Gefahr auf High Heels (German Edition)
Ramirez.
Erleichtert drehte ich mich um.
Und ganz plötzlich war es mit meiner Erleichterung wieder vorbei.
»Was ist das?«, hörte ich mich fragen.
Ramirez war mit einem langen weißen, bauschigen Hemd bekleidet, mit einer Stickerei in schreiendem Rot, Grün und Türkis auf der Vorderseite. Es sah aus wie etwas, das ich in meinem letzten Jahr auf dem College während der Semesterferien in Tijuana gekauft hatte.
»Das guayabera meines Jungen«, sagte Mama. In ihren Augen leuchtete Stolz.
»Es ist … hübsch«, log ich. »Was ist ein guberbera?«, fragte ich, sicher, dass ich das Wort nicht richtig ausgesprochen hatte.
»Guayabera«, korrigierte BillyJo mich mit einem süffisanten Lächeln. »Das ist ein traditionelles mexikanisches Hochzeitshemd.«
Ich warf einen erneuten Blick darauf. »Hochzeitshemd?« Mein Gott. Ich würde einen lebenden Souvenirstand heiraten. »Was meinst du damit: Hochzeitshemd?«
»Es ist eine mexikanische Tradition, dass der Bräutigam ein guayabera bei seiner Hochzeit trägt.«
»Keinen Smoking?«, fragte ich mit auf einmal piepsiger Stimme. Ich sah von dem bauschigen Zelt um seine Taille hoch in Ramirez’ Gesicht.
Er zuckte nur mit den Schultern.
Na toll, von ihm war keine Hilfe zu erwarten.
»Ich finde, es ist zu groß«, sagte ich.
»Nein, nein, das muss so sein«, sagte Mama, am Saum zupfend.
Swoozie nickte. »Wegen der Guaven.«
»Der was?!«
BillyJo meldete sich zu Wort. »In Mexiko will es die Tradition, dass die Familien dem Bräutigam Guaven in die Taschen des guayabera stecken, als Starthilfe für den Bräutigam und die Braut.«
»Wir haben einen ganzen Kühlschrank voll davon«, sagte Mama, Ramirez’ Wange tätschelnd.
Ich blickte hinunter auf die riesigen Taschen. Und bekam prompt wieder meinen Schluckauf, laut und vernehmlich.
»Zucker«, sagte Kiki. »Wenn du einen Löffel Zucker isst, geht der Schluckauf weg.«
Ich nickte. Und wieder passierte es.
»Oh, da fällt mir ein«, sagte Mama, »dass dein Cousin Nico, der in der Zuckerfabrik arbeitet, angerufen hat. Er sagte, er bringe die ganze Familie aus Mexico City mit. Sie kommen am Mittwoch an. Er kann es gar nicht erwarten, seinen Cousin unter die Haube zu bringen.«
Ich spürte, wie sich eine Falte zwischen meinen Brauen bildete. »Nico? Haben wir ihm eine Einladung geschickt?«
Dieses unwichtige Detail tat Mama mit einem Winken ab. »Keine Sorge. Wir brauchen keine schicken Einladungen. Das ist schon in Ordnung.«
Mein Magen zog sich ängstlich zusammen. »Aber es kommt doch nur Nico, oder?« Ein neuerlicher Schluckauf.
Sie sah mich mit einem unschuldigen Blick an. »Und noch ein paar mehr.«
Mir wurde auf einmal schwindelig. »Wie viele sind ›ein paar mehr‹?«
»Na ja …« Mama tippte mit dem Finger auf ihr Kinn und zählte laut mit nach oben verdrehten Augen. »Da sind Nico und seine Familie, dann meine Cousine Amelia und ihr Sohn und seine beiden Jungs und die Mädels aus Arizona, dann Rosa, die Tante deines Vaters, und ihre Kinder und … Ich weiß nicht, vielleicht einhundert?«
Ich packte Ramirez’ Arm, um mich festzuhalten. »Einhundert?«, krächzte ich.
Mama sah mich mit ausdruckslosem Blick an. »Was ist? Deine Mom sagte, in den Garten passen vierhundert.«
»Aber die Planungen sind doch schon seit Wochen abgeschlossen! In der letzten Minute hundert Gäste mehr, das geht einfach nicht.«
BillyJo sah mich mit schmalen Augen an. »Oh, dann ist also nur deine Familie wichtig genug, um eingeladen zu werden?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht gemeint. Wir haben viele von Jacks Freunden eingeladen. Und seiner Familie.« Anscheinend nur nicht alle sechs Millionen.
Als mich die Armee der Tanten mit demselben strengen Blick fixierte, spürte ich, wie sich zwischen meinen Augen Kopfschmerzen zusammenbrauten. Ich war ganz entschieden in der Unterzahl.
Ich kniff mir in den Nasenrücken. »Okay, es ist ja nicht so, als würde ich nicht die ganze Familie hierhaben wollen …« Lügnerin. »… ich bin nur nicht sicher, ob es genug für alle zu essen gibt.«
Mama winkte mit einem Lächeln ab. »Oh, mach dir mal darüber keine Sorgen. Dann mache ich eben ein paar Tamales mehr.«
»Tam-(Schluckauf)-ales?«
Sie nickte.
»Nein, nein, nein.« Ich merkte, wie mir plötzlich die Kontrolle entglitt. »Um das Essen kümmert sich ein Caterer. Es gibt Hühnchen Kiew, Babykarotten und Ofenkartoffeln mit Sahnesoße. Einfach. Elegant«, sagte ich, wobei meine Stimme eine
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