Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)
vorhergesehen hatte:
»Nur ne Drei in Deutsch, der Schwachkopf kann doch selbst nur Sauerländer Platt! Sacht immer woll nech, sachma!« Thomas machte sich über seine Käsenudeln her. »Nur weil ich immer gell sag! Er meint, gell ist kein Wort. Dabei isch gell wohl ein Wort, gell, Mama! Müsse mer heut die ganze blöde Aufgab mache? Wir wolle doch im Rege spiele!«
»Kinder, Überraschung! Wir gehen heute ins Autokino«, ließ ich die Bombe platzen. »Der Ricky Reiner lädt uns alle in einen James-Bond-Film ein!«
Großes Gejubel am Küchentisch. Die Kinder sprangen auf und umarmten mich, dass ich kaum noch Luft bekam.
»Autokino, hurra, wir gehen ins Autokino!«
»Wer geht heute ins Autokino?« Wir wirbelten alle herum. Leo stand in der Tür. Mit Schirm. Er sah irgendwie seltsam aus.
»Ja, komm doch mit!«, bettelten die Kinder, »der Ricky Reiner gibt ne Party und lädt uns alle ein!«
Ich schloss die Augen und betete. Beschwor Gott, ihm jetzt eine Antwort in den Mund zu legen, die nicht »Au ja, gute Idee!« lautete.
»James Bond?«, fragte Leo gedehnt. »Autokino ist doch erst abends, wenn es dunkel ist. Das geht ja gar nicht. Weiße haben Ausgangsverbot.«
»Wir gehen ja auch gar nicht aus «, wandte ich ein. »Gell, Kinder? Wir bleiben ja im Auto sitzen!«
»Das ist ja Sinn und Zweck von Autokino«, eilte mir mein naseweiser Thomas zu Hilfe. »Papa, da kann uns gar nichts passieren! Wir verriegeln die Türen von innen!«
»O bitte, Papa, komm doch mit!«, bettelte Bernd. Er liebte seinen Vater ganz besonders, sah in ihm sein großes Vorbild.
Ich hielt die Luft an. Bitte, lieber Gott, wenn es dich gibt, dann sagt er jetzt …
»Das geht leider nicht, Jungs. Ich habe noch einen wichtigen Termin.«
Insgeheim seufzte ich erleichtert auf. Danke, lieber Gott.
»Aber ich komme später nach … « Leo ging auf den Nudelsalat zu, den ich für Ricky Reiners Party vorbereitet hatte, und schnupperte daran. »Oder besser: ich komm heute Abend nach Hause.«
Oje, er kam doch sonst oft nächtelang nicht. Wieso ausgerechnet heute Abend?
»Dein Nudelsalat ist unübertroffen, Gerti.« Leo legte den Arm um mich und spielte vor den Kindern den liebenden Ehemann. »Ich wünsche mir, dass wir heute Abend nach dem Autokino alle zusammen auf der Terrasse sitzen und Mamas Nudelsalat essen!«
»Au ja, Papa, und dann erzählen wir dir von dem Film!« Thomas trat in die Luft. »Da, nimm! Du Weichei! Feigling!«
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich in Leos Augen ein Flackern zu sehen, als er mich an sich zog. »Gerti, das war lieb von dir vorhin mit dem Schirm. Ich habe mich hier auf einmal wieder richtig zu Hause gefühlt. Lass es uns noch mal versuchen, hm?«, flüsterte er mir ins Ohr.
Ich bekam kaum noch Luft. Wusste er, ahnte er, spielte er mit mir? Ich konnte ihm nicht mehr glauben. Dafür hatte er mein Vertrauen zu oft mit Füßen getreten.
»Ich habe eingesehen, dass ich vieles falsch gemacht habe«, brummte Leo an meinem Ohr. Er schnurrte regelrecht. »Ich werde mich ändern, versprochen!« Er nahm meine eiskalten Hände, durch die kaum noch Blut floss, und drückte sie an seine Brust. »Alles wird gut!«
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie die Kinder diese Szene strahlend beobachteten.
»Heute Abend wünsche ich mir, dass alles genauso ist wie früher«, schnurrte Leo sanft. »Bitte mach mir noch eine Portion von deiner schwäbischen Essigwurst! Mit viel Zwiebeln!« Mit diesen Worten drehte er sich um, fuhr den Jungs noch einmal durchs Haar, nahm den Schirm, machte damit »peng!«, kniff verschwörerisch ein Auge zu und verschwand.
Ona, die gerade die Küche putzte, sah mich lange schweigend an. Mein Herz polterte so laut, dass ich glaubte, es müsste in tausend Scherben zerspringen.
»Missis Swimmingpool«, sagte sie. »Missis ausruhen.«
»Susi!«, flüsterte ich in höchster Not in den Hörer. »Er hat was gemerkt! Er war so lieb wie schon lange nicht mehr! O Gott, mir ist so schlecht! Wir können nicht fahren!«
»Bitte beruhige dich, Gerti! Reiß dich zusammen!«
»Ich kann nicht, ich kann nicht, oh, Susi ich … «
»Was ist denn passiert?«
Zusammenhanglos stammelte ich in den Hörer, was sich zugetragen hatte.
»Gerti, jetzt hör mir gut zu! In einer halben Stunde hole ich euch mit den Kindern ab. Bereite alles vor, hörst du!«
»Ich kann nicht, er steht bestimmt schon hinter der nächsten Ecke … «
»Gerti, jetzt oder nie!« Tut! Aufgelegt.
Wie in Trance taumelte ich ins Bad.
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