Gefangen (German Edition)
Freundin aufmerksam an. «Genügt dir das, deinen Traummann nur einmal pro Woche zu treffen? Was weißt du eigentlich über ihn?»
Anfangs hatte Sabrina die Wandlung ihrer Freundin verwundert und amüsiert zur Kenntnis genommen. Wie sehr man sich doch in einem Menschen täuschen konnte! Aber mittlerweile betrachtete sie Delias freitägliches Date mit Argwohn. Ein Mann, der eine so attraktive und liebenswürdige Frau wie Delia nur im Edelbordell traf statt ganz privat, der hatte bestimmt etwas zu verbergen.
«Hast du schon darüber nachgedacht, ihn zu fragen, ob er sich nicht mal unter der Woche mit dir treffen will, damit ihr gemeinsam etwas unternehmt? Was für Interessen hat er denn privat? Oder bist du plötzlich geldgeil geworden und genügt dir das Ganze, so wie es ist?»
«Nein! Natürlich nicht!»
Ehrliche Empörung schlug Sabrina entgegen.
«Aber …»
«Aber was?»
Das Croissant zerkrümelte unter Delias nervösen Fingern, ohne dass sie es bemerkte. «Ich habe Angst vor der Wahrheit», erwiderte sie leise und ein feuchter Glanz schimmerte in ihren Augen. «Er ist bestimmt verheiratet, hat eine Familie. Warum sonst sollte er …» Sie sprach nicht weiter. In ihren Augen lag ein stummes Flehen um Hilfe.
Sabrina legte das Messer ab, mit dem sie gerade Butter auf der zweiten Hälfte ihres Brötchens verteilt hatte.
«Süße, du bist da in etwas hineingeschlittert, das du möglichst bald beenden solltest. Frag ihn! Je länger du die Wahrheit hinauszögerst, desto schlimmer wird es für dich!»
Delia nickte.
Sabrina überlegte, ob sie das Thema vertiefen sollte. Aber ihre Freundin sah aus, als ob sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen würde. Ihre Augen glitzerten verdächtig. «Komm», sagte sie aufmunternd, «wir sollten zusammen bummeln gehen. Ein bisschen Abwechslung tut uns beiden bestimmt gut!»
Tatsächlich sorgte Sabrina für Ablenkung. Sie textete Delia sprichwörtlich zu, schleppte sie in eine Pizzeria und ins Kino.
Aber als die Einsamkeit ihrer Wohnung Delia in Beschlag nahm, fragte sie sich erneut, wie es weitergehen sollte. Sie wollte mehr. Weniger Distanz. Mehr Gemeinsamkeiten. Doch was wusste sie schon von diesem Mann? Fast nichts. Vielleicht gab es doch eine Familie oder sie passten gar nicht zusammen – außer beim Sex?
Kapitel 10
Voller Ungeduld lenkte Delia ihr Auto durch die engen Straßen auf der Suche nach einem Parkplatz. Diese Woche war eine einzige Qual gewesen. Sie fühlte eine freudige Anspannung, als sie ausstieg. Er hatte ihr tatsächlich gefehlt. Und wie er ihr gefehlt hatte! Sie lechzte nach seinen Berührungen, aber auch nach seinen Befehlen. Sie verstand zwar selbst nicht, wie dies möglich war, warum sie bereit war zu gehorchen, aber es kümmerte sie auch nicht. In ihrem Schritt spannte und zog es gierig. Noch nie hatte sie ein solches Sehnen empfunden. Noch nie war sie so glücklich und erwartungsvoll gewesen.
Es war an der Zeit, der Wahrheit aufrichtig ins Gesicht zu sehen: Sie war in ihn verliebt! Es war das Letzte, was sie erwartete, als sie dem ersten Date zugestimmt hatte, aber es war in Ordnung. Heute würde sie ihn fragen, ob er frei war und sich mehr gemeinsame Zeit vorstellen konnte. Auch die Idee mit dem Vorlesen berührte ihre Sinne. Wie gefühlvoll er die jeweilige Stimmung der Szene herübergebracht hatte, indem er beim Lesen unterschiedlich betonte. Natürlich hätte sie in die nächste Buchhandlung laufen und sich das Buch kaufen können. Aber das wäre nicht dasselbe gewesen und sie widerstand der Versuchung. Es war nicht ihre Stärke, sich zu verstellen, und er hätte es bestimmt bemerkt, wenn sie den Fortlauf der Geschichte bereits kannte, und wäre enttäuscht gewesen.
Ihre Schritte wurden schneller. Beinahe atemlos erreichte sie das Edelbordell und trat mit einem Gefühl der Euphorie ein.
Mona überlegte, ob sie Delia warnen sollte. Es lag etwas Unbestimmbares in der Luft. Lennart Kerner hatte freundlich wie immer gegrüßt, doch seine Ausstrahlung war trotzdem auf irgendeine Weise frostiger als sonst. Als er dann auch noch fragte, ob ein anderer Raum zur Verfügung stünde, und seinen Wunsch nannte, läuteten Monas Alarmglocken. Sie stand zusammen mit Lena hinter dem Empfangstresen. Als Kerner nach unten gegangen war, griff sie zum Hörer des Haustelefons und informierte Max, aber dieser lehnte es ab, irgendetwas zu unternehmen. Delia würde mit Kerner schon klarkommen. Selbst mit seiner schlechten Laune, worauf der
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