Gefärhlich tiefe Sehnsucht (German Edition)
nie. Doch natürlich war es schwierig, sich in einem verschwitzten Baumwollhemd, Stiefeln und alten Jeans, die bei der schweißtreibenden Arbeit ständig Flecken bekamen, wie eine Frau zu fühlen.
Im Karton befanden sich außerdem elegante Schuhe und ein knapper Stringtanga, dessen Material und Farbton dem Kleid ähnelte, sodass er darunter nicht zu sehen war.
Pünktlich um neun Uhr saß Joc im Ambrosia und bekam zu seinem Vergnügen mit, wie Rosalyn den Raum betrat. Er war nicht der Einzige, der sie beobachtete. Natürlich lag es auch an dem Kleid, das sie trug, dass sie so viel Aufmerksamkeit erregte. Der schwarze Stoff bildete einen aufregenden Kontrast zu ihrem roten Haar, dem hellen Teint und ihrer ausgesprochen guten Figur. Aber es war nicht nur das Kleid. Wegen Rosalyns lebendiger Ausstrahlung drehten sich alle nach ihr um.
Joc lächelte. Rosalyn war wirklich wunderbar. In den zehn Zentimeter hohen Schuhen wirkte sie viel größer als sonst. Während sie sich auf langen Beinen anmutig einen Weg zwischen den Tischen hindurch und zu ihm bahnte, glitzerte und funkelte die Perlenstickerei ihres Kleides im gedämpften Licht. Wo sie vorbeikam, stockte die Unterhaltung. Rosalyn schien das gar nicht wahrzunehmen. Genauso wenig bemerkte sie den Oberkellner, der ihr hastig und empört folgte, weil sie ohne Erlaubnis oder Begleitung in sein Herrschaftsgebiet eindrang.
Joc stand auf, als sie näher kam, und ihre Blicke trafen sich. „Du siehst wunderschön aus“, begrüßte er sie.
„Danke.“ Sie verzog leicht die Mundwinkel, während sie seinen Anzug musterte. „Du auch.“
Höflich wartete er, während der Oberkellner ihr den Stuhl zurechtrückte. Dann setzte Joc sich ihr gegenüber. Endlich bemerkte sie den geplagten Mann hinter sich und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, worauf er ihr sofort alles zu verzeihen schien. Joc verbarg seine Belustigung darüber, dass Rosalyn den Wirbel, den sie auslöste, überhaupt nicht wahrnahm.
Möglicherweise war sie durch die harte Arbeit oft zu stark eingespannt, um auf Nebensächlichkeiten zu achten.
Oder die Leute, deren Weg sie kreuzte, spürten einfach, dass sie etwas Besonderes war. Immerhin war es Joc auch sofort aufgefallen. Woran es auch lag, das Ergebnis blieb dasselbe. Rosalyn hinterließ einen unvergesslichen Eindruck, wo immer sie auftauchte. Sie zog die Menschen mit Leichtigkeit in ihren Bann.
Der Sommelier kam, um ihnen die umfangreiche Weinkarte zu präsentieren. Gleich darauf trat der Ober an ihren Tisch und erklärte minutenlang, welche Speisen und Spezialitäten das Restaurant anbot. Sobald sie die Bestellung aufgegeben hatten, sah Rosalyn Joc an. Er erkannte plötzlich, dass sie sehr nervös war.
„Was ist denn los?“, fragte er ruhig.
Sie machte sich nicht die Mühe, Gelassenheit vorzutäuschen. „Ich bin mir nicht sicher, warum ich hier bin.“
„Du kannst jederzeit gehen. Was unser Arrangement hier betrifft, gibt es keine Fallstricke oder Bedingungen.“
Überrascht musterte sie sein Gesicht. „Ich kann meine Meinung ändern, und du bist nicht verärgert?“
Wie immer sagte sie unverblümt, was sie dachte. Das gefiel ihm. „Ich wäre vielleicht enttäuscht, aber nicht verärgert.“ Lächelnd streckte er die Hand aus und hielt sie dicht über ihre Finger, ohne Rosalyn zu berühren. Sie sollte die Wärme spüren – und die Anziehung, die sie aufeinander ausübten. Die Magie zwischen ihnen war zu stark, um sie zu ignorieren. „Aber du wirst deine Meinung nicht ändern.“
Er merkte genau, wie ihre Finger zitterten, kurz bevor sie sich zwang, die Hand ruhig zu halten. Rosalyn hatte einen starken Willen, das musste er zugeben. Und sie war hartnäckig. Doch egal, wie sehr sie sich bemühte, ihre Gefühle zurückzuhalten, ihr Körper verriet sie. Joc brauchte sie nicht einmal zu berühren, um ihre Leidenschaft zu wecken. Behutsam zog Rosalyn die Hand unter seiner hervor und wischte sie sich am Oberschenkel ab. Joc zweifelte nicht daran, dass sie sich dessen kaum bewusst war.
Gerade als sie das innere Gleichgewicht wiedergefunden hatte, wurde ihnen ein halbtrockener Vouvray zusammen mit einer Vorspeisenplatte voller Köstlichkeiten serviert. Rosalyn nahm eine Garnele, dippte sie in die Soße, die der Karte zufolge nach einem Geheimrezept des Chefkochs zubereitet worden war, und probierte einen Bissen.
Genüsslich schloss sie die Augen und seufzte vor Vergnügen. Joc presste die Lippen aufeinander, während er sie dabei beobachtete.
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