Gefaelschtes Gedaechtnis
Institut?«, fragte Adrienne.
»Natürlich«, sagte die alte Frau. »Gunnar ist sein Sohn.«
Sie löste das Foto aus den kleinen Schlitzen, in denen seine Ecken steckten, und drehte es um. Auf der Rückseite stand handschriftlich in verblasster blauer Tinte:
Eiger, Mönch & Jungfrau
von links nach rechts: W. Colby, J. DeMenil, F. Nagy
vorn: T. .Barnes, C. Crane, R. Opdahl
8. September '52: Hotel Eiger (Mürren)
Rückkehr vom Schilthorn!!!
»Und die anderen Männer?«, fragte McBride.
Mamie lächelte. »Spione«, sagte sie.
»Sind sie oft zusammen wandern gegangen?«, fragte Adrienne.
Mamie schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, nur das eine Mal. Sie waren geschäftlich dort.« Sie dachte kurz nach, nickte dann entschieden, als sie sich erinnerte. »Jetzt weiß ich's wieder! Sie hatten gerade die Klinik eröffnet.«
»Die Prudhomme-Klinik«, sagte Adrienne.
Mamie nickte. »Ja. Deshalb gab es eine kleine Feier.«
»Woher haben Sie das Foto?«, fragte McBride.
»Ich hab's selbst aufgenommen«, sagte sie. »Das ist meine Handschrift, nicht Cals. Und es gibt nicht viele Fotos von ihm aus der Zeit.« Sie blätterte rasch ein paar Seiten weiter, bis sie fand, was sie suchte. »Das da ist das einzige andere, das ich kenne — aber es könnte sein, dass Thea noch welche hat.«
Das Foto war im Sommer aufgenommen worden. Es zeigte eine Villa in einer städtischen Wohngegend in Europa. Das Haus erinnerte Adrienne an eines der Botschaftsgebäude auf der Massachusetts Avenue in Washington. Große Steinkübel, aus denen üppige Pflanzen quollen, flankierten eine wuchtige Eingangstür. Und an der Tür, eine Hand an dem Löwenkopfklopfer und mit der anderen in die Kamera winkend, posierte Crane. Neben dem Foto, in derselben krakeligen Handschrift wie auf dem Foto davor, stand:
Der Herr Direktor kommt!
Das Institut (Küsnacht)
3. Juli 1949
»So«, sagte Mamie, während sie langsam aufstand, »ich glaub, ich leg mich jetzt ein bisschen aufs Ohr. Wenn Sie irgendwas brauchen ...« »Oh, wir kommen schon zurecht«, erwiderte Adrienne.
Es regnete jetzt, dicke Tropfen klatschten gegen die Scheiben. Donner grollte über dem Golf. McBride öffnete die Aktentasche und holte ein paar Akten und Umschläge heraus, dann einen Notizblock, zwei oder drei braune Hefter aus Pappe, ein altes Tagebuch und eine Ausgabe des AARP-Bulletin , des Mitteilungsblattes vom Seniorenverband. Außerdem fand er einen dicken Stoß Briefe, die von einem Gummiband zusammengehalten wurden.
Alles in allem ein ziemliches Durcheinander — aber viel versprechend. Sie griffen beide zuerst nach dem Terminkalender, aber Adrienne war schneller. Sie lehnte sich zurück und fing an zu lesen, während McBride die anderen Sachen durchging.
Schnell stellte er fest, dass da nicht viel zu holen war. Es waren überwiegend Kontoauszüge und Rechnungen sowie Briefe an verschiedene Börsenmakler. Der Harvard Building Fund hoffte, in seinem Testament bedacht zu werden, und Sprint hoffte, ihn als Kunden zu gewinnen.
McBride blickte auf. » Irgendwas Interessantes?«
Adrienne schüttelte den Kopf, klappte das Tagebuch zu und legte es auf den Couchtisch. »Lyrik«, sagte sie. »Er hat auf seine alten Tage Gedichte geschrieben.«
»Du machst Witze«, erwiderte McBride und konnte dabei seine Enttäuschung nicht verhehlen.
»Schau es dir selbst an«, sagte sie und entfernte das Gummiband von einem Stoß Umschläge, die sie dann nach und nach durchsah. In der Zwischenzeit nahm McBride die Rechnungen des alten Mannes unter die Lupe. Die Minuten verstrichen.
Schließlich sagte Adrienne: »Das sind fast alles Quittungen. Seine Schuhe hat er bei Church gekauft, seine Bücher auf der Main Street und seine Hosen bei Baecroft & Vane.« Sie blickte auf. »Ich finde hier nichts.«
McBride zuckte die Achseln und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Fotoalbum. Er schlug die Seite mit dem Foto von Crane auf, als er am Institut ankam, und betrachtete sie lange, versuchte, sich zu erinnern.
Adrienne fragte: »Wo liegt dieses Küsnacht?«
»Etwas südlich von Zürich. Dort ist der Hauptsitz des Instituts.« Er verstummte und runzelte die Stirn.
»Was hast du?«
McBride schüttelte den Kopf. »Ich versuche gerade, das Puzzle zusammenzusetzen. Mich zu erinnern, wann genau ich Jeffrey Duran wurde. Und das Letzte, woran ich mich erinnere, das Letzte, woran ich mich wirklich erinnere, ist, dass ich im Institut war. Ich war in der Schweiz, um mit Opdahl das eine oder andere zu
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