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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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nichts, Sletten?«
    »Nein. Auf was willst du hinaus? Sexorgien, Schwarze Messen, Trunkenheit am Steuer oder Drogenmißbrauch? Sie haben sicher das meiste davon mitgemacht, im Laufe der Jahre – aber nicht mehr als alle anderen auch, jedenfalls nicht so sehr, daß es hier erschienen wäre.« Er setzte einen steifen Zeigefinger auf den Haufen Archivmaterial. »Und wenn du jetzt genug hast, dann könnte ich mir vorstellen – inspiriert durch diese Aufbereitung – ans Werk zu gehen, nämlich Johnny Solheims Nachruf zu schreiben. Okay, Veum? Are you satisfied, man?«
    Ich stand auf. »Eigentlich schon, ja. – Danke dir. Es könnte ein nützlicher Plausch gewesen sein. Viel Glück mit … wenn man jemandem mit so was Glück wünschen kann.«
    »Mit dem Nachruf?«
    Ich nickte.
    »Sprich doch dein Beileid aus.«
    Auf dem Weg nach draußen sah ich wieder bei Laila Mongstad vorbei, aber sie war nicht da. Auf ihrem Schreibtisch lagen ein paar Bücher, ein Stapel Zeitungen, zwei Notizblöcke und diverses Schreibgerät ordentlich aufgereiht, in ausbalancierten Stapeln, und an der Wand hing ein wuscheliges, kleines Maskottchen mit großen Glasaugen und einem melancholischen Zug um den Mund. Es war eine blaue Phantasiefigur mit flachen Beinen, die unter dem Kopf hervorsahen, und sonst körperlos. Es sah einsam aus, wie es da hing, mit einer grünen Heftzwecke an die dünne Zwischenwand gepinnt, während es ein leeres Büro überwachte und einen Schreibplatz, der zur Zeit außer Betrieb war.
    »See you when you’re pinky, Stinky«, murmelte ich und ging weiter.

25
    Der Dienstag hatte noch nicht seine Mittagsstunde erreicht, als ich bei Jakob klingelte und von einem zotteligen Vatertier eingelassen wurde, mit einem Kinderpullover in der einen und einer Zeitung vom Vortag in der anderen Hand.
    »Oh – du bist’s, Varg, komm rein! Ich wollte gerade eine Maschine anstellen, aber dann mußte ich noch schnell was lesen …«
    Mit einer fegenden Kopfbewegung nahm er Kinderpullover wie Zeitung mit, bevor er zur Seite trat und mich einließ. »Setz dich in die Stube, ich komm’ dann gleich«, sagte er und verschwand in Richtung Küche und Waschraum.
    Wenig später hörte ich die Waschmaschine Wasser einlassen, bevor sie eine Kraftanstrengung machte und die Trommel in Bewegung setzte, mit einer Entschlossenheit, als sei sie das Herz des ganzen Gebäudes, die Pumpe, die alles in Gang hielt.
    Dann kam er schnell zurück, ohne Zeitung, und setzte sich.
    »Na? Hast du sie gefunden?«
    Ich nickte. »Ich hab’ mit ihr gesprochen.«
    Sein Gesicht spiegelte sowohl Eifer als auch Furcht wieder, als er sich vorbeugte und fragte: »Ja – und? Was hat sie gesagt?«
    »Sie hat gesagt, ich solle dir folgende Botschaft überbringen. Es ginge ihr gut. Besser als seit vielen, vielen Jahren. Und es sei endgültig – sie werde nicht mehr zu dir zurückkommen.«
    »Nicht … zu …«, wiederholte er, fast mechanisch. Dann blieb er stumm sitzen, mit einem verbiesterten Gesichtsausdruck. »Und wo war sie?« fragte er schließlich.
    »Bei Helga Bøe, auf der Suche nach etwas anderem.«
    »Hat sie – einen Job?«
    »Eine Vertretung in der Schule, wenn ich es richtig verstanden habe.«
    »Sie kommt zurecht?«
    »Das tut sie wohl.« Ich beugte mich zu ihm vor. »Ich weiß, was für ein Gefühl das ist, Jakob. Ich hab’ es selbst durchgemacht. Wenn jemand dich plötzlich losläßt und einfach an die Oberfläche schwimmen läßt und – weg. Versuch, einzusehen, daß es einfach so ist. Nur dann kannst du wieder von vorn anfangen, losgelöst von dem, was gewesen ist.«
    »Du hast da leicht reden, Varg!«
    »Ich hatte nicht leicht reden, vor dreizehn Jahren, als mir dasselbe passiert ist. Aber jetzt, tja.«
    »Wir reden von einer Ehe, die gedauert hat, einer Familie, die – zwanzig Jahre existiert hat, Varg. Einundzwanzig. Es ist viel zu leicht geworden, heutzutage, einfach zu gehen. Man zieht nicht einfach – es ist unmöglich einfach einen Strich zu ziehen unter zwanzig Jahre Zusammenleben, drei Kinder – und – all die Zeit. Das ist nicht so leicht.«
    »Okay. Dann – versuch, an was anderes zu denken, ja? Ich hab’ dich was zu fragen. Mehrere Dinge sogar.«
    »Und das wäre …« Er sah mich an, mit stumpfem Blick.
    »Erst mal möchte ich gerne wissen, was mit euch passiert ist – euch allen, nachdem ihr euch getrennt habt, 1975.«
    »Mit uns – den Harpers? Warum?«
    »Weil drei von euch tot sind, und es würde mir nicht besonders gefallen,

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