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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Gerti, aber nur wenn du sicher bist, dass sie dich nicht bei Leo verraten! Er hat schließlich immer noch das Recht auf die Kinder. Er könnte sie zurückfordern. Es wird eine hässliche Scheidung geben, das muss dir klar sein.«
    »Ja.« Ich kaute nervös auf meinem Daumennagel.
    »Aber du musst unbedingt noch etwas tun, hörst du?«
    Susi senkte die Stimme. »Schreib einen Abschiedsbrief an Leo, in dem du ihm die Gründe für deine Flucht nennst. Leg ihn unter sein Kopfkissen. Es ist wichtig, dass er den findet. Sonst kann er dich wegen böswilligen Verlassens anzeigen und die Kinder zurückfordern!«
    Mir wurde kalt. Selbst in Deutschland hatte er noch ein Recht auf die Kinder? »Oh, Susi, ich drehe noch durch. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
    »Du schaffst das, Gerti! Setz dich hin und schreib diesen Brief! Er wird später vor Gericht noch eine große Rolle spielen! Erwähne seine Lügen, seinen Alkoholismus und seine Zweitfamilie! Und nimm eine Kopie des Briefes mit!«
    »Susi, da muss ich mich in sein Büro schleichen! Ich sterbe vor Angst!«
    »Jetzt reiß dich am Riemen, und mach den verdammten Nudelsalat für Ricky Reiner!«, flüsterte sie scharf. Munter rief sie dann: »Gertilein, wir sehen uns dann auf der Party, ich freu mich schon!« Susi hängte auf. Wahrscheinlich war ihre Claudia ins Zimmer gekommen.
    Am 28. Februar 1976 regnete es in Windhoek. Zum ersten Mal in diesem Jahr. Wie betäubt saß ich am Esszimmertisch und starrte auf die Tropfen, die an den Verandascheiben hinabrannen. Ein verheißungsvoller Duft stieg von den Steinplatten im Garten auf, er erinnerte mich an meine Kindheit, wenn an heißen Sommertagen endlich der erlösende Regen auf den heißen Asphalt fiel. Das gelbbraune Gras dampfte, und die Sträucher schienen sich dankbar zum Himmel zu strecken.
    Jeden Moment würden die Kinder aus der Schule kommen und Kohldampf schieben. »Mami, was gibt’s zu essen?« Dann würden sie ihre Schultaschen in die Ecke pfeffern und über ihre Lehrer meckern: »Der bescheuerte Herr Reuter gibt mir nur eine Drei in Deutsch, dabei spreche ich es viel besser als die Schüler, die hier geboren wurden! Aber er meint, ich spreche zu arg schwäbisch, und meine Schrift ist eine Sauklaue!«
    Und ich würde lächeln und sie zu ihren Hausaufgaben nötigen müssen, so wie immer. Ich durfte mir nichts anmerken lassen, obwohl wir in zwei Stunden aufbrechen würden! Ich war wie gelähmt vor Angst. Da. Da ging schon die Haustür. Schritte hallten durch den Flur, die Türklinke wurde heruntergedrückt.
    Als ich lächelnd aufblickte, gefror mir das Blut in den Adern.
    Es war Leo. Leo, der um die Mittagszeit nie hier auftauchte. Mir blieb das Herz stehen.
    »Scheißwetter!«, fluchte er und schüttelte sich die Tropfen aus den Haaren. »Ich brauche einen Schirm.«
    »Einen Schirm, ja, natürlich, warte, ich hole ihn dir…« Wie eine aufgezogene Puppe drehte ich mich suchend im Kreis.
    »Wo ist nur der Schirm hin, wir haben hier noch nie einen gebraucht. Er könnte in der Garage sein … «
    »Quatsch. Er ist oben im Kleiderschrank.«
    Kleiderschrank. Leer. Brief. Kopfkissen. Das war jetzt kein guter Moment. Leo wandte sich schon zum Gehen, als ich ihn wie ein aufgeregtes Huhn überholte.
    »Ich hole ihn. Setz dich, und ruh dich aus.«
    »Spar dir das Getue! Ich muss oben sowieso mal in Ruhe aufs Klo.«
    Leo stapfte mit seinen nassen Schuhen die Treppe hinauf. Er schwankte leicht. Er hatte mal wieder zu viel getrunken. Im Bad hörte ich ihn rumoren. Wie von der Tarantel gestochen flitzte ich ins Schlafzimmer und riss die Schranktüren auf. Gähnende Leere. Das Einzige, was noch in der hintersten Ecke lehnte, war ein zusammengeklappter, mit Plastikfolie überzogener Schirm!
    Ich nahm ihn heraus und schloss dankbar die Augen. Wie eine Diebin schlich ich kurz darauf mit pochendem Herzen zur Badezimmertür und lauschte. Aha, der Herr war noch mitten in seinen Verrichtungen … Ich schob sie millimeterweise auf. Der hereinfallende Lichtstrahl störte den Herrn in seiner Andacht.
    »He! Was soll das, ich bin noch nicht fertig!«
    »Entschuldige, Liebster, hier ist der Schirm … « Vorsichtig schob ich das Objekt der Begierde durch den Türspalt. Leo griff danach. »Danke, passt schon.« Anschließend machte er die Klotür mit einem energischen Fußtritt wieder zu.
    Ich eilte nach unten in die Küche, wo Bernd und Thomas bereits ahnungslos am Tisch saßen und mein Jüngster den Text absonderte, den ich schon

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