Gefahrliches Vermachtnis
kühle Getränke und Dawn fotografierte einen Silberreiher am Straßenrand.
Das Grundstück lag oberhalb eines Zypressenfelds. Der schwere Sommerregen hatte die Wege weggewaschen; sie wateten zu den Treppenstufen eines kleinen Ferienhauses. Ben war überrascht, wie fest sie seine Hand drückte, als das Wasser ihr an der tiefsten Stelle bis zum Knie reichte.
„Ich mag diesen Ort eigentlich nicht besonders“, gestand sie, sobald sie den versteckten Schlüssel gefunden hatten und insHaus hineingegangen waren. „Das eine Mal, als ich hier war, bin ich die ganze Nacht wach geblieben und habe mich gefragt, wann hier alles im Moor versinken würde. Ich hatte Angst, dass ich unter Massen von Schlamm aufwachen könnte.“
„Wir Leute aus dem Mississippidelta haben Schlamm im Blut.“
Sie grinste. „Da hinten ist ein Generator für die Ventilatoren und die Pumpe. Siehst du nach, während ich das Haus lüfte?“
Ben brachte den Generator innerhalb von Minuten zum Laufen. Senator Gerritsen nutzte das Ferienhaus vielleicht nicht oft zu seinem eigenen Vergnügen, aber er hatte dafür gesorgt, dass es denen, die es nutzten, an nichts fehlte. Das Haus war einfach konstruiert und gut in Schuss. Als Ben zu Dawn zurückkehrte, erfüllte frische Luft das Häuschen.
„Hast du großen Hunger?“, fragte Dawn.
Er beobachtete, wie sie die Schränke öffnete, um Teller und Gläser herauszuholen. Als sie sich ausstreckte, um eines der oberen Regale zu erreichen, rutschte ihre weiße Bluse hoch und gab den Blick auf ihre Taille frei. „Ich bin am Verhungern.“
„Du scheinst unersättlich zu sein.“
Er wusste, auf was er Appetit hatte. „Du bist erst einmal hier gewesen? Wann?“
„Im Sommer bevor ich in Ungnade gefallen bin und man mich weggeschickt hat. Ich war mit meinem Vater hier. Ganz alleine.“ Sie spülte ein Glas aus und hielt mitten in der Bewegung inne. „Wir waren so gut wie nie alleine unterwegs. Ich kann mich an jedes einzelne Detail des Wochenendes erinnern, weil es so ungewöhnlich war.“
„Du bist doch nicht in Ungnade gefallen?“
Sie lächelte schief. „Ich glaube, da bist du einer der wenigen aus Louisiana, die dieser Meinung sind.“
„Warum seid ihr hier gewesen? Weißt du das noch?“
„Um auf andere Gedanken zu kommen. Daddy gehört normalerweise nicht zu der Kategorie Mensch, die viel Zeit mit Nachdenken verbringt.“
Ben vermutete, dass das Denken für jemanden in Ferris’ Position nur eine Belastung darstellte, aber er behielt den Gedanken für sich, während sie fortfuhr. „Ich glaube, er hatte die Politik satt und wollte wenigstens mal kurz weg von allem. Also packten wir unsere Sachen und fuhren zum Angeln hierher. Ich dachte, es wäre eine gute Möglichkeit, ihn etwas besser kennenzulernen.“
„Und? Hast du?“
„Er ist sehr schwer zu durchschauen.“
„Was hast du über ihn erfahren?“
„Warum interessiert dich das so sehr?“
„Na ja, oberflächlich betrachtet sind er und dein Onkel so unterschiedlich, wie zwei Menschen nur sein können. Du bist auch anders als er. Ich frage mich bloß, ob du herausgefunden hast, wie er tickt – oder vielleicht, ob ihr euch im Inneren sogar ähnlich seid.“
„Du magst meinen Vater nicht, Ben. Das weiß ich.“
„Ich bin dem Mann nie begegnet.“
„Aber du magst nicht, wofür er steht.“
„Nein. Und du auch nicht.“
Sie trocknete das Glas ab. „Er kann so charmant sein. Wenn er glaubt, es lohnt sich, bekommst du seine absolute Aufmerksamkeit. Eigentlich genau wie Onkel Hugh. Aber wenn Daddy dir direkt in die Augen schaut, dann kannst du an nichts anderes mehr denken, als dass du ihm gefallen willst. Verstehst du?“
Ihm wurde klar, dass er nie wirklich verstanden hatte, wie schwierig und mutig ihre Auflehnung gegen Ferris’ Haltung zur Rassentrennung war. „Ich verstehe dich. Ich habe meinen Vater auch geliebt.“
„Daddy sprach nach der Sache mit der Einschreibung jahrelang kaum ein Wort mit mir. Er hat mich nie angebrüllt. Er hat mir bloß gesagt, dass ich für den Rest des Jahres eine Schule in einem anderen Bundesstaat besuchen würde, und fortan darauf geachtet, dass wir nie wieder alleine miteinander waren.“Ben spürte, wie tief sie das verletzt hatte. „Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte dich angebrüllt.“
„Na ja, ich bin nicht mehr wütend. Ich habe eine zweite Chance bekommen, aber ich glaube, ich bin da eine Ausnahme. Er empfindet sehr viel, Ben, aber Loyalität ist ihm wichtiger als
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