Schlosses seines Herrn, die Morgensonne schien warm auf seinen Rücken. Ein Albtraum, dachte er, Tränen der Erleichterung auf dem Gesicht, wahre, salzige Tränen, nicht Blut. Es war alles nur ein Traum gewesen. Ein großes, schwarzes Pferd galoppierte durch die Brandung, froh, dem Laderaum des Schiffes endlich entkommen zu sein – sein Pferd. Er war nach Hause gekommen.
    Er wandte sich lächelnd wieder dem Schloss zu, aber die Klippen waren verschwunden, und plötzlich war es Nacht. Eine weite, schwarze Ebene breitete sich vor ihm aus, deren hohe, abgestorbene Gräser in einem frostigen Wind raunten. Hinter ihm befand sich sein Dorf, in dem alle schliefen, seine Mutter, und ihre Verwandten. All jene, die erschauderten, wenn er bei Tageslicht an ihnen vorüberging, und die sich bei Nacht vor ihm verbargen. Weit über die Ebene hinweg sah er die Feuer, die Lichter der marodierenden Götter. Mein Vater, dachte er, während der Tötungswahn in ihm aufstieg. Dort ist mein Vater.
    Isabel schlüpfte ins Zimmer ihres Cousins, verlegen, aber entschlossen. Sie hatte versuchsweise an die Tür geklopft, aber er hatte nicht geantwortet, und sie musste mit ihm sprechen.
    »Simon?«, rief sie leise und blinzelte in der fast vollständigen Dunkelheit. Er hatte die Fackeln gelöscht und nur eine einzelne Kerze in der Nähe der Tür brennen lassen. Sie nahm sie in die Hand und schloss die Tür hinter sich, bevor sie sich dem Bett näherte. »Simon?« Sie hoffte, dass ihre Eltern im Himmel im

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