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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Frau?«
    »Wen sonst?«
    »Aber …«
    »Er war ein brutaler Kerl.«
    »Aber sie …«
    »Besonders, wenn er getrunken hatte.«
    »Und dann … schlug er?«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen, ja! Der Held der Straße!« Sie hielt mir ihre zitternden Hände hin. Die Haut auf dem Handrücken war rot und spröde, die Finger kurz, vom Nikotin verfärbt.
    »Du glaubst doch wohl nicht, daß ich mich ohne Grund getrennt und ohne Probleme beide Kinder mitgekriegt habe? – Aber wo bin ich jetzt? Und wo war er?«
    Sie sah mich anklagend an, als sei es meine Schuld. »Er konnte weiter wüten, wieder heiraten, noch mehr Kinder kriegen … und ich … Nichts.« Sie sah sich um. »Ich sitz’ in diesem Haus, für das das Sozialamt die halbe Miete bezahlt, ich bin Frührentnerin … die Nerven … Ruth, die älteste, ist weg, und Sissel – es ist nicht so leicht, Kinder zu erziehen, wenn man allein ist! Letztes Wochenende kam sie erst früh am Morgen nach Hause, und sie ist erst fünfzehn!«
    »Nein, das ist nicht leicht«, sagte ich mild. »Ich bin beeindruckt, wie gut du es geschafft hast.«
    »Was weißt du schon davon!« bellte sie, aber nicht ohne einen Funken Versöhnung im Blick.
    »Was meintest du damit, daß Ruth – weg sei.«
    »Ich meine – aus dem Nest, draußen auf der Piste –, sie ist ja erwachsen und kommt allein zurecht, das ist es nicht – aber – ich weiß nicht mehr, wo sie ist. Im Moment jedenfalls nicht.«
    »Ihr habt also nicht besonders viel – Kontakt?«
    »Nein, das kann man wohl sagen!«
    Nach einer kleinen Pause sagte ich: »Als ihr euch getrennt habt … Das war 1975, oder?«
    Sie sah mich mißtrauisch an. »Ja?«
    »Gab es einen besonderen – Anlaß – dafür, daß es gerade da passierte?«
    »Was sollte das sein?« fragte sie kleinlaut.
    »Na ja … Daß er dich, oder die Kinder, besonders hart rangenommen hat …«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    Ich sagte schnell: »Das ist nicht ungewöhnlich, ich hab’ selbst beim Jugendamt gearbeitet, und ich weiß, wie oft …«
    »Zum Teufel mit dem Jugendamt!«
    »Aber – nichts dergleichen also?«
    »Nein! – Hab’ ich gesagt.«
    »Die Harpers lösten sich ja ungefähr gleichzeitig auf.«
    »Ja – na und? Sie hatten ihn wohl auch satt. Er war dabei, ein richtiges Arschloch zu werden!«
    »Deutlicher kann man das kaum sagen.«
    »Soll ich es dir aufmalen?«
    »Nein, ich weiß, wie so was aussieht.«
    Sie beruhigte sich. Die Katze starrte mich an. Sie mochte mich nicht, aber das beruhte auf Gegenseitigkeit. »Okay, das ist lange her, aber der Gedanke macht mich immer noch rasend.«
    »Welcher?«
    »Die Jahre, die ich an ihn verschwendet habe! – Und wie sitz’ ich jetzt da? Ein Leben auf der Schattenseite, so runtergetrampelt, daß ich es nie geschafft habe, wieder hochzukommen.«
    »Ich hab’ dich voller – Lebenskraft in Erinnerung.«
    »Ja!« Sie prustete höhnisch. »Du hast mich in Erinnerung! Sicher. Aber das war vorher – bevor Johnny mich mitnahm auf die Reise durch die Hölle.« Sie beugte sich schwer nach vorn. »Ich sag’ dir eins … Die ewige Unsicherheit, nie zu wissen … Kommt er so oder so nach Hause, voll oder nüchtern? Gibt es Prügel oder nicht? Will er ’ne Nummer oder nicht? Nie dein eigener Herr – oder Herrin – oder wie das heißt! Immer auf der Hut … Ich hatte mehrere Jahre zwei artig gepackte Koffer unter dem Bett im Kinderzimmer. Einen mit Kinderkleidern und einen mit meinem eigenen Kram.«
    »Aber warum – warum haltet ihr es immer so lange aus, das werd’ ich nie verstehen!«
    »Weil wir sie geliebt haben. Ich hatte ihn ja einmal geliebt! – Und damals gab es auch noch keine Krisenzentren, wo man hätte hingehen können. Jedenfalls kannte ich keine. Also mußte das Sozialamt ran, mit dem Stempel, den dir das aufdrückt …«
    »Tja, ja. Was ganz anderes, was ich wissen wollte, Anita …«
    »Ja?«
    »Die beiden anderen, die tot sind, von den Harpers, Harry Kløve und Arild Hjellestad.«
    »Ja, ich kann mich erinnern, ich hab’s – in der Zeitung gelesen.«
    »Zu denen hattest du auch keinen Kontakt, in den letzten Jahren?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Zu keinem.«
    »Auch nicht mit – Jakob Aasen?«
    Sie sah mich blind an. »Nein«, sagte sie schwach. »Zu ihm auch nicht.«
    Ich ging schnell weiter: »Das mit Harry ist wohl soweit klar, da ist die Mutter, aber Arild. Kannst du dich erinnern, mit wem er zusammen war, als sie auseinandergingen?«
    »1975?« sagte sie streng.
    »Ja? – Er hatte ja

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