Gefahrliches Vermachtnis
Hughs Tod passiert ist, wirst du mir immernoch nicht glauben.“
Er verzog sein Gesicht. „Das werden wir nie herausfinden.“
„Ich werde es dir erzählen, Ben. Ich werde es dir erzählen, damit wir damit ein für alle Mal fertig sind.“
Sie wandte ihm den Rücken zu und ging ans Fenster. Die Sonne versank am Horizont und dunkle Sturmwolken zogen vom Wasser auf. Sehr bald würde es ganz dunkel sein und noch mehr Regen und Wind würden folgen. Sie dachte an die Nacht vor mehr als siebzig Jahren, als eine Frau und ihre Kinder dem Auge eines Hurrikans ausgesetzt worden waren. Dawn wusste nur zu gut, wie schnell sich das Leben ändern konnte. Und dass man nichts dagegen unternehmen konnte, wenn das Schicksal erst einmal seinen Lauf genommen hatte.
Sie spürte, dass Ben hinter sie trat, doch sie drehte sich nicht um. „Ich hatte den ganzen Sommer auf den Moment gewartet, an dem mein Vater mich herausfordern würde. Mittwochnachmittag war es so weit.“
Ferris kam aus seinem Arbeitszimmer, als Dawn gerade daran vorbeiging. Sie hatte den Morgen in der Dunkelkammer verbracht, die sie provisorisch in einem der Gästebäder eingerichtet hatte. Überraschenderweise war ihre Mutter davon begeistert gewesen. Sie hatte den Morgen im Dunkeln verbracht, um Dawn beim Entwickeln ihrer Schwarz-Weiß-Fotografien zuzusehen. Cappy hatte nicht viel gesagt, aber sie war geblieben, bis die Arbeit fertig war. Und sie hatte um einen Abzug gebeten, den sie ihren Freunden zeigen wollte.
Ferris begrüßte Dawn, legte den Arm um ihre Schulter und führte sie in sein Arbeitszimmer. „Erzähl mir, was du in letzter Zeit so getan hast“, forderte er sie auf. „Wir haben uns schon lange nicht mehr unterhalten.“
Er hatte recht: Sie hatte ihn nach dem Abendessen mit Ben gemieden. Ferris’ Abneigung war offensichtlich gewesen und Ben war gleich nach dem Nachtisch wieder nach Bonne Chance zurückgefahren. Er hatte sie auf der Veranda fest an sich gedrückt,aber seine Gedanken waren woanders gewesen. Sie hatte gespürt, wie er ihr entglitt.
Nun versank sie in einem Ledersessel und suchte nach einem neutralen Thema, während sie die gerahmten Diplome und Urkunden an den dunklen Holzwänden betrachtete. „Ich habe für eine neue Kamera gespart und ich habe sie mir gestern gekauft. Ich versuche, alles zusammenzukriegen, was ich brauche, um als Freiberuflerin zu arbeiten.“
„Warum diese Eile? Du hast noch ein Jahr Studium vor dir.“
„Ich denke, ich könnte nächstes Jahr noch ein paar Kurse belegen und Vollzeit arbeiten. Ich brauche Erfahrung.“
„Du bist immer noch sehr jung. Du könntest deine Karrierepläne noch einmal ändern und dann hättest du keinen Universitätsabschluss.“
„Ich werde den Abschluss machen, das verspreche ich. Es passiert nur einfach so viel …“
„Was passiert denn so Wichtiges?“
Sie spürte, dass in dieser Frage noch etwas anderes steckte als bloße väterliche Neugier. Sie zögerte, weil sie sich bewusst war, dass ihm ihre Antwort nicht gefallen würde. „Diese Sachen, die hier und im Plaquemines Parish passieren.“
Er hob die Brauen. „Das ist ein bisschen vage.“
„Na gut. Die Art, wie man den Schwarzen ihre Rechte verweigert.“
„Du sprichst über die Kampagne deines Onkels, oder?“
Sie wünschte, sie hätte die Unterhaltung noch einmal von vorne beginnen können. „Die Wählerregistrierung ist ein Teil dessen, was da draußen passiert. Das kann man nicht ignorieren.“
„Du willst es nicht ignorieren.“
„Hast du mich deshalb hierher gebeten?“
„Was versuchst du, mir anzutun, Schätzchen?“
„Ich bin nur besorgt darüber, dass man amerikanischen Bürgern ihre Rechte verweigert. Das ist alles.“
In der Ecke stand eine gut bestückte Bar. Ferris ging hinüber und füllte ein Glas mit Scotch und Eiswürfeln. „Ich werde diesmal für ein höheres Amt kandidieren. Wusstest du das?“
Dawn hatte den Verdacht, dass diese Unterhaltung etwas länger dauern würde. Sie schlug die Beine übereinander. „Ich wusste, dass es eines Tages so weit sein würde.“
„Ich bin noch nicht sicher, für welches Amt, aber ich werde kandidieren. Weißt du, wie wichtig die Unterstützung einiger Leute aus Plaquemines für mich ist?“
„Ich nehme an, wir sprechen nicht über die schwarze Bevölkerung, stimmt’s?“
Er lachte. „Du warst immer so ein ernstes kleines Mädchen. Ich hätte nie gedacht, dass du einmal Humor haben würdest.“
„Wie könnte mein Interesse an der
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