Gefangen im Terror (German Edition)
viele. Einige der Einheimischen schauten sich die Gesichter an. Es waren auch bekannte darunter, Söhne aus gutem Hause, Freunde aus benachbarten Dörfern.
Einige der Terroristen waren lebend gefangen genommen worden. Sie waren sofort abtransportiert worden. Inzwischen war sicher, dass die Anführer weder unter den Toten noch unter den Gefangenen waren. Auch ein paar Frauen fehlten. Obwohl einige Hubschrauber nach dem Ausbruch des Feuers über der Schule und der Umgebung gekreist waren und einige Flüchtende aus der Luft erschossen wurden, waren doch einige der Terroristen entkommen.
Im hinteren Teil der Schule wurde auch am Nachmittag immer noch geschossen. Die Befreier waren nicht zimperlich, es gab kein übergeordnetes Kommando. Sie waren auf eigene Faust unterwegs und verwandelten die Schule in einen Kriegsschauplatz.
Nachdem die meisten der noch lebenden Geiseln frei gekommen waren, hatten sich einige der Terroristen im Keller der Schule und im Geräteraum verschanzt. Sie warfen Handgranaten und Splitterbomben, sobald sich die Milizen näherten. Die Befreier setzten einen Panzer ein. Sie führte das Rohr durch eine Fensteröffnung in den Keller. Dann schossen sie, obwohl zu befürchten war, dass die Geiselnehmer noch Kinder und andere Geiseln in ihrer Gewalt hatten. Einige der Terroristen versuchten zu fliehen, andere wurden erschossen oder gefangen genommen. Viele starben, auch Geiseln.
Die Einsatzleitung war überfordert. Die Befehle gingen quer durcheinander. Einige Soldaten kämpften als Einzelkämpfer, obwohl es sich nicht um eine Elitetruppe handelte. Die Ausdauer der Terroristen war unterschätzt worden. Der Widerstand war heftig. Die Geiselnehmer verfügten über zu viele Waffen und zu viel Munition.
Als man mich in den Krankenwagen brachte, war dieser bereits mit verletzten Frauen und Kindern überfüllt. Die Türe wurde geschlossen und wir fuhren in rasendem Tempo davon. Die Kinder stöhnten vor Schmerzen, jede Erschütterung war eine Qual. Die Fahrt dauerte eine halbe Ewigkeit, bis wir endlich vor einem Hospital anhielten, das uns aufnehmen konnte. Zwei Krankenhäuser hatten wegen Überfüllung abgelehnt. Schwestern und Ärzte nahmen uns in Empfang. Nicht nur die Zimmer, auch die Gänge des Krankenhauses waren bereits überfüllt und wir mussten auf dem Boden sitzend warten, bis einer nach dem anderen untersucht wurde.
Meine Verletzungen waren vergleichsweise gering. Nur die blutenden Hände, die ich in mein Kleid eingewickelt hatte, mussten von Glassplittern befreit und verbunden werden und die Verletzung im Rücken war wohl nur eine Prellung, die nicht weiter behandelt wurde. So konnte ich nach der Untersuchung wieder gehen.
Die Hände wurden desinfiziert und notdürftig je zu einem Ballen verbunden, so dass ich nichts mehr anfassen konnte. Ich musste jemanden finden, der für mich telefonieren konnte. Doch das war im Krankenhaus unmöglich. Niemand hatte ein Handy. Angesichts der vielen Schwerverletzten, die laufend noch gebracht wurden, wollte ich nur noch weg.
Dieses Krankenhaus war ein Platz zum Sterben. Ich musste sofort hinaus, um wieder klar denken zu können. Die Geiselnahme war zwar beendet, aber der Alptraum dauerte an. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und überall sah ich noch die drohenden Gewehrläufe vor mir. Auf den Gängen des Krankenhauses rannten und schoben sich Verletzte und suchende Angehörigen aneinander vorbei und ich blickte in verzweifelte Gesichter. Ich wollte endlich nach Hause zu meinen Eltern und zu Chamil, den ich dort zu finden hoffte. Wie unter Trance ging ich die Gänge entlang zum Hautpeingang. Draußen auf der Treppe holte ich tief Luft und setzte mich hin. Es war ein glühend heißer Nachmittag und obwohl die Sonne schon tief stand, brannte sie mir ins Gesicht. Ich legte meinen Kopf in meine bandagierten Hände und bedeckte meine Augen. Ich war immer noch durstig. Man hatte mich nur einmal aus einer Wasserflasche trinken lassen. Meine Kräfte waren am Ende, ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten. Es kümmerte sich hier keiner um mich.
Eine ganze Weile saß ich so. Es liefen viele an mir vorbei, ohne mich zu beachten. Doch dann sprach mich einer unserer Nachbarn an, der auf der Suche nach seinen Töchtern war. Als er mich sitzen sah rief er: „Du lebst, was für ein Glück für deine Eltern! Hast du Sarah und Elida gesehen?“
Ich hatte sie nicht gesehen und schüttele nur den Kopf. Er antwortete mit belegter Stimme: „Ich suche im
Weitere Kostenlose Bücher