Gefahrliches Vermachtnis
und schloss die Tür hinter sich. „Was, um alles in der Welt, ist passiert? Hattest du einen Unfall?“
„Lass es mich so formulieren: Largo Haines’ Männer haben mich kurz vor Bonne Chance ein bisschen bearbeitet.“
„Ben …“ Sie berührte seine Wange. „Brauchst du einen Arzt? Soll ich dich ins Krankenhaus bringen?“
„Es geht mir gut.“
„Aber du musst untersucht werden. Du musst sie anzeigen …“ Der Ausdruck in seinen Augen schockierte sie. „Du wirst sie nicht anzeigen?“
„Es waren vier gegen einen, Dawn. Kennst du irgendjemanden im Süden von Louisiana, der mir eher glauben würdeals ihnen? Wenn ich sie anzeige, werden sie sagen, dass ich zu schnell gefahren bin und Ärger gemacht habe.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Bist du sicher, dass es seine Männer waren?“
„Haines war dabei.“
Sie fragte nicht nach den Gründen; sie kannte sie bereits. Eigentlich war es ein Wunder, dass es so lange gedauert hatte.
„Was wirst du nun unternehmen?“
„Ich werde Pater Hugh anrufen, um ihn zu warnen. Dann werde ich zu Abend essen und deine Eltern kennenlernen. Danach fahre ich nach Bonne Chance zurück.“
„Onkel Hugh sagt, du riskierst zu viel. Er sagt, du provozierst die Leute beinahe zur Konfrontation! Wirst du damit weitermachen, wenn du zurück bist? Glaubst du nicht, du solltest dich eine Weile zurückhalten?“
„Niemand wird sich mehr zurückhalten, Dawn. Dieses Treffen, bei dem dein Onkel heute dabei war, endete mit der Entscheidung, nächste Woche eine öffentliche Sitzung einzuberufen. Die Leute haben es satt, noch länger zu warten. Sie werden sich organisieren, und dann werden sie Leute aus New Orleans einladen und sie bitten, ihnen zu helfen. Der Grundstein ist gelegt. Haines spürt das. Ich war seine Warnung.“
Sie legte die Hand auf seinen Nacken und zog seinen Kopf zu sich hinunter. „Bitte! Ich mache mir Sorgen um dich. Geh heute Nacht nicht dorthin zurück! Du kannst hierbleiben. Wir haben genug Platz.“
„Heute Nacht wird noch nichts passieren. Aber bald.“
„Möchtest du jetzt wirklich mit hineinkommen? Ich könnte meinen Eltern sagen …“
„Ich bin hier. Also los.“
Sie wünschte, sie hätte ihn niemals gebeten zu kommen. Er war voller kalter Wut. Aus seiner Sicht hatte sich die Welt in dieser Nacht in zwei Lager geteilt, und nun gab es keine Möglichkeit mehr, dass das Abendessen mit ihren Eltern einigermaßen gut ausgehen würde. Ben wusste, dass Largo Hainesein Freund ihres Vaters war.
Sie öffnete die Tür und Ben hielt sie ihr auf. Ihre Eltern standen in der Empfangshalle, um ihn zu begrüßen. Dawn schaute von ihrer Mutter zu ihrem Vater und bemerkte ihr vorsichtiges, höfliches Lächeln und die abschätzenden Blicke. Da ahnte sie, dass auch sie irgendwann in naher Zukunft entscheiden musste, auf wessen Seite sie stand.
29. KAPITEL
I n die garconnière drang kein Lüftchen. Selbst der Sturm schien eine Pause zu machen. Dawn war so in ihrer Vergangenheit gefangen, dass sie nicht bemerkte, wie sehr sie schwitzte. Ihr Rock klebte an ihren feuchten Beinen. „In der Nacht, als du zu meinen Eltern nach Hause kamst, wusste ich, dass ich mich zwischen dir und ihnen entscheiden musste.“
„Ich erinnere mich an diese Nacht. Deine Eltern wollten mich nicht bei sich haben. Dein Vater war nur mit Mühe höflich.“
„Und du hast ihn jedes Mal, wenn du den Mund öffnetest, gegen dich aufgebracht. Largo Haines hatte dich zusammengeschlagen, aber du hast meinen Vater dafür bestraft.“
„Dein Vater und Largo Haines sind Freunde!“
„Mein Vater hat dir nichts getan!“
„Was willst du damit sagen? Dass dein Vater ganz offen für alles war? Dass er mich unbedingt kennenlernen wollte?“
„Du hast ihm nie eine Chance gegeben.“
„Aber ich habe dir eine Chance gegeben. Ich bat dich, mich zu diesem Treffen in der Kirche zu begleiten und mich zu unterstützen.“
„Du hast mir die Wahl gelassen. Siehst du den Unterschied nicht? Du hast mit meiner Familie zu Abend gegessen und uns dann alle über einen Kamm geschoren. Ich habe doch gespürt, wie sehr du dich in den Wochen danach verändert hast! Du hast mich angesehen, als ob du in meine Seele sehen wolltest. Ich hatte mich nicht verändert, aber das wolltest du nicht verstehen.“
„Ich habe dich mit deinen Eltern gesehen und Angst bekommen.“
„Du hast mir damals nicht vertraut und du vertraust mir immer noch nicht. Und wenn ich dir erzähle, was in der Nacht von Onkel
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