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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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hatte nicht gelogen. Dawn hatte sich für ihn entschieden und das war mehr als genug. In jenem Moment und für die Tage, die noch kamen, war er zu besessen von ihr, um sie um etwas anderes zu bitten.

28. KAPITEL
    I n jenem Sommer hatte sich Dawn mit der ältesten Tochter der Narrows angefreundet, der achtzehnjährigen Annie. Annie hatte ein Stipendium für eine Krankenschwesternschule in Georgia erhalten, aber nun, wo Lester und Annies Brüder ihre Jobs verloren hatten, wurde sie dringend zu Hause gebraucht. Sie arbeitete für fünfundsiebzig Cents pro Stunde bei einem Pflegedienst, was etwas besser bezahlt wurde als die vier Dollar pro Tag, die Beulah als Hausangestellte verdiente. Und Beulah und Annie waren die einzigen Verdiener der Familie.
    Im Laufe des Sommers beobachtete Dawn, wie das Strahlen aus Annies Augen verschwand. Sie war ehrgeizig und auserwählt, dieses Stipendium zu bekommen, aber ihre Träume zerplatzten trotzdem. Annie beklagte sich nicht, obwohl sie und alle anderen wussten, dass ihr Vater und die Brüder ihren Job verloren hatten, weil die Narrows für die Bürgerrechte eintraten.
    Annies Job wäre genauso wie der Job ihrer Mutter verloren gewesen, wenn die Familien, für die sie arbeiteten, dem Druck der Gemeinde nachgegeben und sie gefeuert hätten. Außerdem hätte niemand sonst sich für so wenig Geld um ihren Patienten gekümmert. Beulahs Arbeitgeber, alteingesessene Aristokraten aus Bonne Chance, hatten sie nur behalten, weil sie in ihren Augen zur Familie gehörte.
    „Hast du entschieden, was du tun wirst?“, fragte Dawn Annie an einem Tag Mitte August. Die beiden jungen Frauen fächelten sich träge mit Palmwedeln Luft zu. Dawn hatte den ganzen Morgen Unterricht zum Ausfüllen der Registrierungsformulare gegeben. Bislang hatte sich noch nicht eine Frau aus ihrer Klasse erfolgreich registriert, obwohl die meisten von ihnen die Verfassung inzwischen vorwärts und rückwärts aufsagen konnten.
    „Die Schule wird warten müssen“, sagte Annie.
    „Hast du darüber nachgedacht, wegzugehen und dir woanders einen Job zu suchen? Du könntest Geld nach Hause schicken.“
    „Ich brauche jeden Cent zum Leben. Ein Stipendium deckt nicht alles ab.“ Annie trug immer noch die weiße Nylonuniform, auf der ihr Arbeitgeber bestand. Sie strich eine imaginäre Fluse vom Kittel. „Weißt du, was das Schlimmste ist? Selbst wenn ich hierbleibe, schaffen wir es kaum. Ich brauche einen besser bezahlten Job, aber ich könnte genauso gut auf den Mond fliegen wollen. Die Leute hier denken, dass ich jetzt schon zu viel bekomme.“
    „Einen besseren Job …“ Ein Job war nicht die Lösung, die Dawn für Annie vorschwebte, aber es war vielleicht eine Notlösung. „Würdest du nach New Orleans ziehen? Wenn die Bezahlung dort besser wäre?“
    „Wie soll ich an einen Job in New Orleans herankommen?“ Annie hob den Kopf. Ihre Haut hatte einen honigfarbenen Ton, ihre Augen waren dunkler. Nun starrten diese Augen durch Dawn durch.
    „Sei nicht böse! Ich denke nur laut“, erklärte Dawn. „Meine Großmutter kennt vielleicht jemanden, der Hilfe benötigt. Meine Mutter möglicherweise auch. Was soll falsch daran sein, wenn ich einen Job für dich suche? Würdest du nicht dasselbe für mich tun?“
    „Du könntest keinen einzigen der Jobs annehmen, die ich für dich finden würde“, erwiderte Annie unverblümt. „Schon der Versuch würde dich umbringen.“
    „Du hältst mich wohl für eine Mimose?“
    „Ich werde es auf meine Art regeln. Ich weiß, dass du versuchst, mir zu helfen, aber das will ich nicht.“ Annie erhob sich, ging durch den Garten und verschwand im Maisfeld.
    „Sie will einfach nur, dass du ihre Freundin bist.“ Die Küchentür schlug zu, als Hugh Dawn auf der Veranda Gesellschaft leistete. Er war bis auf den weißen Kragen lässig angezogen. Er sah absolut nicht aus wie ein Priester, eher wie ein gut aussehenderälterer Mann, der mit seinen Augen bis auf den Grund der Seele seiner Nichte zu blicken schien.
    Dawn hatte seit Wochen keine Gelegenheit mehr gehabt, mit ihrem Onkel zu sprechen. Sie war froh, dass es nun so weit war. Dawn wusste, dass er zum Abendessen erwartet wurde. Einige Familien wollten später zu den Narrows kommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Führer der Gruppe trafen sich immer, als ob sie zufällig zu Besuch kommen würden. Sie wurden ständig beobachtet, aber meistens vergeudeten die Gemeinderatsmitglieder damit ihre Zeit.
    Sie erhob sich langsam

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