Gefangen im Terror (German Edition)
war. Niemand hatte gewusst, warum er nicht mit dabei war. Da er der einzig wirklich gute Sprengstoffexperte der Truppe gewesen war, hatten alle gehofft, dass er vor Ort die Sprengungen vornehmen würde und nichts dem Zufall überlassen blieb. Doch Chamil war spurlos verschwunden. Achmed befürchtete, dass sein Freund vielleicht als einer der Ersten den Milizen zum Opfer gefallen war.
Achmed konnte nicht ahnen, dass Mehmet seinen Bruder absichtlich zu spät verständigt hatte. Schon am Vorabend der Geiselnahme war klar, wo und wann der Einsatz erfolgen würde. Mehmet hatte als einziger gewusst, dass Chamils zukünftige Frau in dieser Schule war. Er hatte seinem Bruder nichts gesagt, obwohl ihn dieser zwei Mal nach dem Einsatzort gefragt hatte. Er hatte befürchtet, dass Chamil durch seine Verliebtheit zu Fatma die Sache noch verraten könnte.
In der Schule hatte er den anderen Terroristen gegenüber so getan, als ob es auch für ihn unerklärlich sei, warum sein Bruder verschwunden blieb. Es war ihm egal, ob Fatma umkam oder nicht. Sie war keine Frau für Chamil, da war sich Mehmet sicher. Sie war zu schlau und mischte sich immer in die Angelegenheiten der Männer ein. Er vermied es sie zu treffen, wenn es möglich war. Von Anfang an war sie ihm ein Dorn im Auge gewesen.
Nach 12 Stunden tiefen Schlafs wachte ich in meinem Zimmer auf. Meine Eltern standen vor dem Bett und mein Vater, der mich sonst kaum wahrnahm, sagte, als ich die Augen öffnete: „Wie gut, dass du wieder zu Hause bist.“ Dann verließ er mein Zimmer. Es war das erste Mal, dass mein Vater mein Zimmer in meiner Gegenwart betreten hatte. Meine Mutter hatte für mich gekocht und alle saßen um mich herum und schoben mir Leckerbissen zu. Es tat so gut, wieder daheim zu sein. Ich war aber noch immer so geschwächt, dass ich kaum essen konnte. Meine Eltern stellten mir zum Glück kaum Fragen nach den vergangenen Tagen. Ich war ihnen dafür dankbar. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, das Erlebte wiederzugeben.
Stattdessen erzählten sie mir, wie Chamil bei ihnen war, sie beruhigt hatte, und wo er sich die ganze Zeit mit seinem Gewehr verschanzt hatte, um die Schule zu beobachten.
Mein Vater sagte immer wieder: „Man konnte nichts tun, nur warten.“ Er sagte es, wie um mich zu beschwichtigen. Was hätten sie auch gegen die Terroristen unternehmen können? Trotzdem war ich enttäuscht. Chamil hatte wie alle anderen auch nur gewartet. Warum er dann am Ende so schwer verwundet wurde, war für alle ein Rätsel.
Jetzt lag er im Koma. Ich konnte mich über meine Rettung nicht richtig freuen. Alle meine Wünsche hingen mit Chamil zusammen. Würde er je wieder gesund werden? Was würde ich anfangen, wenn er lebenslang Pflege brauchte? Ich wagte nicht, mir vorzustellen, dass auch das Schlimmste eintreten könnte: dass er doch noch an seiner Verletzung sterben würde. Ich war unruhig und wollte so schnell wie möglich wieder ins Hospital fahren, um ihn zu sehen.
Während Achmed und Omar die Landstraße beobachteten, bewegte sich hinter der Schule auf der Rückseite des Hügels ein Jeep bergan. Der Beifahrer schaute angestrengt durch ein Fernglas und gab dem Fahrer an, in welche Richtung er fahren sollte.
Achmed erkannte die Gefahr sofort. Man hatte sie entdeckt. Jetzt würde die Jagd beginnen. Der Fluchtweg war ihnen abgeschnitten. Das Gelände war jedoch nicht nur unübersichtlich, sondern auch mit großen Felsbrocken übersät und so steinig, dass der Jeep unmöglich die ganze Anhöhe hinauffahren konnte. Irgendwann mussten sie aussteigen. Dann gab es vielleicht eine Möglichkeit, sie anzugreifen.
Achmed und Omar kauerten am Boden und legten vor sich Munition bereit. Das Gewehr hielten sie im Anschlag. Die beiden Soldaten hatten, wie erwartet, ihren Jeep verlassen und kamen näher, sie bewegten sich vorsichtig von Fels zu Fels und Omar wurde nervös. Er atmete schwer. Als einer der Soldaten aus der Deckung ging, drückte Omar ab.
Er verfehlte sein Ziel. Achmed nahm sich keine Zeit ihn zu rügen. Er hatte zu früh geschossen. Jetzt wussten die Angreifer genau, wo sie waren. Achmed blieb am Boden und riss sofort sein Schnellfeuergewehr hoch. Er schoss in breit gestreuten Garben auf die Soldaten. Omar stand auf und folgte seinem Beispiel. Achmeds Warnung kam zu spät. Omar fiel getroffen nach hinten, ohne einen Laut von sich zu geben.
Achmed war nicht sicher, dass beide Angreifer erledigt waren. Er kauerte noch immer am Boden und rührte sich nicht. Er
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