Gefangen im Terror (German Edition)
Schnellfeuergewehre, sogar eine Kiste mit Handgranaten und Raketenmunition waren darin verstaut. Chamil sagte mit ironischem Lächeln: „Deine Sachen kannst du im Koffer lassen. Wir ziehen hier nicht richtig ein.“
Und er fügte hinzu: „Du weißt, dass du hier nicht ohne Befehl auf die Straße gehen darfst. Wir müssen alles genau absprechen, denn die Straßen von Bagdad sind gefährlich.“ Das hatte uns schon der Kommandant eingeschärft. Keine Alleingänge und wenn, dann nur auf Befehl. Hier waren alle Geheimdienste aktiv und man musste immer damit rechnen, überprüft zu werden.
Bei der Anfahrt zu unserer Wohnung hatte ich ein Kaufhaus gesehen. Es war unbeschädigt und ich hätte gerne dort ein wenig herumgeschaut. Ich war das letzte Mal vor einem Jahr in einem Kaufhaus in Tbilisi gewesen. Ich wagte nicht Chamil danach zu fragen. Er war bereits am Telefon und sprach mit Achmed. Sie verabredeten sich für den Abend an einem anderen Stützpunkt. Chamil teilte mir nach diesem Gespräch mit, dass ich in der Wohnung bleiben müsste und morgen früh erfahren würde, wann ich zum Einsatz kam und zur Botschaft gehen könnte.
Ich war wieder zum Nichtstun verdammt und musste in dieser Wohnung wie eine Gefangene bleiben. Es war mir alles sehr fremd. Die Jalousien vor den Fenstern und die seltsame Einrichtung. Ich hatte noch nie in einem westlichen Bett geschlafen und die Matratze schwebte hier über dem Boden. Das erschien mir seltsam. Als ich mich probeweise darauf niederließ, ächzte sie und gab nach unten nach. Ich stand sofort wieder auf. Chamil, der mich beobachtet hatte, lachte. Er nahm Anlauf und landete mit einem Sprung mitten auf dem Bett, dass es krachte.
„Es ist stabil, es wird nicht unter uns zusammenbrechen“, sagte er triumphierend. Ich war trotzdem vorsichtig. Außerdem war mir schon wieder übel. Ich hatte seit dem Flug noch nichts gegessen und mein Magen war leer. Ich ging ins Badezimmer und würgte über dem Waschbecken grünlichen Schleim heraus. Danach war ich so fertig, dass ich mich hinlegen musste. Chamil sah mich nur fragend an. Aber er sagte nichts. Er ging, um für uns etwas zum Essen zu besorgen. Ich sollte mich ausruhen.
Als er zurückkam legte er Schminksachen auf den Tisch. Ich sah ihn ungläubig an. „Soll ich mich jetzt schminken?“, fragte ich verunsichert. „Du bist die Frau eines bekannten Wissenschaftlers“, antwortete Chamil, „und wenn du morgen zur Botschaft gehst, schadet es nicht, wenn du die Augen schminkst, denn das tun alle Frauen in Bagdad.“
Ich sah in ungläubig an. Er wusste genau, was die Frauen in Bagdad taten. Ich hatte noch nie in meinem Leben Lidschatten benutzt und Chamil hatte eine grelle grüne Farbe gekauft. Ich öffnete sie und ging damit an den Spiegel. Als ich sie aufgetragen hatte, ging ich zurück zu Chamil und blinzelte ihn an. „Und, ist es gut so?“
„Vielleicht ein bisschen zu viel!“, sagte er zögernd, „aber es steht dir gut!“ „Den Lippenstift brauche ich nicht“, sagte ich und legte die goldene Hülse wieder aus der Hand. Chamil antwortete: „Den brauchst du nur für mich, denn ohne Schleier kann ich ihn sehen.“ Dieser Mann hatte immer wieder Überraschungen für mich bereit. Er wollte also, dass ich mich für ihn anmalte.
Er nahm mich in die Arme und sagte: „Fatma, bald ist alles vorbei und wir fangen ein neues Leben an! Wir gehen nach Europa und da sehen alle Wohnungen so aus wie hier. Du kannst dich schon daran gewöhnen.“ Das war wieder der Chamil, wie ich ihn kannte: Zärtlich und fürsorglich. Vielleicht wurde ja doch noch alles gut.
Die Nacht verbrachte ich alleine in dem westlichen Bett. Richtig schlafen konnte ich darin nicht. Es war heiß und stickig in dem Zimmer und ich wagte nicht, ein Fenster zu öffnen. Auf der Straße fuhren die ganze Nacht Militärfahrzeuge und der ungewohnte Lärm schreckte mich immer wieder auf. Außerdem ächzte das Bett bei jeder Bewegung. Chamil kam erst am nächsten Morgen von seiner Besprechung zurück. Er sagte: „So, jetzt kommt dein Teil.“ Er gab mir einen Stadtplan und erklärte mir den Weg zur Botschaft. Ich durfte kein Taxi benutzen, denn das tun Frauen ohne Mann in Bagdad nicht.
Der Gedanke, dass ich schon in einer Stunde allein in Bagdad in eine amerikanische Botschaft gehen sollte, regte mich auf. Bisher war immer irgendjemand für mich verantwortlich gewesen. Ich hatte Angst, zu versagen. Was war, wenn man mir nicht glaubte, dass ich Frau Mehoudin war. Wie hatte
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