Gefahrenzone (German Edition)
sein Vorgänger in einem ganzen Monat.«
Ryan ergänzte: »Es sieht bei ihm eben alles nicht so schlimm aus. Mit seinem breiten Grinsen und seiner Eliteuniversitätskrawatte bekommt er in den weltweiten Medien immer eine gute Presse.«
Jack schüttelte den Kopf und dachte, dass Wei Zhen Lin der Weltpresse weit sympathischer war als John Patrick Ryan. Er verzichtete jedoch darauf, dies laut zu äußern.
»Was hat er vor? Warum dieses Säbelrasseln? Soll das nur seine Partei und sein Militär aufrütteln? Scott?«
»Wir sehen das nicht so«, antwortete der Außenminister. »Es hat in der letzten Zeit etliche öffentliche Aussagen von Generälen und Admirälen gegeben, die diesen Tenor hatten. Es scheint ihnen auch gelungen zu sein, den Nationalstolz anzufachen und eine feindliche Stimmung gegen ihre Rivalen in der Region zu befördern. Wenn jetzt auch noch ihr entschieden nicht-militaristischer Präsident und Generalsekretär ins gleiche Horn stößt und seine Generäle in dieser Hinsicht unterstützt, muss er wissen, dass er damit den Rest der Welt vor den Kopf stößt. Das sind also keine einfachen politischen Profilierungsübungen. Dies scheint vielmehr ein aggressiver Politikwechsel zu sein.«
Ryan beugte sich nach vorn. »Sie meinen also, dass dies tatsächlich bedeutet, dass sie die Volksbefreiungsarmee und ihre Marine losschicken werden, um das Südchinesische Meer unter ihre Kontrolle zu bringen?«
»Wir im Außenministerium sind in der Tat besorgt, dass man das chinesische Militär dazu benutzen könnte, Chinas Einfluss nach Süden auszudehnen.«
Ryan wandte sich an die Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste. Als Chefin aller siebzehn US-Geheimdienste hatte Mary Pat Foley einen höheren Informationsstand als irgendwer sonst in diesem Raum.
»Was bedeutet das alles, Mary Pat?«
»Ehrlich gesagt, nehmen wir Wei beim Wort. Wir erwarten, dass sie schon bald auf einer unbefestigten umstrittenen Insel Truppen landen lassen und dass sie ihre Flotte ausschicken werden, um bisher internationale Gewässer nicht mehr nur rhetorisch, sondern mit Kanonenbooten für sich zu beanspruchen.«
»Warum jetzt?«, wollte Ryan wissen. »Wei ist Wirtschaftsfachmann. Er hat sich zuvor doch noch nie dermaßen militant gezeigt.«
Jetzt war Verteidigungsminister Bob Burgess an der Reihe. »Richtig, aber da kommt der Vorsitzende Su ins Spiel. Vor dem Staatsstreich verfügte er bereits über großen Einfluss. Nachdem er jedoch im Sommer Weis Arsch gerettet hat, als er seine Panzer ins Regierungsviertel schickte, um das Ministerium für Öffentliche Sicherheit an einer Verhaftung des Präsidenten zu hindern, können wir wohl davon ausgehen, dass Su jetzt die Fäden zieht. Wei kann ja unmöglich annehmen, dass es seiner Wirtschaft groß helfen wird, wenn man einen größeren Teil des Südchinesischen Meeres unter chinesische Kontrolle bringt. Sicher, dort gibt es Öl, Mineralien und Fisch, aber die Verwerfungen mit dem Westen, die das verursachen wird, sind das Ganze bestimmt nicht wert.«
Dies konnte Handelsministerin Regina Barnes nur bestätigen: »Es besteht sogar die Gefahr, dass größere militärische Aktionen im Südchinesischen Meer der Volksrepublik wirtschaftlich schwer schaden. Die Chinesen hängen von einer sicheren Passage der Frachter und Tankschiffe ab, die sie mit allem Nötigen versorgen. Diese Passage wird jedoch unterbrochen werden, wenn es in diesen Gewässern zu irgendwelchen Feindseligkeiten kommt. Saudi-Arabien ist Chinas größter Öllieferant, was niemand überraschen wird. Überraschender ist vielleicht, dass Angola der zweitgrößte ist. Das Öl beider Länder gelangt auf Tankern durch das Südchinesische Meer ins chinesische Mutterland. Jede Unterbrechung des Schiffsverkehrs in diesem Seegebiet würde die chinesische Industriemaschinerie in weiten Teilen lahmlegen.«
»Schauen Sie sich nur die Straße von Malakka an«, ergänzte Foley. »Dieser Engpass ist die Schwachstelle, und die Chinesen wissen das. Es ist ihre Achillesferse. Bis zu achtzig Prozent allen Öls, das nach Ostasien unterwegs ist, passiert die Straße von Malakka.«
»Sir, vielleicht tut Wei das gar nicht, um der Wirtschaft zu helfen«, gab Botschafter Li zu bedenken. »Vielleicht macht Wei das, um sich selbst zu schützen.«
»Schützen wovor oder vor wem?«
»Vor dem Vorsitzenden Su. Vielleicht stimmt er dem Ganzen nur zu, um Su zu beschwichtigen.«
Ryan fixierte einen Punkt auf der gegenüberliegenden Wand des Oval
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