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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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auf dem Kopf nach Hause tragen.
    Zurück in unserem Luxusviertel sah ich schon eine helle Gestalt am Gartentor stehen.
    Es war unser Nachbar, der deutsche Arzt Harald Wellenbrink.
    Er gehörte nicht zu unserem Freundeskreis, ich hatte das Gefühl, dass er Leo nicht ausstehen konnte.
    Als er unser bespucktes, lädiertes Auto sah, riss er unser Tor auf und winkte uns hastig hinein.
    »Alles in Ordnung?«
    Hastig riss er die Fahrertür auf, und ich taumelte ihm entgegen.
    Harald Wellenbrink fing mich auf, und ich musste mich zwingen, ihm nicht weinend an die Brust zu sinken.
    »Sind Sie wahnsinnig, nach Katutura zu fahren?«, herrschte mich Wellenbrink an. Apathisch ließ ich seine Strafpredigt über mich ergehen. Mir war alles egal. Ich wollte nur noch weg, weg aus Afrika.
    »Woher wissen Sie … «
    Der Arzt zeigte nur auf Jasper. »Ihr Wachmann hat mich um Hilfe gebeten, er meinte, Sie kämen nicht lebend wieder hier an!«
    »Aber ich wusste doch nicht … .«
    »Sie wussten nicht?!« schnauzte der Arzt mich an. »Wie naiv kann man denn sein? Ich glaube, ich muss jetzt mal ein ernstes Wörtchen mit Ihnen reden.«
    Oje, das fehlte mir gerade noch.
    »Jasper, geh bitte mit den Kindern ins Haus … «
    Die drei trabten davon. Thomas weinte verstört. O Gott, was mutete ich meinen armen Kindern zu? Und was würde ich ihnen noch zumuten müssen?
    »Frau Wolf, es geht mich ja nichts an, in welcher Konstellation Sie hier leben … « Der Arzt sah mir ins Gesicht und bemerkte meine Tränen. Etwas milder fügte er hinzu: »Ich kann mir denken, dass es für Sie auch nicht einfach ist.«
    Klar. Als Nachbar hatte er natürlich auch schon Leo mit Marion in diesem Haus erlebt.
    »Nein«, schluchzte ich, am Boden zerstört.
    »Ja, klärt Ihr Mann Sie denn gar nicht über die Gefahren auf?«
    »Er sagt immer, das sei bloß Panikmache, und wir wären hier völlig sicher. Außerdem habe ich doch Ona und Jasper, die auf uns aufpassen«, wandte ich ein.
    Ihm entfuhr ein verächtliches Lachen. »Wenn es hart auf hart kommt, bringen die ihre eigene Herrschaft um! Ich habe Dinge gehört und gesehen, die ich Ihnen lieber verschweigen möchte«, knurrte der Arzt. »Sie sitzen hier auf einer Zeitbombe, Frau Wolf. Nehmen Sie Ihre Kinder und gehen Sie!«
    Wenige Tage später kam Leo völlig erledigt nach Hause. Ich hatte vorgehabt, ihn noch einmal um die Pässe zu bitten, um die Erlaubnis, mit den Kindern Deutschland besuchen zu dürfen. Mit dem Versprechen, so bald wie möglich zurückzukehren. Ich wolle nur nach seinen Eltern schauen, den Kindern ein Wiedersehen mit den Großeltern ermöglichen.
    Aber an seiner Verfassung sah ich, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Seine Haare hingen ihm wirr in die Stirn, sein Hemd war zerrissen, und seine Hose wies Ruß- und Blutspuren auf. Der Manisch-Depressive steckte gerade in einem Tief. Sein Auto, das draußen vor dem Fenster parkte, war zerkratzt und die linke Scheibe eingeworfen.
    Wie in Trance reichte ich ihm sein Whiskeyglas und seine Zigaretten. »Was ist passiert?«
    »Die schwarzen Schweine haben meine Filiale in Walvis Bay überfallen!« Wutentbrannt ließ sich Leo in seinen Ledersessel fallen.
    »Um Himmels willen!«, heuchelte ich Mitleid. Ich musste ihm das Gefühl geben, dass ich auf seiner Seite war!
    »Sie haben alles ausgeraubt, verwüstet, in Brand gesteckt!«, schrie Leo. »Diese Irren! Meine eigenen Arbeiter, die mir ihre Scheißexistenz verdanken!« Er warf das Glas gegen die Wand, wo es klirrend zerbarst.
    Ich begann sofort, die Scherben einzusammeln. Ich musste irgendetwas tun, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Er sah aus wie ein Wahnsinniger: Sein Gesicht war hassverzerrt, seine Augen blutunterlaufen. Zitternd dachte ich an die Prophezeiungen des Arztes, unsere Hausdiener würden ebenso mit uns verfahren, es sei nur noch eine Frage der Zeit.
    »Autsch!« Ich zuckte zusammen. Eine Scherbe hatte sich in meine Hand gebohrt. Hastig leckte ich das Blut ab.
    »Hol den Staubsauger, blöde Kuh!«
    »Ja, natürlich, sofort … « Um ihn abzulenken, brachte ich ihm ein neues Glas Whiskey.
    »Diese Nigger!«, brüllte Leo, und seine Halsader schwoll an. »Ich werde sie ausrotten, ihre Elendshütten anzünden, Benzin über ihrem Scheißgetto abwerfen … «
    O Gott, er war wirklich wahnsinnig geworden! Was sollte ich tun?
    »Statt dankbar zu sein, dass wir ihnen was zu fressen geben!«, brüllte er. »Sind wir hier nicht immer großzügig gewesen und haben sie aus

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