Gefahrenzone (German Edition)
ausüben. Wenn jemand in Ihrem Haus lebt, ohne dass Sie ihn eingeladen haben, werfen Sie ihn nicht einfach hinaus, wenn Sie ein guter Mensch sind. Sie teilen ihm erst einmal mit, dass er gehen muss, bevor Sie weitere Schritte unternehmen.
Meine Vorgänger haben seit etwa sechzig Jahren solche Erklärungen abgegeben. Ich sehe also keinen Grund, warum ich dasselbe tun sollte. Als Führer meines Volkes sehe ich es als meine Aufgabe an, den Nationen, die sich unrechtmäßig auf unserem Hoheitsgebiet niedergelassen haben, zu verkünden, dass wir uns unseren rechtmäßigen Besitz im Südchinesischen Meer zurückholen werden. Und zwar nicht irgendwann in der Zukunft, sondern sofort.«
Wei schaute jetzt direkt in die Kamera und wiederholte: »Sofort!
Wenn bei dieser Aufgabe der Einsatz von Gewalt notwendig werden sollte, muss die Weltgemeinschaft einsehen, dass die Verantwortung dafür nicht bei uns, sondern bei denjenigen liegt, die sich auf chinesischem Gebiet festgesetzt haben und die höfliche Aufforderung, sich von dort zurückzuziehen, ignorieren.«
Wei schob seine Brille höher auf die Nase, schaute erneut direkt in die Kamera und lächelte. »Wir bemühen uns seit vielen Jahren, zu Ländern auf der ganzen Welt gute Beziehungen aufzubauen. Gegenwärtig treiben wir mit hundertzwanzig Nationen Handel und betrachten uns vor allen Dingen als Freunde unserer Geschäftspartner. Unsere Schritte in diesem kritischen Gebiet des Südchinesischen Meers sollte man als Versuch anerkennen, die Seewege für alle sicherer zu machen. Wir handeln also im Interesse der Weltwirtschaft.«
Er setzte ein breites Lächeln auf und sagte dann in einem holprigen, aber gut verständlichen Englisch: »Ladies and gentlemen, China is open for business.«
Er wechselte wieder ins Hochchinesische zurück. »Vielen Dank. Ich wünsche Ihnen allen Wohlstand und Glück.«
Der Präsident ging nach der Seite ab. Die Kamera zoomte zum Schluss auf die Karte des Südchinesischen Meers, sodass jetzt die Neun-Striche-Linie deutlich hervortrat, die fast das gesamte Seegebiet umschloss.
Während dieses Bild auf Hunderten Millionen chinesischer Fernsehgeräte zu sehen war, spielte im Hintergrund die »Internationale«, die Hymne der Kommunistischen Partei Chinas.
20
A m Montagmorgen nach Präsident Weis Ansprache an die Nation waren um zehn Uhr im Oval Office die wichtigsten Mitglieder der amerikanischen Regierung versammelt. Zwölf Männer und Frauen saßen auf den beiden Sofas und den sechs Stühlen, während der Präsident der Vereinigten Staaten Jack Ryan seinen eigenen Stuhl vor den Schreibtisch gerollt hatte, um näher am Geschehen zu sein.
Präsident Ryan hatte zuerst daran gedacht, das Treffen im Konferenzbereich des Situation Rooms im Untergeschoss des Westflügels des Weißen Hauses abzuhalten. Er hatte sich dann jedoch für das Oval Office entschieden, da China außer vagen Drohungen in einer verklausulierten Diplomatensprache eigentlich noch nichts Wesentliches unternommen hatte. Außerdem wollte Ryan, dass er und seine engsten Mitarbeiter sich endlich auf eine Aufgabe konzentrierten, die seine Regierung seiner Meinung nach in ihrem ersten Amtsjahr etwas vernachlässigt hatte.
Für einen solchen Zweck war das Oval Office mit seiner Ausstrahlung von Autorität der geeignetere Ort.
Auf dem Sofa direkt vor Ryan saß Außenminister Scott Adler neben der Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste Mary Pat Foley. Neben ihnen hatte Vizepräsident Rich Pollan Platz genommen. Auf dem zweiten Sofa auf der anderen Seite des Couchtischchens saß der Direktor der CIA Jay Canfield zwischen Verteidigungsminister Bob Burgess und Ryans Stabschef Arnie van Damm. Die Nationale Sicherheitsberaterin Colleen Hurst hatte sich den bequemen Ohrensessel hinter dem Couchtisch gesichert. Auf den restlichen Stühlen saßen links und rechts neben ihr der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, General David Obermeyer, der US-Botschafter in China Kenneth Li und Justizminister Dan Murray.
Ein Stück dahinter hatten der Direktor der NSA und die Handelsministerin Platz genommen.
Ebenfalls anwesend war der Kommandeur der Pazifik flotte, Admiral Mark Jorgensen. Verteidigungsminister Bur gess hatte um die Erlaubnis gebeten, Jorgensen mitbringen zu dürfen, da dieser Chinas Flottenverbände im Südchinesischen Meer besser kannte als irgendwer sonst.
Als sich alle gesetzt und gegenseitig begrüßt hatten, schaute Ryan Botschafter Kenneth Li an. Den ersten
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