Gefangen im Terror (German Edition)
schieße heute zum ersten Mal und muss es erst lernen.
Er grinste und sagte: „Lerne schnell, sonst geht es dir schlecht!“
Er blieb schräg hinter mir stehen und beobachtete mich. Wir mussten erneut laden und uns wieder in Position bringen. Ich schaute noch mal verstohlen zu Tarantula, die die Sache ja schon beherrschte. Ich versuchte, es ihr nachzumachen. Mustafa ließ mich nicht aus den Augen. Als ich mich zum Schuss bereit machte und auf ein Knie niederließ, stand er plötzlich neben mir und zischte:
„Halte das Gewehr gerade und konzentrier dich auf den Abzug. Beim Kommando atmest du aus und dann schießt du, ohne den Lauf zu bewegen.“
Immerhin gab er mir brauchbare Anweisungen. Ich fürchtete trotzdem, wieder nur in die Luft zu schießen. Dieses Mal war ich auf den Rückstoß gefasst und hielt die Waffe eisern fest. Getroffen hatte ich auch, aber nur den Rand der Figur. Das war meilenweit vom inneren Kreis entfernt. Mustafa lachte laut auf, als er meinen Einschuss sah. Im Weggehen sagte er: „Heute Abend triffst du in die Mitte.“ Ich holte tief Luft und brachte lud mein Gewehr nach. Wir feuerten etwa 100 Schüsse ab und ich glaubte es selbst kaum, dass ich immer besser wurde, dann hieß es: Gruppenwechsel. Jetzt mussten wir die Ziele aufstellen und im heißen Sand hin und her rennen.
Wir hatten mit ganz einfachen Gewehren geschossen. Auf dem Wagen lagen noch andere Waffen. Nach einer kurzen Pause, in der wir Wasser trinken konnten, ging es weiter.
Als nächste Waffe erhielten wir ein Schnellfeuergewehr mit einigen Munitionspackungen. Der Kommandant kam zu mir her und fragte: „Wie sieht es damit aus?“ Ich blickte ihn an und schüttelte resigniert den Kopf. Er rief einen der anderen Männer zu sich und sagte: „Nimm dir die mal beiseite und erkläre ihr die Technik, bevor sie in den Gefechtsstand geht. Wir wollen heute keine Toten!“
Nachdem ich noch nie eine derartige Waffe in der Hand gehalten hatte, dauerte es eine Weile, bis ich begriffen hatte, worauf es ankam. Der Mann, der sich als sehr geduldig herausstellte, zeigte mir jeden einzelnen Handgriff mindestens 10 Mal, bevor er mir die das Gewehr selbst in die Hand gab. Das war auch gut so, denn die Schüsse kamen in einer unglaublichen Geschwindigkeit aus dem Lauf und ich hatte das Gefühl, dass die ganze Munitionskette, die ich eingelegt hatte auf einen Abzug durchrasselte. Man musste den Finger schnell wieder vom Abzug nehmen und mit dem Zielen war es auch schwierig. Der Terrorist erklärte mir, dass man damit gar nicht so genau zielen musste, weil man mit dieser Waffe mehrere Menschen fast gleichzeitig treffen konnte. Mir war bisher gar nicht klar gewesen, wie gefährlich diese Schnellfeuergewehre waren, die ich in Beslan auch bei Jugendlichen schon gesehen hatte. Wie leicht es war, damit eine ganze Menge Menschen tödlich zu treffen, ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Auch unser Nachbarsjunge hatte so ein Gewehr und ging damit immer wieder in die Berge. Seine Mutter hatte uns ganz stolz erzählt, dass er zur Jagd ginge. Wir sahen ihn jedoch nie mit einem toten Tier zurückkommen. Vielleicht war er auch bei den Terroreinheiten und seine Mutter wusste es gar nicht.
Als ich zu den anderen ging, sah ich, dass die Ziele, die wir jetzt treffen sollten nicht nur viel weiter entfernt waren, sondern noch viel kleiner und vereinzelt aufgestellt waren. Obwohl ich mich sehr bemühte, traf ich mit diesem Gewehr zunächst gar nichts.
Ich schoss immer in den Sand, der aufspritzte wie aus Wasserpfützen. Als Mustafa wieder zu mir herkam, begann ich zu zittern. Er stellte sich stumm neben mich und sah mir eine ganze Weile zu.
Dann sagte er abfällig: „Du taugst wahrscheinlich nur dazu, dich selbst in die Luft zu sprengen!“ Vielleicht sollte das wie ein Spaß klingen, ich jedenfalls konnte nicht darüber lachen. Ohne weitere Bemerkung ging er weiter zu Tarantula, die alle ihre Ziele niedergemäht hatte.
Ich war froh, als unsere Gruppe endlich die Ziele, die zum Teil aus Pappkartons und Strohballen mit Schießscheiben bestanden, aufstellen musste. Wobei ich schrecklich Angst hatte, dass eine der Frauen zu früh schießen würde. Die gleißende Hitze machte mir zu schaffen, der Schweiß floss mir in die Augen und brannte. Und nach dem Stand der Sonne zu urteilen, war Mittag bereits überschritten. Endlich rief der Kommandant: "Alle zum Zelt!" Das war das Kommando, dass die Schießübungen für heute beendet waren. Als alle ihre Ergebnisse gezeigt
Weitere Kostenlose Bücher