Gefallene Engel
Manschette.
Deprez blieb im Schatten des Eingangs, durch den wir gekommen waren, und lugte durch das Visier seiner Waffe. Das Sperrfeuer, mit dem er den Raum eindeckte, tobte sich rund um Schneiders Hinterhalt aus, doch als ich die Augen zusammenkniff, sah ich, dass es keinerlei Schaden am Material hinterließ. Jiang tauchte unter dem Feuer hindurch und hatte nun einen engeren Blickwinkel auf den nächsten Korridor. Er gab einen Schuss ab, starrte blinzelnd ins grelle Leuchten und schüttelte den Kopf.
»Weg«, sagte er, stand auf und reichte mir eine Hand.
»Ich… äh… danke.« Ich erhob mich vom Boden. »Danke für den Seitenhieb.«
Er nickte knapp und lief zur nächsten Kammer. Deprez schlug mir auf die Schulter und folgte ihm. Ich schüttelte meine Benommenheit ab und folgte ebenfalls. Am Durchgang hielt ich eine Hand gegen die Stelle, die Deprez beschossen hatte. Sie fühlte sich nicht einmal warm an.
Der Lautsprecher des Induktionssets summte an meiner Kehle. Hands Stimme kam in verrauschter Inkohärenz durch. Jiang erstarrte vor uns, den Kopf zur Seite geneigt.
»…vacs, ein… mich … …au …hole, wie …au…«
»Bitte – wieder – holen«, sagte Jiang mit langen Pausen.
»…saiii… …bord kein…«
Jiang blickte sich zu mir um. Ich machte eine Geste, als wollte ich etwas zerhacken, und nahm mein Set ab. Zeigte mit dem Finger geradeaus. Der Ninja löste sich aus der Starre und lief weiter, elegant wie ein Totalkörpertänzer. Nicht ganz so anmutig folgten wir ihm.
Schneiders Vorsprung hatte sich vergrößert. Wir bewegten uns jetzt langsamer, näherten uns Ein- und Ausgängen in bewährter Kampfformation mit gegenseitiger Deckung. Zweimal nahmen wir voraus eine Bewegung wahr und mussten kriechend vorrücken, doch beide Male stießen wir auf weitere geschwächte Maschinen, die murmelnd in den leeren Kammern herumirrten. Eine folgte uns eine Weile wie ein streunender Hund auf der Suche nach einem Herrchen.
Zwei Kammern vor der Andockstation hörten wir, wie die Triebwerke der Nagini anliefen. Sofort brachen wir die Rückendeckungstaktik ab. Ich stürmte mit etwas unsicheren Schritten los. Jiang überholte mich, dann Deprez. Ich versuchte mitzuhalten, doch dann stürzte ich mitten in der letzten Kammer und verkrampfte mich würgend. Deprez und der Ninja waren zwanzig Meter vor mir, als sie geduckt durch den Eingang zum Hangar vorstießen. Ich wischte mir einen Speichelfaden vom Mund und richtete mich auf.
Ein schriller, rammender, detonierender Schrei, als würde das expandierende Universum für einen kurzen Moment abgebremst werden.
Die Ultravib-Batterie der Nagini, die auf engem Raum abgefeuert wurde.
Ich ließ die Sunjet fallen und hatte beide Hände halbwegs zu den Ohren erhoben, als der Impuls aufhörte, genauso abrupt, wie er begonnen hatte. Deprez kam taumelnd wieder in Sicht, von Kopf bis Fuß blutüberströmt und ohne Sunjet. Hinter ihm senkte sich das Heulen des Antriebs der Nagini zu einem tiefen Dröhnen, als Schneider sie nach draußen manövrierte. Der Knall verdrängter Luft von der Atmosphärenschleuse, der durch den Trichter der Andockstation lief und wie ein warmer Wind gegen mein Gesicht schlug. Dann nichts mehr. Schmerzhafte Ruhe, gestrafft durch das helle Singen meines überlasteten Gehörs, das mit dem plötzlichen Fehlen von Schall überfordert war.
In der summenden Stille tastete ich nach meiner Sunjet und schleppte mich zu Deprez, der mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt auf dem Boden zusammengesunken war. Er starrte benommen auf seine Hände und die blutige Masse, mit der sie bedeckt waren. Sein Gesicht war auf die gleiche Weise rot und schwarz verschmiert. Unter dem Blut reagierte sein Chamaeleochrom-Anzug bereits mit der passenden Farbe.
Als ich leise brummte, blickte er auf.
»Jiang?«
»Hier.« Er zeigte mir seine Hände, und sein Gesicht verzerrte sich für einen Moment, wie das eines Babys, das sich nicht sicher ist, ob es weinen will. Seine Worte kamen einzeln, als müsste er immer wieder innehalten und sie zusammenkleben. »Ist. Jiang. Das. Ist.« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Scheiße.«
An meiner Kehle summte ohnmächtig das Induktionsset. Auf der anderen Seite der Kammer setzte sich eine Maschine in Bewegung und kicherte über uns.
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Ein Gefallener ist kein Toter. Lasst keine Stacks zurück.
Die meisten harten Spezialeinheiten sangen diesen Song gerne. Das galt auf jeden Fall für das Envoy Corps. Doch angesichts moderner
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