Gefangen auf dem Planet der Affen
Arroganz grenzte.
Virdon wollte das Selbstbewußtsein des Jungen nicht zerstören. Er dachte jedoch, daß es notwendig sei, auf die Möglichkeit anderer und besserer Formen der Koexistenz mit den übrigen Bewohnern der Gegend hinzuweisen. »Wenn wir in die Hände bekommen können, was unter diesen Ruinen begraben ist«, sagte er, »wird niemand mehr Nahrung stehlen müssen.«
»Ist unter den Ruinen Nahrung vergraben?« fragte Kraik ungläubig.
Virdon schüttelte den Kopf. »Nein, aber viele seit langem vergessene Kenntnisse, die dazu verwendet werden könnten, das Leben in dieser Welt leichter zu machen.«
Kraik versuchte über diese Worte nachzudenken, verlor aber rasch das Interesse. Diese Reden hatten keinerlei Berührungspunkt mit seinen realen Erfahrungen. Es waren die gleichen vagen, hinhaltenden Sprüche, die er während seiner Kindheitsjahre bis zum Überdruß von anderen Erwachsenen gehört hatte.
Virdon schnitzte weiter an seinem Flugzeugmodell; er fand, daß die Arbeit angenehm war und zugleich beruhigte. Als er einige Zeit später aufstand, das Modell aus der Hand legte und zum anderen Ende des Raums hinüberging, um Holz für das Feuer zu schichten, gesellte sich die Frau zu ihm und sagte, während sie Reisig brach, mit halblauter Stimme: »Er achtet dich.«
Virdon lächelte, und ein versonnener Ausdruck kam in seine Augen. »Mein eigener Sohn würde ungefähr in seinem Alter sein«, sagte er leise.
»Ich kenne Kraik seit Jahren«, erzählte sie. »Ich weiß genau, daß er niemals jemandem vertraute.«
»Niemals?« erwiderte Virdon stirnrunzelnd. »Ist das nicht übertrieben? Hat er nie einen Freund gehabt? Und er muß seinen Vater oder seine Mutter gekannt haben.«
»Von uns freien Menschen hat niemand Freunde«, sagte sie. »Und ich würde meine eigenen Eltern nicht wiedererkennen.« Sie sagte es ganz ruhig, als eine einfache Feststellung von Tatsachen, die jeder akzeptierte.
Virdon schüttelte bekümmert den Kopf. »Der arme Junge ...«
»Was du Kraik vorhin erzähltest«, sagte Arn zögernd, »über ein besseres Leben. War das wahr?«
»Es war eine Hoffnung«, sagte Virdon.
Sie war enttäuscht. »Ach«, murmelte sie. »Nur eine Hoffnung.«
»Es ist nicht unmöglich«, sagte er schnell, um ihr Mut zu machen. »Meine Freunde und ich fanden einen Ort, wo eine Botschaft verwahrt wurde. Sie sprach von Hoffnung für die Menschen auf dieser Welt. Von Hoffnung in der Form von Wissen.«
Kraik, der in diesem Augenblick dazukam, machte ein Gesicht. »Wozu soll das gut sein?« fragte er. »Kann man es essen?«
Arn beachtete seinen Einwand nicht. »Wie kann man dieses Wissen finden?« fragte sie Virdon.
Der Mann überlegte eine Weile. »Kennst du dieses große Haus in der Mitte der Stadt, dessen Eingangshalle mit glattem grünem Stein verkleidet ist?«
»Hat es bröckelnde graue Säulen vor dem Eingang?« fragte Kraik.
»Ja, das ist es«, sagte Virdon. »Kraik, klopfe dem Wärter und bitte ihn um etwas mehr Holz.«
Kraik ignorierte die Aufforderung. Hier war endlich ein Thema zur Sprache gekommen, worin er kompetent war. »Das Haus kenne ich gut. Da gibt es nichts zu holen, kein Holz, keine Kleidung, nichts.«
»Du irrst dich«, widersprach Virdon. »In diesem Gebäude gibt es eine Maschine, und inzwischen wird sie meinen Freunden gesagt haben, wie und wo das Wissen zu finden ist, das die Welt verändern könnte.«
»Eine Maschine, die spricht?« sagte Kraik, dessen Gutgläubigkeit am Zerreißpunkt angelangt war. »Du machst dich über mich lustig.«
»Wenn du nicht gleich tust, was ich dir gesagt habe, werde ich etwas machen, was gar nicht lustig ist!«
Kraik schnitt ein Gesicht. »Ich möchte mehr Geschichten hören.«
»Später«, sagte Virdon streng. »Zuerst kümmerst du dich um das Holz.«
Kraik wollte weitere Einwendungen machen, aber Virdon winkte ungeduldig ab. »Sofort«, sagte er fest. Kraik stand verdrießlich auf und ging hinüber zur Tür.
Virdon sah, daß auch Arn ihre Zweifel und ihre Fragen hatte, die meisten aber aus Schüchternheit oder Unsicherheit unausgesprochen ließ. »Ich höre auch gern Geschichten über deine Welt«, sagte sie nach einer Weile.
»Wenn man wie du in einer Ruinenhöhle leben muß, kommt einem fast jeder andere Ort wundervoll vor«, meinte er.
»Oh, ich weiß, wie es anderswo ist«, entgegnete Arn. »Als ich Tomar kennenlernte, lebte er mit seinem Bruder auf einem Hof. Es war sehr schön.«
»Warum bist du fortgegangen?« fragte
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