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Gefangen auf dem Planet der Affen

Gefangen auf dem Planet der Affen

Titel: Gefangen auf dem Planet der Affen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Alec Effinger
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alles, was Virdon während des Tages getan hatte, mit größter Aufmerksamkeit beobachtet. Es war sehr wahrscheinlich, daß Virdon der erste kompetente erwachsene Mensch war, den Kraik je kennengelernt hatte. Welch jämmerliches Leben mußte der Junge bis jetzt geführt haben! dachte Virdon mit erneuertem Mitgefühl. Er lächelte ihm zu und sagte: »Habe ich dir schon gesagt, wie ich heiße? Mein Name ist Virdon. Alan Virdon.«
    Es blieb einen Augenblick still, dann sagte der Junge: »Ich bin Kraik.«
    »Kraik«, sagte Virdon nachdenklich. »Ein guter Name. Es freut mich, daß wir einander begegnet sind, Kraik.« Er streckte aus alter Gewohnheit die Hand aus, aber die Geste blieb selbstverständlich ohne die erwartete Wirkung. Kraik starrte mißtrauisch und wachsam auf die vorgestreckte Hand. Dann ergriff Virdon Kraiks rechte Hand mit der seinen und schüttelte sie.
    »Wo ich herkomme«, erklärte er, »ist es Sitte, daß die Leute einander die Hände schütteln, wenn sie sich begegnen und Freunde sein wollen.«
    »Warum tun die Leute das?« fragte Kraik.
    Virdon blickte eine Weile ins Feuer und überlegte. »Das ist eine gute Frage«, sagte er, »und ich bin nicht sicher, daß ich die Antwort darauf weiß. Solche Sitten reichen manchmal weit zurück und bleiben erhalten, nachdem der eigentliche Grund längst in Vergessenheit geraten ist.«
    »Aber wenn ihr nicht mehr wißt, warum ihr etwas tut, warum bleibt ihr dann trotzdem dabei?« fragte Kraik.
    »Weil der Brauch nach langer Zeit einen eigenen Wert gewinnt«, antwortete Virdon. »Weil es ein gutes und angenehmes Gefühl ist, einem anderen die Hand zu drücken, selbst wenn man nicht genau erklären kann, warum man es tut.«
    Der Junge streckte versuchsweise die Hand aus, und sie wiederholten das Händeschütteln. Virdon nickte und lächelte. »Vielleicht fing es in ferner Vorzeit damit an, daß, wenn zwei Leute einander in friedlicher Absicht begegneten, sie sich die Hand gaben, damit keiner den anderen mit einer Waffe erschlagen konnte.«
    Die Erklärung schien Kraik einzuleuchten. Doch nach kurzer Überlegung sagte er: »Das ist ein guter Gedanke, wenn der andere kein Messer in der linken Hand hat.«
    Virdon lachte. »Du bist ein vorsichtiger und mißtrauischer Bursche, wie mir scheint«, sagte er. »Hast du Eltern?«
    Kraik schüttelte den Kopf. Seine verschlossene Miene ließ erkennen, daß dies ein Punkt war, über den er nicht sprechen wollte. Sie saßen eine Weile schweigend um das Feuer, dann brachte Virdon die Frage vor, die ihn schon am vergangenen Tag beschäftigt hatte: »Warum wurdest du hier mit uns eingesperrt?« fragte er. »Das ist der Punkt, den ich nicht verstehen kann. Du bist keine Bedrohung und hast nichts ausgefressen. Meine Freunde wissen nicht einmal, daß es dich gibt.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Kraik, und nach einer Pause fügte er hinzu: »Aber ich bin froh, daß ich hier bin und daß wir reden können.«
    Virdon lächelte und streckte die Hand aus, um dem Jungen übers Haar zu fahren. In diesem Augenblick kreischte das Türschloß, ein Riegel wurde zurückgestoßen, und einer der Wärter warf einen halbgefüllten Sack herein, worauf er die Tür wieder schloß und verriegelte. Arn sprang auf, eilte zur Tür und trug den Sack ans Feuer. Mit hastigen Bewegungen, als könne sie es nicht erwarten, nestelte sie die Schnur auf, mit der er zugebunden war.
    »Oh, seht nur!« rief sie erfreut. »Das ist mehr, als wir zum Sattwerden brauchen! Jemand meint es gut mit uns.«
    Sie entleerte den Sack auf den Boden. Auch Virdon mußte zugeben, daß es eine reichlich bemessene Tagesration war, obgleich sie überwiegend aus Früchten und Gemüse bestand und nur wenig Fleisch enthielt, das von den Affen selten und in geringen Mengen genossen wurde.
    Kraik traf mit einem Blick seine Wahl und stürzte sich wie ein Habicht auf die Speise, für die er sich entschieden hatte. Zu seiner Überraschung streckte Virdon schnell den Arm aus und hielt ihn zurück, bevor er sich bedienen konnte. »Nein!« sagte der Mann streng.
    Kraik war empört und zornig. Er sprang zum Brennholzvorrat, riß einen halbmeterlangen Ast heraus und schwang ihn wie eine Waffe. Virdon blickte ihn wortlos an, und einen kurzen, gespannten Augenblick sah es aus, als würde Kraik den Mann angreifen. Virdon sah, daß eine Krise entstanden war; es ging um mehr als um eine Mahlzeit, und er wußte, daß er vorsichtig taktieren mußte.
    »Reg dich nicht auf, Kraik«, sagte er. »Damit

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