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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wir wissen nicht einmal, ob man sie zur Biosphäre rechnen kann.«
    »Aber sie wachsen, nicht wahr?«
    Ich sah, wie Wardani das Gesicht verzog. »Das tun Kristalle auch. Aber das macht sie nicht lebendig.«
    »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht«, sagte Ameli Vongsavath, die mit halb erhobener Sunjet um die Singzinnen herumstrich. »Aber für mich sieht das hier wie eine Art Pilzbefall aus.«
    »Oder nach Kunst«, murmelte Deprez. »Wie sollten wir den Unterschied erkennen?«
    Vongsavath schüttelte den Kopf. »Das hier ist ein Raumschiff, Luc. Man stellt seine Kunstwerke nicht mitten im Korridor auf, wo man ständig darüber stolpern würde. Schauen Sie sich diese Dinger an. Sie sprießen überall.«
    »Und wenn man hindurchfliegen könnte?«
    »Dann wären sie trotzdem im Weg.«
    »Kollisionskunst«, mutmaßte Schneider schmunzelnd.
    »Gut, es reicht.« Hand schaffte sich Platz zwischen den Zinnen und ihrem neuen Publikum. Leise Töne erwachten, als der Luftzug seiner Bewegungen gegen die Zweige aus rotem Stein traf. Das Aroma verstärkte sich. »Wir haben keine…«
    »Zeit für so etwas«, äffte Wardani ihn nach. »Wir müssen eine sichere Position für die Boje finden.«
    Schneider lachte schallend. Ich verkniff mir ein Grinsen und vermied es, Deprez anzublicken. Mir schien, dass Hand gerade an Autorität verlor, und ich war nicht darauf erpicht, ihm in diesem Moment in den Rücken zu fallen. Ich war mir immer noch nicht sicher, was er tun würde, wenn er durchdrehte.
    »Sun.« Seine Stimme klang einigermaßen sicher. »Überprüfen Sie die höher gelegenen Öffnungen.«
    Die Systemspezialistin nickte und aktivierte ihr Gravgeschirr. Das Summen der Generatoren setzte ein und wurde tiefer, als sich ihre Stiefelsohlen vom Boden lösten und sie nach oben trieb. Jiang und Deprez traten zurück und gaben ihr mit den Sunjets Deckung.
    »Hier geht es nicht weiter«, rief sie von der ersten Öffnung zurück.
    Als ich die Veränderung hörte, kehrte mein Blick zu den Singzinnen zurück. Wardani war die Einzige, die mein Gesicht beobachtete. Hinter Hands Rücken öffnete sich ihr Mund zu einer stummen Frage. Ich nickte in Richtung der Zinnen und legte eine Hand ans Ohr.
    Wardani kam näher, lauschte und schüttelte dann den Kopf.
    Leise: »Das ist unmögl…«
    Aber es war so.
    Der leise Violinsaitenklang wurde moduliert. Er reagierte auf das kontinuierliche Summen der Gravgeneratoren. Oder vielleicht sogar direkt auf das Gravfeld. Eine Modulation und eine sehr langsame Verstärkung.
    Sie erwachten.

 
32
     
     
    Wir fanden Hands sichere Sendeposition vier Singzinnengruppen und etwa eine Stunde später. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns bereits auf den Rückweg zur Andockstation gemacht. Dabei folgten wir einem vorläufigen Grundriss, den Suns Nuhanovic-Orter erstellt hatte. Der kartografischen Software gefiel die marsianische Architektur genauso wenig wie mir, was sich an den langen Pausen zeigte, zu denen es jedes Mal kam, wenn Sun einen neuen Datensatz lud. Doch nach ein paar Stunden des Herumwanderns und einiger inspirierender Interaktion mit der Systemspezialistin war das Programm in der Lage, erste eigene Mutmaßungen anzustellen, in welche Richtung wir nachsehen sollten. Eigentlich hätte es uns nicht überraschen sollen, dass es jedes Mal völlig richtig lag.
    Als wir aus einer großen spiralförmigen Röhre herauskletterten, deren steile Neigung viel zu unbequem für Menschen war, hielten Sun und ich wankend am Rand einer fünfzig Meter breiten Plattform an, die scheinbar auf allen Seiten in den freien Weltraum hinausragte. Ein kristallklarer offener Sternenhintergrund wölbte sich über und unter uns, nur durch die Knochen einer dürren Zentralstruktur unterbrochen, die an einen Werftkran aus Millsport erinnerte. Das Gefühl des Ausgeliefertseins war so überwältigend, dass sich meine Kehle bei diesem Anblick sofort im Vakuumkampfreflex zuzog. Meine Lungen, die immer noch von der Kletterei keuchten, flatterten schwach in meiner Brust.
    Ich unterdrückte den Reflex.
    »Ich das ein Kraftfeld?«, fragte ich Sun keuchend.
    »Nein, es ist fest.« Sie runzelte die Stirn, als sie auf die Anzeigen an ihrem Unterarm blickte. »Eine transparente Legierung, etwa einen Meter dick. Äußerst beeindruckend. Keine Verzerrung. Totale, direkte visuelle Kontrolle. Sehen Sie, da ist das Tor.«
    Es hing über unseren Köpfen zwischen den Sternen, ein seltsam lang gestreckter Satellit aus bläulich-grauem Licht, das sich durch

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