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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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verletzte Hand in seine nehmen. »Das seid Ihr nicht.«
    »Hört auf«, sagte sie und entriss ihm ihre Hand. »Das bin ich auch nicht.«
    Er erstarrte, erschüttert durch ihre Zurückweisung. »Was seid Ihr auch nicht?«
    »Irgendeine rehäugige Einfalt wie Susannah, die für den Moment lebt und zittert, in dem Ihr sie berühren könntet«, erwiderte sie, die Worte schneller als ihre Gedanken, wie sie erkannte, als hätte sie seit Wochen darauf gewartet, sie auszusprechen. »Oder irgendeine Eva im Garten, die darauf wartet, Euch zu verführen, ein weltliches Laster, das Ihr aufgeben müsst wie Sonnenschein oder Früchtekuchen oder was auch immer es sonst ist, wovon Ihr glaubt, Gott würde es Euch verbieten.« Er antwortete nicht, sondern erwiderte ihren Blick nur mit seinen dunklen Engelaugen, ein gemalter Heiliger, den sie verehren, aber niemals ganz berühren konnte. »Aber warum erzähle ich Euch das überhaupt?«, fragte sie und wandte sich von seiner kalten Schönheit ab. »Warum endet es immer damit, dass ich Euch alles erzähle, was mir in den Sinn kommt, Dinge, über die ich noch nie mit irgendeiner anderen Seele gesprochen habe? Und Ihr erzählt mir nie etwas.«
    »Nein?«, entgegnete er und trat um sie herum, um ihr Gesicht zu sehen, seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Wie konnte dieses Kind es wagen, ihn auf diese Weise anzugreifen, dieses arglose, kleine Etwas, das glaubte, die Welt begänne und endete an den Schlosstoren ihres Vaters? Sie hatte ihn belehrt, sie sei kein Kind – nein, in Wahrheit war sie ein Kleinkind. »Am ersten Abend, als ich hierherkam, erzählte ich Euch mehr, als jede lebende Seele jemals von meiner Suche erfahren hat …«
    »Euer Fluch, meint Ihr?«, fragte sie ungläubig. »Ja, Simon, das habt Ihr mir erzählt, und soll ich Euch sagen, wie ich darüber denke? Ich halte es für Unsinn. Ein Fluch, der einen Menschen dazu verdammt, in der Dunkelheit von Brotkrusten zu leben und in alten Gemäuern voller toter Papiere herumzustochern – welcher verrückte Dummkopf könnte an so etwas glauben?«
    »Dann haltet Ihr mich für einen Lügner?«, antwortete er, nun ernsthaft zornig. Er war ein Lügner, aber das bedeutete nicht, dass er auch so genannt werden wollte, am wenigsten von ihr.
    »Nein, Cousin«, sagte sie, ihr Gesicht kam seinem sehr nahe. »Ich denke, Ihr seid ein Narr.« Seine Miene verdüsterte sich, und sie trat halb bewusst einen Schritt zurück, durch den Ausdruck in seinen Augen trotz ihres Zorns ein wenig bezwungen. »Irgendjemand – vermutlich Orlando – hat Euch gesagt, dass Ihr ein Ungeheuer seid, dass Ihr es verdient, für irgendein großes Unrecht bestraft zu werden, und Ihr, armer Narr, glaubt ihm.«
    »Ich sollte es Euch zeigen«, sagte er mit einem Lächeln, das fast an ein Knurren erinnerte. »Ich sollte Euch zeigen, was für ein Ungeheuer ich tatsächlich bin.«
    »Ganz ehrlich, Simon, ich wünschte, das würdet Ihr tun«, erwiderte sie. »Dann hätte ich zumindest eine gewisse Chance, Euch zu verstehen. Was für ein Ungeheuer seid Ihr?« Er wandte den Blick ab, sein Kinn angespannt, eine Miene, die sich von jeder anderen unterschied, die sie ihn jemals hatte annehmen sehen. Alle Heiligkeit und die engelsgleiche Zurückhaltung, die ihn, selbst wenn er sie küsste, so distanziert erscheinen ließ, dass sie schreien wollte, waren fort. »Was habt Ihr so Schreckliches getan, dass Gott Euch verachtet?«
    »Das kann ich Euch nicht erzählen …«
    »Warum nicht?« Sie trat um ihn herum, wollte ihn zwingen, sie anzusehen. »Glaubt Ihr, ich würde Euch auch verachten und würde versuchen, Euch hinauszuwerfen? Wir wissen beide, dass ich das nicht tun könnte, selbst wenn ich wollte, dass Ihr geht, was ich übrigens nicht will. Ihr seid ein guter Mensch, Simon. Ich schwöre es, und ich mag Euch ebenso gerne wie jeden Freund, den ich jemals hatte. Ich kann nicht glauben, dass Ihr etwas Schreckliches getan haben könntet …«
    »Isabel, hört auf«, befahl er und wollte davongehen, ihre Worte aussperren, bevor es zu spät war. Er wollte nicht ihr Freund sein, und er konnte nichts anderes sein. »Ihr wisst nicht, was Ihr von mir verlangt …«
    »Aber ja.« Sie umfasste seinen Arm. »Ich verlange von Euch, mir zu vertrauen, wie ich gezwungen wurde, Euch zu vertrauen. Ihr sagt, hier in Charmot läge Eure Rettung, aber Ihr wollt mir nicht sagen warum.« Der Kummer in seinem Gesicht, als er sich abwandte, genügte, damit sie ihre harten Worte fast bereute,

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