Gefangen (German Edition)
ungewöhnliche Raumwunsch hindeutete. Sie war mittlerweile erfahren genug. Außerdem hatte Kerner einen Narren an ihr gefressen. Er würde ihr also nichts antun. Zumindest nichts, was sie nicht aushalten würde.
Delia kannte die Einrichtung der einzelnen Räume des Souterrains nicht. Es hatte sie bislang nicht wirklich interessiert. Außerdem waren sie fast immer ausgebucht und eine Besichtigung kaum möglich. Sie ahnte nur aus den Andeutungen der anderen, was sich dahinter verbarg.
Ohne zu fragen, hatte sie Monas Mitteilung zur Kenntnis genommen, in welchem Zimmer sie sich heute mit Kerner treffen sollte. Wahrscheinlich hatte man versäumt, das bisherige Zimmer für ihn zu reservieren. Sie maß der Änderung keine weitere Bedeutung bei. Erwartungsvoll klopfte sie und trat ein.
Das Zimmer lag im Dunkeln. Bis auf den Lichtkegel eines Spots, der auf die Tür gerichtet war. Delia blinzelte geblendet. Außerdem war es still, totenstill. Keine dezente instrumentale Hintergrundmusik, wie Lennart sie in letzter Zeit bevorzugte.
«Komm näher und knie nieder!» Seine Stimme klang herrisch, duldete keine Verzögerung. Probierte er ein neues Spiel aus?
Sie gehorchte und der Lichtkegel folgte jedem ihrer Schritte, bis zu einer schwarzen Platte, die in den Boden eingelassen war. Der Lichtkegel blieb stehen. Sie war ein wenig irritiert, dass ihr diesmal kein weiches Kissen zur Verfügung stand, das ihre Knie schonen würde, ging jedoch folgsam nieder. Die Platte war hart und kalt, von nietenartigen Noppen überzogen. Delia verzog unwillig das Gesicht. Sie hatte das Gefühl, jede einzelne Niete zu spüren.
«Wo warst du letzten Freitag, Sklavin?»
Lennart sprach leise und langsam, betonte jedes Wort. Delia blieb dadurch der mühevoll unterdrückte Zorn in seiner Stimme verborgen. Er musste fast vor ihr stehen, von dem Lichtkegel überstrahlt, der ihr immer noch in die Augen blendete.
Als er vor einer Woche umsonst hierhergekommen war, von Max erfahren musste, dass Delia kurzfristig abgesagt hatte, da hätte er vor Frustration am liebsten laut gebrüllt und auf Max eingeprügelt. Wie konnte Delia es wagen, ihn zu versetzen? Was gab es Wichtigeres? Stattdessen hatte er seinen Zorn unterdrückt, nur verstehend genickt, sich umgedreht und war wieder gegangen. Wie ein Verfolgter war er durch die Straßen gehetzt und hatte sich schließlich in einer Kneipe sinnlos betrunken. Es verging nicht eine Stunde in den folgenden Tagen, in der er nicht an diese Demütigung gedacht hatte. Sie hatte ihn versetzt! Ihn. Lennart Kerner! Wie konnte sie es wagen! Offensichtlich hatte er ihr nicht genügend Respekt beigebracht, sondern war zu freundlich und liebevoll zu ihr gewesen. Aber einem Lennart Kerner verweigerte man sich nicht! Sie würde ihren Entschluss noch bereuen, sehr bereuen.
«Es tut mir leid, dass ich nicht kommen konnte. Aber ich war kurzfristig zu einer Geburtstagsparty eingeladen.»
Delia antwortete wie selbstverständlich, als wäre nichts dabei. Immerhin hatte sie angerufen und Bescheid gegeben. Sie fand, damit hatte sie alle Pflichten, die der Anstand verlangte, ausreichend erfüllt. Letztendlich war dies hier nichts anderes als ein Geschäftstermin. Obwohl sie es gerne anders gesehen hätte. Und sie hatte sich eigentlich fest vorgenommen, ihn heute endlich zu fragen, ob sie nicht ein privateres Verhältnis eingehen könnten. Aber der Zeitpunkt schien ungeeignet.
Der Lichtstrahl wurde nach oben an die Decke gelenkt und dort von unzähligen Spiegelkacheln reflektiert und gestreut. Einige Wandleuchten wurden dazugeschaltet und verstärkten die kühle Atmosphäre. Die Wände schluckten einen Teil des Lichts, das Zimmer wirkte abweisend und ungemütlich wie ein Kerker.
Der veränderte Ausdruck von Lennarts Stimme traf Delia wie ein Schlag. Er brüllte ungehalten und es gellte ihr in den Ohren. «Was fällt dir ein, selbstständig zu entscheiden? Freitags gehörst du mir, Sklavin! Du hast eine Aufgabe zu erfüllen: Du hast deinem Herrn zu dienen! Nichts anderes!»
Delia erschauerte. Sie sank in sich zusammen, fühlte sich auf einmal klein und hilflos. Er klang fremd, so fremd, als stünde eine andere Person vor ihr, und gefährlich. Ein kalter Schauer ergriff Besitz von ihr. Es fiel ihr ein, dass sie zu allem Überfluss die korrekte Anrede in ihrer Antwort vergessen hatte, und biss sich zerknirscht auf die Lippen.
Sein Griff war fest, beinahe brutal, und sie spürte, dass er Lederhandschuhe trug, als er plötzlich
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