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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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wieder und wieder; und mit den Fingern tief in der Spalte ihres Körpers vergraben, breitete sie die runden, kräftigen Schenkel ganz zur Seite und ließ sich völlig fallen, bis sie an die Wand stieß, mit einer Reihe von Zuckungen, die vollkommen wahnwitzig wirkten.
    Dann lag sie plötzlich ruhig, wie bewußtlos. Die Finger lagen da wie tote Schlangen, verwoben in das buschige Gestrüpp um ihr Geschlecht, über den Streifen des roten Blutes, mit dem sie sich bemalt hatte. Sie lag da mit einem weißen und teigigen Körper und atmete in langen, seufzenden Zügen. Um die großen, hellbraunen Brustwarzen herum hatte sie zwei Siebengestirne gemalt, mit merkwürdigen Buchstaben und Symbolen in jeder Spitze. Mitten auf dem Bauch hatte sie einen Zirkel gemalt, von einem Stern aufgebrochen, mit einem weiteren Symbol im Zentrum, und auch um ihr Geschlecht herum war eine blutige Kette von Figuren und Zeichen zu sehen.
    Dann hob sie die Lider und sah mir direkt ins Gesicht.
    Ihre Augen traten aus den Höhlen, und um ihren Mund erschien ein hingebungsvoller Zug, als glaube sie eine Sekunde lang, ich sei ein Bote aus dem Jenseits, mit einer Botschaft des Fürsten der Dunkelheit, einer, der die Handlungen des Meisters mit ihr ausführen und sie in neue Rituale einweisen würde. Dann wurde ihr Blick plötzlich klar, sie setzte sich mit einem Ruck auf, griff den Morgenmantel und bedeckte sich. Als sie sich erhob, stand sie noch einen Augenblick in all ihrer nackten Pracht, mit sprühenden Augen und vor Verwirrung am Hals und aufwärts rotgefleckt, bevor sie mir den Rücken zuwandte, sich den Morgenmantel anzog, die Füße in ein paar ausgetretene Hausschuhe steckte, sich wieder umwandte und mit über Kreuz gelegten Armen und einer rasenden Wut im Gesicht auf mich zuging.
    »Wer sind Sie?« fauchte sie mich an. »Was tun Sie hier?«
    Ich fuhr zurück, in das überfüllte Wohnzimmer, stieß mit der Hinterseite der Beine an einen Stuhl, blieb stehen und hätte beinah das Gleichgewicht verloren, während sie den Vorhang zur Seite riß und hinter mir herkam.
    Dann war es, als ließe die Normalität des Wohnzimmers sie wieder zur Besinnung kommen. Sie zog den Vorhang sorgfältig wieder vor und blieb einen halben Meter davor stehen, majestätisch wie eine Matrone, aber blasser jetzt, und mit nicht mehr ganz so großer Stimmgewalt, als sie sagte: »Das ist Hausfriedensbruch. Was fällt Ihnen eigentlich ein, hier einfach – so einzubrechen. – Wer sind Sie? hab’ ich gefragt!«
    Ich hob beschwichtigend die Arme, noch immer erschüttert von der seltsamen Szene, der ich soeben beigewohnt hatte. »Mein Name ist Veum. Varg Veum. Und ich komme – aus der Vergangenheit.«
    Sie schnitt eine Grimasse. Ich erkannte sie von dem Bild her wieder, aber ihr Haar war jetzt heller. Die Augen waren blauschwarz, und es war noch immer etwas Manisches, Erhitztes in ihnen, der Mund war leicht geöffnet und atemlos, und ich konnte nicht umhin, die Reste von Blut zu registrieren, die in dem hellen Flaum über ihrer Oberlippe hingen. In dem hellblauen, wattierten Morgenmantel hätte sie eine ganz normale Hausfrau sein können, die verschlafen hatte und bei der plötzlich der Schornsteinfeger vor der Tür stand. Aber ich wußte es besser.
    »Es geht um – Arild Hjellestad«, sagte ich.
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich erneut. Noch weitere Liter Blut verschwanden aus ihren Zügen, die grau und blaß und erschöpft wirkten unter dem allerweltsfarbenen Haar, das sie plötzlich ganz alltäglich aussehen ließ.
    »Arild? Was ist mit ihm?«
    Ich fühlte mich immer noch weich in den Knien. »Könnten wir – uns setzen?« Ich sah mich um, wie um zu unterstreichen, daß es genügend Sitzplätze gab.
    Sie nickte. »Setzen Sie sich nur. Ich bleibe stehen.«
    Sie bewegte sich nicht, sondern stand wie in Verteidigungsposition vor ihrer dunklen Kapelle. Vor meinem inneren Auge sah ich noch das geköpfte Huhn und mir war, als könne ich hören, wie das Blut noch immer aus dem offenen Hals in die ovale Silberschale tropfte. So blieb sie also stehen, mit einer Art Überlegenheit – sie dort oben, ich hier unten.
    Ich räusperte mich. »Ich führe ein paar Untersuchungen durch im Zusammenhang mit Arilds Tod – und dem anderer.«
    »Harry, meinst du?«
    »Und Johnny Solheim. Ich weiß nicht, ob du es in der Zeitung gelesen hast?«
    »Ich lese keine Zeitungen. Ich brauche sie nicht.«
    »Tja. Johnny ist also auch tot. Er wurde umgebracht, jetzt letzten Samstag. Erstochen

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