Gefangen auf dem Planet der Affen
sich für sie verantwortlich. Er stand in ihrer Schuld und mußte sie in alle seine künftigen Planungen miteinbeziehen.
Umherblickend machte er die schmächtige Gestalt des Jungen aus, der in einer anderen Ecke saß und stumm herüberstarrte. Was machte der Junge hier? An ein zufälliges Zusammentreffen von Umständen zu glauben, überforderte ihn. In einem Versuch, mit dem Jungen ins Gespräch zu kommen und mehr zu erfahren, verließ er seinen Platz, schlenderte hinüber und setzte sich neben ihn. Kraik rührte sich nicht und blickte starr vor sich hin. »Sag mal, wir kennen uns doch?« sagte Virdon in freundschaftlichem Ton. »Wie heißt du, und warum haben sie dich hier eingesperrt?«
Er bekam keine Antwort. Jede an Kraik gerichtete Frage, sofern sie nicht von einem Wärter kam, erbrachte die gleiche negative Reaktion. Virdon bemühte sich noch eine Weile um den Jungen, dann stand er auf und sah sich ratlos um. Hier saß Kraik, und dort saß Arn, beide schweigsam und so weit wie möglich voneinander entfernt. »Was ist los?« fragte Virdon. »Warum halten sie euch hier fest?«
Arn schüttelte den Kopf. Es schien offensichtlich, daß sie es nicht wußte. Kraik zog sich noch mehr in sich selbst zurück. Ob der Junge sich dessen bewußt war oder nicht, für Virdon gab es kaum noch einen Zweifel, daß die Antwort im Geist des Jungen verschlossen war.
3.
Nach eingehender Untersuchung seines Gefängnisses und seiner Umgebung gelangte Virdon zu dem Schluß, daß an Flucht vorerst nicht zu denken war. Er wurde mit Arn und dem Jungen in einem Raum über dem Garnisonshof gefangengehalten, und die eisenbeschlagene Eichentür wurde von zwei Bewaffneten bewacht. Einen anderen Ausgang gab es nicht.
Kraik kauerte nach wie vor in seiner Ecke, und Arn wartete in stumpfer Ergebenheit, was das Schicksal als nächstes für sie bereithalten würde. Sie hatte kein Verbrechen begangen, und fühlte, daß man sie ungerecht behandelte, hatte aber niemanden, bei dem sie sich hätte beklagen können.
Virdon hinkte ruhelos in dem beinahe hallenartigen Raum umher, darin sie eingesperrt waren, während sein Verstand unablässig Fluchtpläne und vermutete Möglichkeiten erwog und wieder verwarf. Zuletzt blieb er vor dem Jungen stehen. Er hatte aus seinem Versteck beobachtet, wie der kleine Streuner mit den Gorillas verhandelt hatte, und wie diese ihm vor dem Abmarsch einen Lederbeutel zugeworfen hatten. Vielleicht ließ sich aus dem Jungen etwas herausholen, was ihm weiterhelfen konnte.
»Du«, redete Virdon den Jungen an. »Haben sie dir gesagt, warum du hier bist?«
Der Junge schien nicht im mindesten bekümmert. Es kam ihm nicht in den Sinn, daß er einen Mitmenschen verraten hatte; er hatte nur getan, was er tun mußte, um sich den Lebensunterhalt zu sichern. »Ich wurde beim Essendiebstahl erwischt«, sagte Kraik. Sein Tonfall war ein wenig unsicher und furchtsam, was bedeuten konnte, daß er log, aber es war schwierig, Kraiks Rolle in diesem Drama richtig einzuschätzen, und dieser Umstand machte Virdons Aufgabe noch komplizierter. Konnte er diesem Jungen vertrauen? Konnte er ihn für sich gewinnen?
»Ein Mensch kann wegen Essendiebstahls getötet werden«, sagte Arn aus ihrer Ecke. Die Feststellung brachte Stille in die Gefängniszelle. Es war eine harte Rechtsprechung, aber die Menschen hatten sie immer akzeptiert. Wenn Arn die Wahrheit gesagt hatte, dann mußte Kraik mit dem Schlimmsten rechnen. Virdon fühlte eine Aufwallung von Mitleid für den armen Jungen.
Trotzdem hatte Virdon den Eindruck, daß etwas nicht stimmte. Die Situation hatte zweifellos einen irrealen Aspekt. Virdon wanderte auf dem kahlen Steinfußboden auf und ab und versuchte den Grund seines Unbehagens zu identifizieren. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, murmelte er vor sich hin. »Urko braucht keinen Vorwand, um mich zu töten. Er hat in der Vergangenheit bewiesen, wieviel ihm daran liegt, mich aus der Welt zu schaffen. Nun hat er die Chance; warum nutzt er sie nicht?« Die Frage ergriff von seinen Gedanken Besitz, und er schritt grübelnd auf und ab, ohne seine zwei Mitgefangenen zu beachten. Er fühlte, daß die Antworten, die er suchte, ganz nahe lagen; nichtsdestoweniger entgingen sie ihm. Schließlich setzte er sich, um den schmerzenden Knöchel zu schonen, und schloß die Augen. Vielleicht konnte er sich so besser konzentrieren.
Arn saß in ihrem Winkel und starrte den Mann an, der sie in diese Lage gebracht hatte. Sie empfand wenig
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