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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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mehrfach damit gedroht. Er war sogar weggefahren, aber am späten Nachmittag dann doch wieder zurückgekehrt. Spencer kannte Ferris. Er wusste, dass der sich nicht von seinen Gefühlen leiten ließ, wenn es für ihn nicht von Vorteil war.
    Von Anfang an hatte Ferris kundgetan, dass die Verlesung des Testaments für ihn einer Farce gleichkam. In diesem Punkt stimmten sie immerhin überein. Spencer hatte das Ganze sogar diskret zusammen mit verschiedenen Juristen überprüft, und sie waren zu einem übereinstimmenden Ergebnis gekommen: Auf den extravaganten Trick, Menschen mehrere Tage zum Zuhören zu zwingen, wäre kein Gericht der Welt eingegangen. Spencer hatte Aurore das schon bei ihrem ersten Gespräch darüber wissen lassen, aber sie kannte ihre Familie besser als er. Sie hatte gewusst, dass sie bleiben würden, weil sie alle Fragen hatten, die dringend beantwortet werden mussten.
    „Ich persönlich würde die Sache gerne abschließen“, bemerkte Ferris. „Mit Ihrer Erlaubnis – darf ich die anderen zusammentrommeln?“
    „Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen“, erwiderte Spencer. „Im Morgenzimmer? So bald wie möglich?“
    „Ich habe nicht vor, einen Staatsakt daraus zu machen. Wenn das hier nicht so läuft, wie ich es erwarte, werde ich das Testament anfechten.“
    „Ich war der Anwalt Ihrer Mutter, Ferris – ihr Erfüllungsgehilfe, nicht die treibende Kraft. Dennoch habe ich Ihr Unbehagen genossen.“ Spencer lächelte erneut, doch diesmal lächeltenseine Augen nicht mit. „Ich habe es sehr genossen.“
    Nach zehn Minuten waren alle versammelt. Dawn sah blass und mitgenommen aus. Cappy wirkte ruhiger als je zuvor. Sie hielt die Hände im Schoß verschränkt, saß neben ihrer Tochter und wirkte, als ob sie schützend eingreifen würde, falls nötig.
    Ben hatte sich Nicky, Jake und Phillip angeschlossen. Sie saßen weit entfernt von Dawn und ihren Eltern. Spencer tat es leid, das zu sehen. Er hatte gehofft … Was hatte er denn gehofft? Was hatte Aurore gehofft? Dass Ben und Dawn wieder zueinanderfinden würden? Dass die Wahrheit die Welt wieder einrenken würde? Spencer hatte sie davor gewarnt, dass die Wahrheit die Dinge möglicherweise auch außer Kontrolle geraten lassen könnte.
    Pelichere betrat den Raum. Sie schloss die Tür hinter sich und blieb davor stehen. Spencer fragte sich, wem damit gedient wäre, falls sie dafür sorgte, dass niemand den Raum verließ.
    „Ich werde einen Brief vorlesen“, erklärte er. „Er ist von Aurore an Sie alle. Danach werde ich mit den gesetzlichen Bestimmungen fortfahren und jedem von Ihnen mitteilen, was Aurore Ihnen vererbt hat. Sie alle bekommen Kopien des Testaments.“
    „Dürfen wir uns danach endlich von hier entfernen?“
    „So wie dieser Sturm sich zu entwickeln scheint, sollten Sie das sogar.“
    Spencers Finger waren kalt. Es fiel ihm schwer, den Brief, den er in seiner Brieftasche aufbewahrt hatte, auseinanderzufalten. Die Handschrift wirkte elegant, aber unsicher. Aurore hatte den Brief einen Monat vor ihrem Tod selbst zu Papier gebracht. Sie wollte sich mit ihren eigenen Worten ausdrücken.
    „Es gibt keine Anrede.“ Das hatte Spencer überrascht, bis ihm bewusst wurde, dass Aurore nicht wusste, wie sie diese merkwürdige Ansammlung ansprechen sollte. Einige gehörten zur Familie. Andere wussten nichts davon und wieder andere gehörten zu ihren Freunden. Auf ihre Art hatte Aurore sie alle geliebt.
    Er begann. „Inzwischen habt Ihr sehr viel über mein Leben erfahren – vielleicht mehr, als Ihr wissen wolltet. Es waren alles Dinge, über die ich vor meinem Tod nicht mit Euch sprechen konnte, weil ich nicht mutig genug war, die Reaktionen zu ertragen. Aber wenn ich eine mutige Frau gewesen wäre, hätte ich diese Dinge niemals verschwiegen.“
    Spencer wandte sich an Nicky. „Nicky, Du warst für mich immer Nicolette, weil Du in meinem Herzen immer das Kind geblieben bist, das ich nicht behalten konnte. Ich würde Dir gerne sagen, dass ich Dich liebte und dass ich tat, was ich für das Beste hielt. Ich würde Dir gerne sagen, dass der Tag, an dem ich von Deinem vermeintlichen Tod erfuhr, einer der schlimmsten Tage meines Lebens war. Aber ich würde Dir noch so viel mehr erklären müssen. Dass meine Liebe nicht stark genug war, um die Schwierigkeiten, die es bedeutet hätte, Dich selbst aufzuziehen, zu überwinden. Dass meine Wut auf Deinen Vater mir die Chance zerstört hat, meine Ängste zu überwinden und Dir ein Zuhause zu

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