Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)
Wanne und schleudert ihren Busen!«, krähten die beiden vergnügt. »Der soll nämlich auch wachsen und gedeihen!«
»Oh, dann will ich nicht länger stören…«
Der Zeuge Jehovas zog ab und kam nie wieder.
Und ich packte den Busenkram in eine Tüte und trug ihn auf den Dachboden. Von Stund an habe ich nie wieder versucht, Gott ins Handwerk zu pfuschen.
Die Jahre zogen ins Land. Es waren gute Jahre. Man könnte es biblisch ausdrücken: Es waren sieben fette Jahre. Wir lebten wie die Maden im Speck. Leo und ich hatten uns arrangiert. Jeder ging seinen Aufgaben und Interessen nach, und ansonsten ließen wir uns in Ruhe. Es war ein Leben, wie ich es mir besser nicht wünschen konnte. Meine Schwiegereltern Walter und Ursula waren reizend. Weil ich längst über einen schnittigen Zweitwagen verfügte, fuhr ich sie überall hin und machte mit ihnen und den Kindern die schönsten Ausflüge.
Einmal baten sie mich, sie zu einer Beerdigung in die Pfalz zu fahren. Eine entfernte Cousine von Walter war gestorben. Nach etwa einer Stunde Fahrt hatten wir ein wenig die Orientierung verloren. Schwiegervater Walter saß neben mir auf dem Beifahrersitz, seinen Trauerkranz auf dem Schoß, und versuchte, die Schilder zu lesen.
»So ein Mist, Gerti, ich weiß einfach nicht mehr, wie das Kaff hieß … «
Ein Navigationssystem gab es ja damals noch nicht, und so hielt ich zögernd an einer Kreuzung.
»Das ist ja schon eine Ewigkeit her«, seufzte Schwiegervater Walter, »dass ich als junger Mann zum letzten Mal hier war!« Er sah sich verunsichert um. »Durch die ganzen Neubauten hat sich die Landschaft komplett verändert!« Er hob ratlos die Hände.
In dem Moment näherte sich ein Auto von rechts und blieb ebenfalls wartend an der Kreuzung stehen.
»Rechts vor links, Gerti. Lass den zuerst fahren.«
»Schaut mal, die Leute da sind auch alle schwarz gekleidet, und die Frau auf dem Beifahrersitz hat auch einen Kranz auf dem Schoß!« Schwiegermutter Ursula tippte mir ganz aufgeregt auf die Schulter.
»Die fahren da bestimmt auch hin!«
»Seid ihr sicher?«
»Fahr ihnen nach, Gerti!«
»Ganz wie ihr wollt!«
Ich gab Gas und folgte dem voll beladenen Opel Kapitän, in dessen Fond gleich drei schwarz gekleidete Omas saßen. Auf der Hutablage saß ein Wackeldackel und nickte uns unablässig zu, so als wollte er uns darin bestätigen, ihm zu folgen. Logisch, die wollten alle zum Begräbnis von Cousine Hilde.
Es dauerte ziemlich lange, bis wir endlich den Friedhof erreichten. Der alte Herr am Steuer fuhr so langsam, dass ich mehrmals versucht war, ihn zu überholen.
»Mann, das war ja doch noch ne Strecke«, stellte Schwiegervater Walter fest. »Ich hatte es nicht so weit in Erinnerung.«
Endlich waren wir da. Wir parkten nebeneinander vor der Friedhofsmauer und stellten den Motor ab.
»Kennst du die?«, fragte Schwiegermutter Ursula, als sich die fünf alten Herrschaften mit Trauermienen umständlich aus ihrem Schlachtschiff schälten.
»Ich kann mich nicht erinnern.« Würdevoll krabbelten wir aus dem Auto. Ich trug ein schwarzes Kostüm mit passendem Hütchen, selbst geschneidert nach einem Schnittmuster. Mit meinen schwarzen Lackstiefeln sah ich aus, als wäre ich soeben der Modezeitschrift »Madame« entsprungen.
»Wahrscheinlich ist das alles Verwandtschaft väterlicherseits.«
Wir schritten mit Trauermienen hinter den Herrschaften her und erreichten bald den Trauerzug. Ein Pfarrer schwenkte Weihrauch, ein halbes Dutzend Messdiener marschierte gelangweilt vor ihm her, dann kam die dörfliche Blaskapelle, die schaurig scheppernd einen Trauermarsch spielte. Den wettergegerbten Gesichtern der Männer war die Vorfreude auf das anschließende Bier in der Gaststätte anzusehen. Gemessenen Schrittes reihten wir uns ein und bemühten uns um einen tränenumflorten Blick, als sich die über hundert Trauergäste um das offene Grab scharten. Der Pfarrer redete ziemlich lange über die Vorzüge der lieben Verblichenen, und ich beobachtete die anderen Trauergäste. Dann setzte sich die endlose Reihe im Schneckentempo in Bewegung: Jeder nahm ein Schäufelchen Erde und warf sie auf den Sarg. Zuletzt kamen wir an die Reihe. Die Trauernden begaben sich in Richtung Gaststätte, aus der es bereits einladend nach Schweinebraten roch. Ohne Cousine Hilde je gekannt zu haben, empfand ich inzwischen tiefe Trauer um die Verstorbene, nahm auch so ein Schäufelchen Erde und ließ es auf den Sarg rieseln. Walter und Ursula konnten ein
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