Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
Vom Netzwerk:
versuchte sich zu erinnern. „Er trug eine Djellaba …“
    Während sie sprach, fiel ihr noch etwas ein. „Nein. Sie war mit silbernen Fäden bestickt. Sie glitzerte.“
    „Kopfbedeckung?“
    „Ein Fez. Die anderen Männer trugen Turban.“ Obwohl sie so wütend war, erkannte sie, dass der Fez möglicherweise eine besondere Bedeutung besaß. Bis zu einem gewissen Grad galt die Kopfbedeckung auch als Indikator einer bestimmten sozialen Schicht. „Sein Haar war dunkel, aber seine Haut hell, wie die des Mannes mit den roten Haaren. Und er war frisch rasiert.“
    „Noch etwas?“
    „Er rauchte eine Zigarette. Gauloises. Ich hab gesehen, wie er sie aus der Schachtel genommen hat.“
    „Trug er einen Anzug unter seiner Djellaba? Hast du einen Kragen bemerkt oder einen Krawattenknoten?“
    „Darauf habe ich nicht geachtet.“
    „Es könnte wichtig sein.“
    Nicky schloss die Augen und sah die langgliedrigen Hände des Mannes vor sich. „Ich glaube nicht, dass er ein Arbeiter ist. Seine Hände sahen sehr gepflegt aus, wie Bürokratenhände. Vielleicht arbeitet er in einem Büro.“
    „Warst du nah genug, um etwas hören zu können?“
    „Nein. Die Trommeln waren zu laut. Phillip ging hin und blieb hinter ihnen stehen. Ich habe keine Ahnung, wie er das bei der Menschenmenge so schnell hinbekommen hat.“
    Hugh ließ sie los. „Vielleicht sind sie weitergegangen und Phillip ist ihnen gefolgt. Und dann haben sie ihn erwischt und mitgenommen.“
    Sie bemerkte zum ersten Mal, dass Hugh sich genauso quälte wie sie. Das machte ihr noch mehr Angst. „Was wird mit ihm passieren? Woher wussten sie, dass er sie belauscht hat?“
    „Das konnten sie nicht gewusst haben, es sei denn …“
    „Was?“
    „Es sei denn, jemand hätte Phillip mit mir gesehen und sich den Rest zusammengereimt. Ich habe dir ja gesagt, dass man mich entdeckt hat. Ich habe auf dem Markt zwei Agenten der Abwehr gesehen. Der Mann, mit dem die Berber gesprochen haben, war vielleicht einer von ihnen.“
    „Das vermutest du aber nur.“
    „Mehr kann ich im Augenblick nicht tun. Aber es passt. Der Mann, den du gesehen hast, könnte Europäer sein. Er raucht keine marokkanischen Zigaretten. Er war frisch rasiert und weiß.“
    „Und was, wenn du recht hast? Was, wenn er ein Franzose ist? Oder noch schlimmer – ein Deutscher oder ein Italiener? Dann bleiben immer noch tausend Möglichkeiten!“
    „Nicht wenn er zu den Männern gehört, die mich entdeckt haben.“
    Nicky trat einen Schritt zurück. In diesem Moment hasste sie ihn. Sie hasste die ganze Welt. Sie hätte sich nicht mit demGeheimdienst einlassen dürfen! Und jetzt? Was war jetzt mit ihren Überzeugungen? Was spielte es noch für eine Rolle, ob man die Welt verbessern konnte, wenn Phillip nicht da war, um davon zu profitieren?
    „Ich will, dass du ihn findest“, sagte sie. „Es ist mir egal, ob du dafür jeden Agenten und jeden noch so lausigen Informanten in Afrika aufsuchen musst! Du wirst meinen Sohn finden!“
    „Geh nach Hause …“
    „Bist du verrückt?“
    „… und ruf diese Nummern an.“ Er fischte ein Stück Papier aus seiner Hosentasche und schrieb zwei Nummern auf die Rückseite. „Wer auch immer sich meldet, sag ihnen, dass sie mich in zwei Stunden in der Moschee treffen sollen. Sonst nichts. Hast du verstanden? Nicht einmal deinen Namen. Sag ihnen, dass sie vorher Nachforschungen anstellen sollen. Dann wissen sie, was zu tun ist.“
    „Ich werde die Medina nicht verlassen.“
    Er packte sie an den Armen. „Tu, was ich dir sage! Ich versuche, Hilfe zu bekommen.“
    Nicky hatte keine andere Wahl. Sie war auf Hugh angewiesen. Dieses Problem konnte sie unmöglich alleine lösen.
    Hugh hockte in einem dreckigen Café und nippte an seinem Tee. Er trug eine Djellaba unter einem schmutzigen dunkelblauen Mantel. Trotz seines Talents für Sprachen verstand er nur so viel Arabisch, dass er gerade so in der Lage war, den ungefähren Sinn einer Unterhaltung zu erahnen. Er hatte die Versuche des Cafébesitzers, mit ihm zu plaudern, geflissentlich ignoriert. Hugh trug einen Fez und verbarg sein Gesicht im Dunkeln. Aus einer gewissen Distanz hätte man ihn auch für einen Mauren halten können.
    Die Kleider rochen nach den Eseln ihres Besitzers. Hugh hatte sie aus einem Stall gestohlen. Die anderen Cafébesucher trugen saubere Sachen. Sie machten einen Bogen um Hugh, dem es dennoch gelang, sie zu belauschen. Er gab vor, die vorbeiflanierendenMenschen zu betrachten, während er

Weitere Kostenlose Bücher