Gefangen auf dem Planet der Affen
Sympathie für ihn und war entschlossen, ihre Rolle als unschuldiges, unbeteiligtes Opfer gebührend herauszustreichen, um vielleicht doch noch die Freiheit zurückzugewinnen. Aber würde sie Gelegenheit erhalten, sich vor den Gorillas zu rechtfertigen? Seit man sie in diesen kahlen Raum geworfen hatte, war keiner mehr dagewesen. Arn fühlte sich hier ausgesetzt und verunsichert. Sie hatte ihr ganzes Leben in den Ruinen der alten Stadt verbracht, die sie so gut kannte wie jeder andere von den menschlichen Bewohnern. Kein Affe kannte das Labyrinth aus Urwald und Trümmern auch nur annähernd so gut. Aber dieses Gebäude, in dem man sie gefangenhielt, lag außerhalb und war ihr unbekannt. Es wimmelte von Uniformierten, und sie fürchtete sich. Ob der Fremde sich hier auskannte? »Was für ein Haus ist dies?« fragte sie mit heiserer Stimme.
»Anscheinend eine Art Stall oder Scheune im Komplex der Garnisonsgebäude«, Brummte Virdon. »Man ist offenbar nicht für Gefangene eingerichtet, oder die Zellen sind alle voll.«
Er blickte auf und sah zum erstenmal das viereckige Loch in der gemauerten Decke, ziemlich genau zwischen seinem und Arns Platz. Es war von der Art jener Öffnungen, durch die Futterheu von der Tenne in den Stall hinabgeworfen wird und hatte wahrscheinlich auch diesem Zweck gedient. Die Entdeckung elektrisierte Virdon; er sprang auf, trat unter die Öffnung und hob die Arme. Seine Fingerspitzen waren noch mindestens einen Meter von der Decke entfernt. Er ließ die Arme sinken und sah sich um.
»Komm her, Junge«, sagte er. »Ich hebe dich da hinauf, und du ziehst dich durch die Öffnung und schaust dich oben um. Vielleicht können wir von dort entkommen.«
Die Frau spähte zu der Öffnung empor, dann sah sie ihn an, als ob er den Verstand verloren hätte. »Warum tust du das?« fragte sie. »Du wirst hier nie herauskommen, und wenn du es versuchst, werden sie dich töten.«
Virdon schüttelte den Kopf. »Es gibt Zeiten, da man Risiken auf sich nehmen muß. Es ist nur ein Gedanke von mir, aber wenn Urko die Gelegenheit hat, mich zu töten und es dann nicht tut, möchte ich den Grund dafür wissen. Ich muß herausbringen, was für ein Spiel er mit mir treibt.«
Kraik war aufgestanden und neugierig herübergekommen, um die Deckenöffnung zu sehen; nun ließ er sich von Virdon aufheben, stellte sich auf die Schultern des Mannes und zog sich durch die Öffnung ins Obergeschoß. Der Junge verschwand, und eine Weile hörte Virdon nichts. Dann wurde ein scharrendes Geräusch vernehmbar, und eine gebrechliche alte Leiter wurde durch die Öffnung heruntergelassen. Als Virdon hinaufblickte, sah er in das magere, grinsende Gesicht des Jungen; offenbar hatte Kraik Gefallen an dem Abenteuer gefunden.
Virdon erstieg vorsichtig die Leiter, der mehrere Sprossen fehlten, zwängte sich durch die Öffnung und sah sich in einem riesigen, nahezu leeren Scheunenboden mit hochgemauerten Wänden, der durch ein paar unvergitterte Fensteröffnungen oben in den Wänden spärliches Licht empfing.
Virdon zog die Leiter nach, trug sie zur Wand und lehnte sie an eine der Fensteröffnungen. Kurz darauf hatte er eine Position erreicht, die ihm freien Ausblick über die Umgebung gestattete.
Sieben bis acht Meter unter ihm breitete sich ein verwilderter Garten zu Füßen der Mauer aus. Alles war still, weit und breit zeigte sich keine Bewegung.
Virdon wartete eine Weile, bis er sich vergewissert hatte, daß kein Gorilla in der Nähe war. Er sah keinen Grund, die günstige Situation nicht auszunutzen; vielleicht war es eine Chance, die sich ihm nicht ein zweites Mal bieten würde. Er kletterte über den Fenstersims und ließ sich an der Außenwand hinab, bemüht, auf den winzigen Vorsprüngen des Bruchsteinmauerwerks einen Stand für die Zehenspitzen zu finden.
Während Virdon so beschäftigt war, trat ein Gorilla, der im Gebüsch des verwilderten Gartens verborgen gewesen war, aus seiner Deckung und richtete sein Gewehr auf Virdon.
Dieser konnte seinen Feind nicht sehen, da er mit dem Gesicht zur Wand am Fenstersims hing und nach geeigneten Griffen und Tritten suchte. So wurde er völlig überrascht, als ein Schuß krachte und die Kugel weniger als einen Fußbreit neben seiner rechten Hand Splitter aus der Mauer schlug. Er zog instinktiv den Kopf ein, dann blickte er über die Schulter, um den Schützen auszumachen. Er war völlig hilflos und wußte, daß der Gorilla ihn schon mit dem ersten Schuß hätte herunterholen können.
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