Gefangen im Terror (German Edition)
wie eine Verbrecherin behandelt. Vor dem Einschlafen überlegte ich, ob Chamil eine Ahnung davon hatte, wie es mir hier erging und ob er auch ab und zu an mich dachte. Ich hoffte sehr, dass er sich bald melden würde.
Obwohl ich versuchte, die Gedanken zu verscheuchen, musste ich auch immer wieder an Achmed denken. Er stand zwischen mir und Chamil, trotzdem konnte ich mich seiner Ausstrahlung nicht entziehen. In seiner Gegenwart bekam ich Herzklopfen und einen trockenen Mund. Ich wagte kaum ihm ins Gesicht zu sehen, weil ich seinem Blick nicht standhalten konnte. Obwohl ich mich ständig über seine Präsenz ärgerte, spürte ich ein unwiderstehliches Verlangen, ihn wieder zu sehen. Mir kam der Verdacht, dass es Chamil ähnlich ergehen könnte. Diese Gedanken erschreckten mich, so dass ich lange nicht zur Ruhe kam.
Am nächsten Morgen zog ich wie alle anderen einen Tarnanzug an. Tarantula machte mich darauf aufmerksam, dass ich unter keinen Umständen meine langen Haare zeigen durfte. Sie sagte: „Sonst sind sie ab, das kann ich dir versprechen!“ Mir war schon aufgefallen, dass die Frauen auch zum Kampfanzug einen Schleier trugen. Das war sicher hinderlich, andererseits aber normal. Hier im Camp rissen sie sich die Tücher sofort vom Kopf, wenn sie zur Türe herein kamen. Ich war daran gewohnt, meine Mähne zu verstecken. Zuerst flocht ich einen dicken Zopf, den ich am Hinterkopf feststeckte, dann band ich mir ein festes Tuch um den Kopf und zog darüber noch einen Tschador, damit jede Locke abgedeckt war. Das würde in der Hitze sicher sehr unangenehm werden, aber das war besser, als meine Haare zu verlieren. Chamil liebte meine Locken über alles und er sprach immer davon, einen Sohn und eine Tochter mit dieser Haarpracht zu bekommen.
Wir wurden mit dem Jeep abgeholt und mussten uns ganz eng zusammendrängen. Der Fahrer sprach nicht mit uns und fuhr in einem viel zu schnellen Tempo und ohne Rücksicht auf die Hindernisse auf einer steinübersäten Piste dahin. Zunächst ging es über ebenes Land, dann steil bergan. Schließlich öffnete sich vor uns eine Schlucht, in die wir hinab fuhren. In der Talsohle waren wir am Ziel. Dort stiegen wir aus. Es waren bereits mehrere Männer und Frauen anwesend, die auf einen großen Handwagen Gewehre und Metallgestelle verluden. Für die Munition waren wir zuständig. Sie war in einer Kiste verstaut, die wir aus einem Erdbunker holten, der mit einer Stahlplatte verschlossen war. Die Kiste war sehr schwer und wir schleppten sie abwechselnd bis zum Gefechtsstand.
Wir wurden in zwei Gruppen zu je 5 fünf Frauen eingeteilt, die erste Gruppe musste die Ziele aufstellen und auswechseln, die andere nahm am Gefechtsstand Aufstellung.
Ich hatte noch nie mit einem Gewehr geschossen, und ich wusste nicht, ob ich es dem Kommandanten sagen sollte oder nicht. Unglücklicherweise hatte man mich zum Gefechtsstand eingeteilt. Ich beobachtete die anderen Frauen, wie sie mit den Waffen umgingen und machte es ihnen nach. Tarantula war neben mir und blickte immer wieder zu mir herüber. Aber sie konnte nicht mit mir sprechen, ohne aufzufallen, da wir ziemlich weit auseinander standen.
Ich schaffte es tatsächlich, die Munition einzulegen und das Gewehr schussbereit zu machen. Doch dann kamen das Anlegen und das Kommando zum Schießen. Ich war so aufgeregt, dass ich beim Abzug das Gewehr total verriss und irgendwo in die Luft schoss. Der Rückstoß, auf den ich nicht gefasst war, warf mich um und ehe ich aufstehen konnte, spürte ich einen harten Fußtritt in die Seite.
Der Kommandant stand neben mir, ein schiefes Lächeln im Gesicht. Er hatte mir den Fußtritt verpasst. Ich stand zögernd auf. Meine Schulter schmerzte und der Fußtritt war heftig gewesen. Als ich stand, sah ich ihm ins Gesicht. Es war Mustafa, der Terrorist aus der Schule, den ich für tot gehalten hatte. Vor Schreck konnte ich gar nichts sagen. Ich trug einen Schleier, so dass mein Gesicht verdeckt war. Das war meine Rettung.
Obwohl Mustafa in Beslan am Anfang der Geiselnahme mehrere Stunden als unser Bewacher im gleichen Gang wie ich gewesen war, hatte er mich nicht erkannt.
Anscheinend hatte er mich die ganze Zeit beobachtet. Es war mir nicht aufgefallen, denn ich war zu sehr mit dem Gewehr beschäftigt gewesen. Er herrschte mich an: „Was soll das, glaubst du wir schießen hier auf Geier?“
Ich hatte mein Gewehr nach dem Schuss vor Schreck fallen lassen und hob es schnell wieder auf.
Ich antwortete: „Ich
Weitere Kostenlose Bücher